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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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heißen Tee. Ist es dir hier drinnen warm genug?«
    Ich nickte, obwohl ich gar nicht darüber nachgedacht hatte. Ich war mir nicht sicher, warum ich hier war oder warum sie mich mit nach Hause genommen hatte. Nach meiner Erfahrung waren Models sehr selbstbezogen. Falene war anders. In der Agentur hatte sich Falene immer gut um mich gekümmert, aber ich war davon ausgegangen, dass sie das tat, weil sie dafür bezahlt wurde. Ich war nie auf die Idee gekommen, dass sie wirklich ein fürsorglicher Mensch war.
    Falene ging in ihr Schlafzimmer und kam wieder, als der Teekessel zu pfeifen begann. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt Jeans und einen Pullover. Sie reichte mir ein Handtuch, dann nahm sie den Kessel vom Herd und schenkte mir eine Tasse Tee ein.
    »Ich hoffe, du magst Kräutertee. Das hier ist Orange-Pfefferminz. Ich denke, das wird dich ein bisschen beruhigen. Nimmst du Zucker?«
    Ich nickte.
    Sie gab einen Teelöffel Zucker dazu und rührte den Tee um. Sie brachte mir den Becher und setzte sich neben mich. Einen Augenblick lang schwiegen wir beide. Dann sagte ich: »Du bist die einzige Freundin, die ich habe.«
    Sie runzelte die Stirn. »Nein. Du hast viele Freunde.«
    »Nein. Ich hatte nur McKale. Sie war alles, was ich wollte.« Ich trank einen Schluck Tee und stellte die Tasse ab. »Warum bist du so gut zu mir?«
    Sie lächelte traurig. »Weil du ein wundervoller Mann bist.« Sie senkte den Blick. »Ich weiß, dass du nicht viel über mich weißt. Aber als ich anfing, bei Madgic zu arbeiten, da dachte ich eigentlich nicht, dass ich sehr lange bleiben würde. Kyle hat mich dazu überredet – das ist typisch Kyle, er überredet die Leute immer zu irgendetwas –, aber ich hatte nicht das Gefühl, dort hinzugehören. Und ich habe ihm nicht vertraut. Dir habe ich gleich vertraut. Du hast mir das Gefühl gegeben, wichtig zu sein. Damals steckte ich in einer ausweglosen Beziehung.«
    »Carl«, sagte ich.
    Bei der Erwähnung seines Namens zuckte sie zusammen. »Er hat mich nur benutzt. Und die Sache ist die, ein Teil von mir dachte, das sei schon okay so. Ich dachte, so würden Männer Frauen eben behandeln.« Sie sah mich mit einem gequälten Gesichtsausdruck an. »Und dann habe ich dich kennengelernt. Egal, wie viel du um die Ohren hattest, du hast McKales Anrufe immer entgegengenommen. Und selbst wenn du unter Stress standest oder irgendetwas Schlimmes passiert war, warst du immer freundlich zu ihr. Wenn sie in die Agentur kam, hast du sie wie eine Königin behandelt. Anfangs dachte ich, das sei zu schön, um wahr sein. Ich hatte noch nie gesehen, dass ein Mann eine Frau so behandelte, es sei denn, er wollte irgendetwas von ihr. Du warst so gut zu ihr. Du hast mir gezeigt, was wahre Liebe ist. Erinnerst du dich noch an das Gespräch, das wir geführt haben, als wir den Denver-Kongress vorbereitet haben?«
    »Welches?«, fragte ich.
    »Du hast gesagt: ›Man kann viel über einen Menschen erfahren, indem man beobachtet, wie er diejenigen behandelt, zu denen er nicht nett sein muss.‹ Ich wusste, dass du das nicht einfach so dahingesagt hattest. Ich weiß noch, wie dir diese eine Kellnerin nach dem Coiffeur-Fotoshooting eine Cola über das Hemd geschüttet hat. Carl hätte sie angeschrien, bis sie geweint hätte. Du warst auch nicht glücklich darüber, aber du hast sie trotzdem mit Respekt behandelt. Da begriff ich, dass ich mich für Dreck entschieden hatte, während draußen Diamanten warteten. Du bist der Grund, weshalb ich mit Carl Schluss gemacht habe, und das war das Beste, was ich je getan habe. Du hast mich vor mir selbst gerettet.«
    Ich sagte nichts. Sie nahm meine Hand.
    »McKale hat einmal zu mir gesagt, du seist die Luft, die sie atmet. Das war das Süßeste, was ich je gehört hatte.« Sie sah mich an, dann sagte sie: »Komm her.« Ich legte meinen Kopf an ihre Schulter, und sie schlang die Arme um mich. »Es tut mir so leid, mein Freund. Ich wünschte, ich könnte dir deinen Schmerz nehmen.« Sie hielt mich, bis ich aufhörte zu weinen. Dann legte sie mir ein Kissen hin. »Ruh dich einfach einen Moment aus.«
    Das waren die letzten Worte, an die ich mich erinnern konnte, bevor ich einschlief.
    Es war kurz nach acht, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Ich war auf dem Sofa eingeschlafen, und Falene hatte mir die Schuhe ausgezogen und mich mit einer Wolldecke zugedeckt. Auf dem Couchtisch lag eine Nachricht.
    Alan,
    ich musste zu einem Fotoshooting. Eine Freundin hat mich zum Friedhof

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