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Am Anfang eines neuen Tages

Am Anfang eines neuen Tages

Titel: Am Anfang eines neuen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Austin
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beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und sie um Hilfe zu bitten.
    „Kann ich Sie etwas fragen, Missy Josephine?“
    „Natürlich, Lizzie. Was ist denn?“
    „Otis und ich müssen mit dem Yankee über etwas reden. Sehen Sie ihn manchmal? Roselle sagt, er kommt manchmal zu Miz Blake.“
    „Er ist heute dort.“
    Lizzie blickte hinter sich, um sich zu vergewissern, dass niemand zuhörte. Sie konnte niemanden sehen, aber sie senkte trotzdem die Stimme. „Wenn Sie ihn sehen, könnten Sie ihn bitten, herzukommen und Otis und mich zu besuchen? Es ist sehr wichtig.“
    Missy Jos Miene veränderte sich, und noch bevor sie sprach, wusste Lizzie, dass ihre Antwort Nein lauten würde. „Das ist keine gute Idee, tut mir leid.“ Lizzie nickte und wandte sich zum Gehen, weil sie nicht wollte, dass Missy Jo ihre Enttäuschung sah. „Nein, warte, Lizzie. Ich möchte euch ja gerne helfen, doch wenn mein Bruder einen Yankee die Allee heraufreiten sieht, holt er sein Gewehr. Aber ich kann Mr Chandler gerne etwas ausrichten, wenn du willst.“
    Lizzie zögerte, weil sie an die Warnung ihrer Mutter dachte, keinem Weißen zu trauen. Sie hatte diesen Fehler schon einmal gemacht und hatte Angst vor dem, was passieren würde, wenn sie ihn ein zweites Mal beging. „Danke, Missy Jo, aber ist schon gut.“
    „Du kannst mir vertrauen“, sagte sie, „auch wenn es um meine Familie geht. Ich verspreche, dass ich ihnen nichts davon sagen werde.“
    Jetzt war Lizzie in Schwierigkeiten und sie wusste nicht, wie sie wieder herauskommen sollte. Wenn sie sich Missy Jo nicht anvertraute, wurde sie vielleicht böse. Aber Massa Daniel war ihr Bruder. Sie würde nichts Schlechtes über ihn hören wollen, oder? Außerdem müsste Lizzie dann zugeben, dass sie gelauscht hatte, und das würde nur noch mehr Probleme verursachen. Sie suchte nach einem Ausweg aus dem Dilemma, in das sie sich selbst gebracht hatte, und beschloss, Missy Jo nur einen Teil der Geschichte zu erzählen.
    „Wir können nicht selbst in die Stadt gehen und mit Mr Chandler reden, weil wir den ganzen Tag arbeiten müssen, und nachts bewachen Männer die Straßen.“
    „Es gibt doch keine Wachen mehr …“
    „Doch, Ma’am, sie fangen wieder damit an. Fragen Sie Massa Daniel. Otis und ich bekommen Schwierigkeiten, wenn wir nachts irgendwohin gehen. Deshalb muss Mr Chandler zu uns kommen.“
    „Er kann nicht hierherkommen, Lizzie. Es tut mir leid.“
    „Sonst können wir nur am Sonntagnachmittag zu ihm gehen, und was ist, wenn er sonntags nicht arbeitet?“
    Missy Josephine schien nachzudenken. Lizzie hielt die Luft an. Würde sie ihr wirklich helfen, ihr Problem zu lösen, oder würde sie wie eine Weiße antworten? Und was, wenn sie fragte, woher Lizzie das mit den Patrouillen wusste? Sie wünschte sich, sie hätte gar nicht erst den Mund aufgemacht!
    „Hör zu, Lizzie … wie wäre es, wenn ich Mr Chandler sage, dass ihr ihn sehen wollt, und ihn bitte, am Sonntag in seinem Büro auf euch zu warten? Wäre das in Ordnung für euch? So könnt ihr sicher sein, dass er nachmittags da ist, wenn ihr kommt.“
    Lizzie konnte wieder atmen. „Danke, Missy Jo. Vielen Dank.“
    In der Zwischenzeit machte Lizzie sich weiter Gedanken darüber, ob es sicher war, die Kinder zur Schule zu schicken. Die Männer würden nicht tagsüber kommen und ihnen Angst einjagen, oder? Waren sie so gemein? „Vielleicht sollten wir die Kinder ein paar Tage zu Hause lassen“, sagte sie an diesem Abend zu Otis. „Wir könnten ihnen sagen, dass wir hier ihre Hilfe brauchen. Das ist weiß Gott die Wahrheit.“
    „Nein, Lizzie. Wir können nicht zulassen, dass die Weißen uns Angst einjagen und ihren Willen bekommen.“
    Also flüsterte Lizzie jeden Morgen ein Gebet, wenn sie Roselle und Rufus und Jack losschickte, und wenn sie nachmittags draußen im Garten arbeitete, betete sie wieder, während sie Ausschau hielt und sich Sorgen machte, bis sie die drei endlich nach Hause kommen sah. Würde sie jemals in der Lage sein, die alten Zeiten zu vergessen, und anfangen zu glauben, dass nichts und niemand ihr ihren Mann und ihre Kinder wegnehmen konnte? Lizzie hätte auf ihre Mutter hören und es nie wagen sollen, jemanden so sehr zu lieben.
    Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis endlich Sonntag war. Sobald Otis und sie ihre Arbeit erledigt hatten, machten sie sich bereit, um in die Stadt zu gehen. „Warum können wir heute Nachmittag nicht fischen gehen?“, fragte Rufus. Der Sonntag war der einzige Tag, an

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