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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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nicht mehr da war.
    Sie knöpfte ihr Mieder und ihren Rock zu und setzte sich dann an ihren Frisiertisch, um ihre Haare zu richten. Ihr Spiegelbild schrie ihr die unwillkommene Wahrheit entgegen, dass ihre Schönheit im Alter von fünfzig Jahren zu verblassen begann. Ihr Gesicht war viel zu schmal, ihre Wangen farblos und die silbernen Strähnen in ihrem kohlrabenschwarzen Haar wurden immer offensichtlicher. Als Eugenia so alt gewesen war wie Mary jetzt, war sie so schön gewesen, dass die Verehrer aus dem ganzen Bezirk sich um ihre Hand gestritten hatten. Und bevor sie in Josephines Alter gewesen war, hatte sie bereits den attraktivsten von ihnen mit der wohlhabendsten Plantage und dem schönsten Haus geheiratet. Sie hatte eine gute Wahl getroffen.
    Der liebe, liebe Philip. Eugenia hatte seine Liebe zu ihr jedes Mal gesehen, wenn er sie angeschaut hatte. Er hatte sie angebetet, ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Sie hatten eine gute Ehe geführt, die mit zwei Söhnen und zwei Töchtern gesegnet gewesen war. Wie sehr sie ihn doch vermisste. Sie nahm ihr Taschentuch und trocknete schnell ihre Tränen. Es war noch zu früh am Tag, um der Trauer freien Lauf zu lassen. Sie hatte zu viel zu tun. Die Tränen würden bis zum Abend warten müssen.
    Eugenia zwang sich, weiterzurollen wie eine Kutsche auf einer matschigen Straße, weil sie wusste, wenn sie auch nur einen Augenblick lang aufhörte, die Verantwortung zu übernehmen, Befehle zu erteilen und ihren Haushalt im Griff zu haben, würde sie hoffnungslos im Schlamm versinken. Sie ließ sich von ihrer Wut antreiben wie von der Peitsche eines Kutschers und letztlich war sie es, die ihr jeden Morgen einen Grund gab aufzustehen, sich anzukleiden und weiterzumachen. Sie würde sich nicht von den Yankees besiegen lassen. Sie würde alles zurückgewinnen, was sie ihr genommen hatten. Außer Philip und Samuel natürlich. Gott wusste, dass sie diese beiden nie zurückbekommen würde.
    Aber irgendwann, wenn sie stark genug blieb und fleißig genug arbeitete, würde das Leben wieder in seine normalen Bahnen zurückkehren. Ihre Töchter würden versorgt sein, mit ihren eigenen schönen Häusern und guten Ehemännern. Und Daniel würde einen Weg finden, das Land wieder gedeihen zu lassen. Er mochte jung und verwöhnt sein, aber er hatte viele der guten Eigenschaften seines Vaters geerbt, zum Beispiel Hartnäckigkeit und Mut. Er würde ihre Sklavenarbeiter zurückholen – auch wenn die Schwarzen jetzt angestellt werden mussten. Niemand dufte sie mehr besitzen . Josephine wies sie ständig darauf hin und erinnerte sie daran, dass sie jetzt anders mit den Schwarzen reden und sie auch anders behandeln musste. Aber wie konnte man von ihr erwarten, dass sie lebenslange Gewohnheiten über Nacht ablegte? Eugenia hatte Sklaven befehligt, seit sie ein kleines Mädchen gewesen war.
    Eugenia dachte an Lizzie und wünschte, Ida May hätte an ihrer Stelle beschlossen zu bleiben. Eugenia gefiel die Art, wie das Mädchen mit ihr sprach, nicht und sie empfand ihre Blicke als dreist. Aber im Moment hatte sie keine Wahl. Lizzie war die einzige Sklavin, die ihr geblieben war. Alle anderen hatten sich geweigert, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Geweigert! Man stelle sich das einmal vor. Nach allem, was Eugenia im Laufe der Jahre für sie getan hatte.
    Aber sie hatte an diesem Morgen keine Zeit, in Selbstmitleid zu schwelgen. Eugenia kämmte ihre Haare zurück, um ihren dramatischen spitzen Haaransatz zu zeigen, und steckte sie in einer eleganten Drehung im Nacken fest. Sie war bereit. Jetzt musste sie sich vergewissern, dass die Mädchen sich fertig machten. Sie schritt den Gang hinunter zum Schlafzimmer ihrer Töchter, wo sie Mary ganz allein vorfand. Sie saß an ihrem Frisiertisch und bürstete ihre Haare. Mit ihrem glänzenden schwarzen Haar und dem herzförmigen Gesicht sah sie genauso aus wie Eugenia mit sechzehn Jahren. Doch obwohl Mary ihr bestes Kleid angezogen hatte, sah sie schäbig gekleidet aus. Es brach Eugenia das Herz. Sie war ein so schönes Mädchen. Sie sollte Taft und Seide tragen, steif von den Reifröcken darunter und mit Bändern und Spitze verziert.
    Eugenia zwang sich zu lächeln. „Bist du gleich so weit?“
    „Ja, Mama.“
    „Wo ist Josephine?“ Mary hob die Schultern zu einem achtlosen Achselzucken. „Bitte lass diese Bewegung, Mary Louise Weatherly. Mit den Schultern zu zucken ist ein Zeichen von Faulheit, die ich bei einer jungen Dame deines Standes nicht dulden

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