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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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werde. Es ist etwas, das gewöhnliche Leute tun, anstatt eine vernünftige Antwort zu geben.“
    „Tut mir leid, Mama. Aber ich weiß nicht, wo Jo ist. Sie hat das Haus gleich nach dem Frühstück verlassen und ist bis jetzt nicht zurückgekommen.“
    Eugenia ging zum Fenster und hob die Gardine ein wenig an, um hinausblicken zu können. Sie hoffte, dass Jo nicht wieder hinausgegangen war, um im Küchengarten zu arbeiten. Aber die einzige Gestalt auf dem vernarbten Stück Land war die abgerissene Vogelscheuche, die Lizzie errichtet hatte, um die Krähen zu verjagen. Eugenia ließ den Vorhang sinken und wandte sich wieder dem Zimmer zu. „Sie sollte sich fertig machen. Sie weiß, dass wir bald fahren müssen. Warte, ich helfe dir mit deinen Haaren.“ Das wellige schwarze Haar ihrer Tochter, das die gleiche Farbe und Textur wie ihr eigenes hatte, bewegte sich wie Seide unter Eugenias Fingern, während sie es bürstete. Sie befestigte gerade Marys Haarnetz, als Josephine verschwitzt und mit gerötetem Gesicht hereinplatzte.
    „Josephine! Was um alles in der Welt …? Sieh dich nur an! Du trans-pirierst ja wie ein Feldsklave.“
    „Ich war spazieren. Es ist ziemlich warm draußen.“ Sie klang so atemlos, als wäre sie den ganzen Weg nach Hause gerannt, anstatt gesittet zu gehen.
    „Du bist allein ausgegangen? Eigentlich solltest du es besser wissen. Jetzt mach dich bitte fertig, es ist schon spät. Ich glaube, ich habe gehört, wie Otis die Kutsche vorgefahren hat.“
    „Ich kann nicht mit euch gehen. Mein Schuh ist völlig auseinandergebrochen. Sieh doch.“ Sie hielt Eugenia den Schuh hin, von dem die Sohle wie ein offener Mund herunterhing.
    „Du hättest eben nicht rennen sollen. Habe ich dir nicht beigebracht, mit Haltung und Würde zu gehen, Josephine?“
    „Doch … aber ich trage diese Schuhe jetzt seit fünf Jahren und heute haben sie einfach den Geist aufgegeben.“
    „Ich leihe dir ein Paar von meinen, bis sie repariert sind. Aber du kommst trotzdem mit.“ Josephine ließ die Schultern hängen, als trüge sie einen Strohballen auf dem Rücken. „Stell dich bitte aufrecht hin“, sagte Eugenia. „Du musst dich schnell umziehen. Mary kann dir bei deiner Frisur helfen.“
    Eugenia ging in ihr Schlafzimmer zurück, um ein Paar Schuhe zu holen, während sie sich fragte, welchen Fehler sie bei Josephine gemacht hatte. Ihre ältere Tochter würde immer ein unscheinbares Mädchen sein, das war klar, selbst in Seide und Spitze gekleidet. Ihr schlaffes braunes Haar und ihr breites Gesicht waren charakteristisch für Philips Seite der Familie. Josephine hatte sich während des Krieges vom Kind zur Frau entwickelt, in einer Zeit, in der das tägliche Überleben dringender gewesen war als die Entwicklung weiblichen Charmes. Dabei hatte sie sich verschiedene schlechte Angewohnheiten zugelegt, gegen die etwas unternommen werden musste, zum Beispiel, dass sie die Schultern hängen ließ, anstatt gerade zu stehen, und die Stirn runzelte, anstatt zu lächeln. Außerdem war sie viel zu schüchtern und zu wenig geneigt, sich auch nur an der einfachsten Unterhaltung zu beteiligen. Und sie verschwand gerne allein, so wie sie es an diesem Morgen getan hatte. Das Schlimmste aber war, dass Josephine keine Ahnung hatte, wie man sich in der Gegenwart junger Männer benahm, und das, wo die Konkurrenz im Kampf um einen Ehemann so groß sein würde. Sie könnte heute bei Harrison Blake üben.
    „Hier. Probier diese Schuhe an, Josephine“, sagte sie, als sie wieder in das Zimmer der Mädchen rauschte. Jo zog eine Grimasse, als sie versuchte, ihren Fuß in Eugenias Schuhe zu zwängen.
    „Sie sind zu klein.“
    „Das tut mir leid, aber damit musst du jetzt leben. Und bitte mach nicht so ein Gesicht, Liebes. Es ist sehr unvorteilhaft.“
    Endlich waren sie abfahrbereit. Eugenias Müdigkeit schien bis in ihre Knochen gefahren zu sein. Sie ging als Erste die geschwungene Treppe hinunter und sah Daniel vor der Kutsche auf sie warten. Er sah müde und niedergeschlagen aus, so als wäre er erst vor wenigen Augenblicken aus dem Krieg zurückgekehrt. Eugenia wünschte, sie wüsste, wie sie ihn wieder in den glücklichen, sorglosen jungen Mann verwandeln könnte, der er einmal gewesen war. Es würde eine Weile dauern, sagte sie sich. Gib ihm Zeit.
    „Es tut mir leid, aber ich kann euch heute nicht begleiten“, sagte er, als er Eugenia in die Kutsche half. „Es ist zu viel zu tun.“
    Eugenia strich ihm über die Schulter. „Das

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