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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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Josephine! Halt!“ Harrison war derart aufgebracht, dass sie gehorchte. So abrupt, dass er beinahe aus dem Stuhl gefallen wäre, blieb sie stehen. „Ich habe diesem Mann nichts zu sagen. Bring mich wieder ins Haus.“
    „Ich weiß nicht, warum du Mr Chandler so hasst. Er ist nicht wie die anderen Yankees, weißt du. Er ist hergekommen, um uns zu helfen, und nicht, um uns zu übervorteilen. Ich bin mir sicher, er könnte deinen Rat und deine Hilfe beim Pflanzen gebrauchen, und deine Arbeiter könnten das sicher auch.“
    „Bring mich ins Haus zurück. Ich will nicht in seiner Nähe sein – und du solltest das auch nicht. Ich sehe, dass du ständig mit ihm redest, und damit musst du aufhören. Wenn du dich weiterhin bei ihm lieb Kind machst, ruinierst du deinen Ruf.“
    „Lieb Kind machen!“ Jo wollte sich und ihre merkwürdige Freundschaft zu Alexander verteidigen, denn es gefiel ihr überhaupt nicht, dass ihr befohlen wurde, nicht mehr mit ihm zu sprechen – und das ausgerechnet von Harrison. Doch dann wurde ihr bewusst, dass es weder für sie noch für Mr Chandler die Sache besser machen würde, wenn sie versuchte, sich zu verteidigen. Sie drehte den Rollstuhl wieder herum und schob ihn in Richtung Haus. Da sie sich Alexander weit genug genähert hatten, um die weißen Bandagen an seinen Händen zu sehen, beschloss sie, Harrison zu erzählen, was geschehen war.
    „Wusstest du, dass gestern Nacht ein paar Männer die ehemaligen Sklaven überfallen und ihr Lager im Wald zerstört haben? Zwei Männer wurden angeschossen und einer ist gestorben. Außerdem wurde die Schule der Schwarzen in Brand gesteckt und sie musste geschlossen werden.“
    „Das geht mich nichts an – und dich auch nicht.“
    Plötzlich kam Jo der Gedanke, dass Harrison einer der guten Anführer werden könnte, von dem der Arzt gesprochen hatte und die so dringend gebraucht wurden. Harrison hatte im Krieg als Offizier in der Armee gedient und die meisten Männer aus dieser Gegend waren ihm unterstellt gewesen, auch Daniel. Darüber hinaus besaß Harrison eine der wohlhabendsten Plantagen in der Region, sodass er auch gesellschaftlich großen Einfluss hatte. „Du könntest aber dafür sorgen, dass es dich etwas angeht“, sagte sie zu ihm. „Du könntest für die Schwarzen eintreten. Die anderen Männer haben Respekt vor dir.“
    Er lachte spöttisch. „Ich habe ja nicht einmal selbst Respekt vor mir; wie könnte ich ihnen da Respekt abverlangen? Sieh mich doch an. Frauen und Schwarze führen meine Plantage. Sie schubsen mich buchstäblich herum, ob ich will oder nicht. Ist es da ein Wunder, dass ich nicht mehr leben will?“
    „Bist du nicht auch der Meinung, dass es falsch ist, die ehemaligen Sklaven so zu behandeln? Sie zusammenzuschlagen und auf sie zu schießen und sie zu töten? Und ihre Schule niederzubrennen?“
    „Du besitzt die Frechheit, mich nach meiner Meinung zu fragen, Josephine? Nachdem du in den vergangenen Monaten alle meine Wünsche ignoriert hast? Du lässt ja nicht einmal zu, dass ich selbst über mein Leben oder meinen Tod entscheide, und jetzt fragst du mich nach meiner Meinung? Und du willst, dass ich mich ausgerechnet für die Schwarzen einsetze?“
    „Harrison, bitte.“
    „Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Wegen der Schwarzen und ihrer Schule?“
    „Sprich mit meinem Bruder und den anderen. Überzeuge sie davon, dass das, was sie tun, falsch ist. Sag ihnen, sie sollen aufhören, mit ihren ehemaligen Sklaven Frieden schließen und wieder Baumwolle anbauen. Haben wir nicht alle genug vom Krieg und vom Töten? Was hat es uns denn gebracht?“
    „Du erwartest zu viel. Menschen ändern sich nicht über Nacht. Und hier werden sie immer glauben, dass Sklaven in Schach gehalten werden müssen.“
    „Aber wir müssen uns ändern, weil die Gesetze sich geändert haben. Sieh doch, wie deine neuen Arbeiter da draußen schuften. Sie sind bereit, einen Neuanfang zu wagen … Warum können wir das nicht? Bitte hilf mir, Harrison.“
    „Da du und die anderen Frauen doch ohnehin die Führung übernehmen wollt, warum unternehmt ihr dann nicht selbst etwas? Wenn du wirklich willst, dass wieder Normalität einkehrt, dann musst du dich auch an deinen Platz in der gesellschaftlichen Ordnung erinnern und uns Männern die Führung überlassen. Und das bedeutet, dass du mit unseren Entscheidungen leben musst.“
    Stumm schob Jo ihn den restlichen Weg zum Haus hinauf. Sie war zu wütend, um zu antworten. Der Arzt half

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