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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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nähen, damit er länger wird.“
    „Oh, Josephine.“ Eugenia war zugleich verblüfft und entsetzt.
    „Ich hoffe, ich bekomme es rechtzeitig fertig, damit Mary es zu deiner Tanzveranstaltung anziehen kann.“
    „Aber du bist doch keine gewöhnliche Näherin. Nähen ist unter deiner Würde. Warum gibst du das Kleid nicht Priscillas Dienstmädchen und lässt sie das machen? Ich bin mir sicher, Priscilla hätte nichts dagegen, sie mit uns zu teilen, nach allem, was du für sie und Harrison getan hast.“
    Josephine nähte weiter, wie Eugenia gereizt feststellte, und stach mit der Nadel ein und aus, während sie den langen Faden durch den glänzenden grünen Stoff zog. „Kannst du mir erklären, warum Sticken eine angemessene Beschäftigung für junge Damen ist“, fragte sie, ohne aufzublicken, „und Nähen nicht? Meinst du nicht, ein brauchbares Kleidungsstück herzustellen ist besser, als Kopfkissen und Taschentücher zu besticken?“
    Eugenia beherrschte sich nur mit Mühe. „Ihr Mädchen stammt von zwei der vornehmsten Familien Virginias ab, der Crème de la Crème des südlichen Adels. Unsere Frauen haben noch nie solche niederen Arbeiten verrichtet. Aber jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, finde ich dich in der Küche wieder, Josephine, oder im Garten. Und jetzt nähst du Kleider? Wer weiß, was du als Nächstes tun wirst? Es ist undenkbar, dass wir gezwungen sein sollen, so tief zu sinken.“
    Endlich blickte Josephine auf und legte die Hände in ihren Schoß. „Willst du, dass Mary etwas anzuziehen hat, oder nicht?“
    Eugenia konnte nicht antworten. Frauen waren zarte Geschöpfe, die von ihren Ehemännern und Vätern und Söhnen in Ehren gehalten wurden. Und jetzt saßen ihre Töchter hier, mehr oder weniger in Lumpen mit Löchern in den Schuhen. Wie hatten sie nur so tief fallen können? Es war nicht fair! Sie war wütend auf Philip und Samuel und Daniel, wütend auf all die irregeleiteten Männer, weil es ihnen nicht gelungen war, eine zivilisiertere Lösung zu finden, als einander den Krieg zu erklären.
    „Soll ich hier sitzen und Mustertücher sticken, Mutter, oder soll ich uns etwas zum Anziehen nähen?“ Josephines Blick war unverwandt auf sie gerichtet.
    „Du hast deinen Standpunkt klargemacht und es gibt keinen Grund, darauf herumzureiten. Aber versprich mir, dass das nicht zur Gewohnheit wird und dass du aufhörst, sobald wir uns eine Näherin leisten können.“
    „Und was ist, wenn ich nicht aufhören will?“
    „Josephine!“ Sie hatte Eugenia noch nie solche Widerworte gegeben oder auch nur so deutlich ihre Meinung gesagt und schon gar nicht mit ihr gestritten.
    „Ich finde es sehr befriedigend, etwas mit den Händen zu arbeiten, ob es das Nähen eines Kleides ist oder das Kochen einer Suppe oder das Anrühren eines Brötchenteigs. Das alles ist für mich weitaus befriedigender, als den ganzen Tag herumzusitzen und Gedichte zu lesen oder meine Haare hundertmal zu bürsten oder mit einem Buch auf dem Kopf die richtige Haltung zu üben.“
    „Ich glaube, du versuchst mich absichtlich zu provozieren.“
    „Das tue ich nicht. Aber ich habe beschlossen, dass ich nicht auf jemanden warten werde, der kommt und uns rettet. Niemand im Himmel oder auf der Erde hilft uns, also habe ich beschlossen, es selbst zu tun.“
    „Hast du vor, auch ein Schuhmacher zu werden?“, fragte Eugenia und zeigte auf Josephines zerrissenen Schuh.
    Ihre Tochter zog ihre Füße zurück und versteckte sie unter dem Stuhl und dem Saum ihres langen Rocks. „Das würde ich, wenn ich wüsste, wie“, sagte sie lächelnd.
    „Warum trägst du diese schrecklichen Schuhe überhaupt noch? Ich dachte, ich hätte dir ein Paar von meinen gegeben.“
    „Sie sind mir zu klein. Meine Zehen werden darin so zusammengequetscht, dass ich kaum laufen kann. Ich würde niemals darin tanzen können.“
    Eugenia hatte beschlossen, von dem letzten Geld Nutztiere und Baumwollsaat zu kaufen. Für Schuhe war nichts mehr übrig. Würden ihre Töchter am Ende barfuß gehen müssen?
    „Ich lasse den Rocksaum heraus, sodass niemand meine Füße sieht“, sagte Josephine. Sie nahm ihre Näharbeit wieder auf und stach sich kurz darauf mit der Nadel in den Finger. „Autsch!“ Sie schob sich den Finger in den Mund.
    Eugenia streckte die Hand aus und ergriff Josephines Finger, um sie näher zu betrachten. „Sieh dir nur diese Hände an …“, sagte sie. Ihre Stimme klang erstickt. Aus dem frischen Nadelstich quoll ein Tropfen leuchtend roten

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