Am Anfang eines neuen Tages
Daniel. Er sah so wütend aus, als würde er gleich Feuer spucken. „Ich weiß ganz sicher, dass die Schule geschlossen ist.“
„Ich sage die Wahrheit“, sagte Lizzie, während sie Angst und Freude zugleich empfand. „Die Schule ist gerade wieder geöffnet worden. Heute ist der erste Tag.“ Sie riskierte einen Blick zu Missy Josephine und sah, dass diese ein Lächeln unterdrückte.
Miz Eugenia sah aus wie eine Frau, die gerade ausgeraubt worden war und nicht wusste, an wen sie sich wenden sollte. „Ich nehme an, diese beiden neuen Mädchen sind auch in die Schule gegangen?“, fragte sie. „Wie heißen sie noch gleich?“
„Sie meinen Annie und Meg? Ja, Ma’am, sie sind auch in der Schule.“
Lizzie drehte sich schnell um und trug die leere Platte in die Küche hinaus, damit niemand ihr Lächeln sah. Als sie in die Küche kam, erzählte sie Clara von der Reaktion der Weißen. Clara hatte gerade die Sahne von ihrer neuen Kuh zu Butter verarbeitet und presste sie in die Butterformen.
„Man sollte meinen, sie wäre froh, wieder Butter zu haben und Sahne für den Tee. Hat sie irgendwas darüber gesagt?“
Lizzie schüttelte den Kopf. „Sie sind nie zufrieden. Je mehr Miz Eugenia hat und je mehr es wieder so ist wie früher, desto mehr will sie haben.“ Lizzie holte einen Eimer, um Wasser für den Abwasch zu pumpen. Dabei entdeckte sie Otis und die anderen Männer draußen auf den Baumwollfeldern und ein ganzes Stück weiter links sah sie Reihen junger grüner Maispflanzen aus der dunklen Erde sprießen. Sie hatte Otis gesagt, dass sie ihm helfen wollte. Wie ihre Mutter war sie auch Feldsklavin gewesen, bevor sie ins große Haus gezogen war, und in mancherlei Hinsicht wünschte sie, sie wäre es immer noch, vor allem jetzt, wo kein Aufseher mehr die Peitsche knallen ließ. Aber Otis wollte nichts davon hören.
„Dieses Baby wird bald anfangen zu treten“, hatte er gesagt und seine Hand auf ihren Bauch gepresst. „Du bleibst im großen Haus, wo du dich wenigstens zwischendurch hinsetzen kannst und nicht die ganze Zeit in der Sonne bist.“
Rufus und Jack würden auch nicht auf dem Feld arbeiten müssen. Lizzie lächelte und erinnerte sich an ihre Mienen, als sie die Bücher, die sie sich bei Missy Jo verdient hatten, in die Schule mitgenommen hatten, um sie mit den anderen Kindern zu teilen. Nein. Lizzie würde sich von Miz Eugenia oder Massa Daniel nicht den Tag verderben lassen. Sie würde die ganze Saat, die sie ihr an den Kopf warfen, Jesus übergeben, damit daraus Freude wachsen konnte.
Kapitel 27
3. Juli 1865
Lizzies Kinder waren wieder in der Schule. Josephine freute sich, als sie diese Neuigkeit beim Frühstück erfuhr, auch wenn sie es vermissen würde, die Kinder zu unterrichten. Sie waren intelligente, aufmerksame Schüler, die alles, was sie ihnen beibrachte, eifrig aufsogen. Sie fragte sich, wen Alexander gefunden hatte, um den Unterricht zu übernehmen, und war ein wenig traurig, dass es nicht sie selbst war. Natürlich war es für sie unmöglich, etwas so Unerhörtes zu tun. Ihre Mutter würde sie nach Richmond verbannen, bevor sie Josephine erlaubte, eine gewöhnliche Schullehrerin zu werden, geschweige denn ein Zimmer voller schwarzer Kinder zu unterrichten.
Der heiße Julitag dehnte sich endlos vor Josephine aus, so lang und leer wie alle anderen Tage. Sie vermisste ihre Zeit bei Mrs Blake. Mit ihr zusammen hatte sie kochen gelernt und morgens hatte Josephine im Garten arbeiten können, bevor es in der Sonne zu heiß geworden war. Jetzt war ihr einziges heimliches Vergnügen das Nähen. Sie hatte beschlossen zu versuchen, aus zwei zerschlissenen Kleidern einen Rock und ein Mieder für sich selbst zu nähen. „Wenn ich Verehrer empfangen soll, brauche ich etwas Hübsches zum Anziehen“, hatte Jo ihrer Mutter gesagt, um sie zu besänftigen. Trotzdem wagte sie es nicht, Nadel und Faden zu oft hervorzuholen oder den Eindruck zu vermitteln, als genieße sie ihre Arbeit, sonst hätte ihre Mutter sich aufgeregt.
Am Nachmittag saß Jo gerade im Salon und nähte eine Seitennaht, wobei der rutschige Taft unter ihren Fingern raschelte, als sie die Kinder von der Schule nach Hause kommen sah. Die Jungen spielten Fangen und die kleinen Mädchen umschwärmten Roselle wie Kolibris. Hastig legte Jo ihre Näharbeit beiseite. Sie ging zur Gartentür, weil sie mit den Kindern reden wollte, und wartete, bis sie in den Hof gerannt kamen. Währenddessen konnte sie Lizzie und Clara in der Küche
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