Am Anfang ist die Ewigkeit
unglaublich erleichtert, dass sie niemandem begegnete. Bretts Hummer stand nicht in der Einfahrt, Melanies Auto war auch nicht da und Tim saà nicht in seinem Liegesessel. Das ganze Haus war dunkel. Im ersten Stock klopfte sie an Chrisâ Tür, bekam aber keine Antwort. Sie öffnete die Tür einen Spaltbreit, schlüpfte hinein und legte das Chemiebuch auf seinen Schreibtisch.
Dann ging sie in ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und rief nach Boo. Er sprang sofort in ihre Arme und leckte ihr mit hemmungsloser Hundebegeisterung das Gesicht ab. Sie drückte ihn fest an sich und barg ihre Nase in seinem weichen Fell. »Armes, hässliches Ding. Du bist so ein SüÃer.« Sie setzte sich ans FuÃende des Bettes und während Boo sich neben ihr zusammenrollte, zog sie ihr Handy aus der Tasche. Sie rief Amanda an, doch es meldete sich nur die Mailbox. Sasha konnte sie nur um einen schnellen Rückruf bitten. Nachdenklich und besorgt starrte sie auf das Telefon. Wenn Amanda nicht zurückrief, war das kein gutes Zeichen.
Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, schaltete den Laptop ein und las die neuesten Einträge auf ihrer Facebook-Pinnwand. Sie hatte fünfzehn Freundschaftsanfragen von Mitschülern aus der Telluride High, darunter auch drei von Juliannes Arbeitsbienen. Sie musste lächeln. Da hast duâs, Brett.
Tyler hatte ihr noch eine Nachricht geschickt. Sie schrieb ihm, dass sie ihm einen tollen Urlaub wünsche, jetzt aber mit jemandem aus der neuen Schule zusammen sei. Dass dieser Jemand praktisch keine Kontrolle über seine Eifersucht hatte, weil er ein Sohn der Hölle war, lieà sie lieber unerwähnt.
Sie musste an die Frage denken, die Jax ihr im Café gestellt hatte, an seinen Blick und wie interessiert er an den anderen gewesen war. Ob sie vielleicht doch nicht die Einzige war, die sich veränderte? Wenn sie ihm immer ähnlicher wurde, war es da nicht logisch, dass auch er ihr ähnlicher wurde? Als er sie vorhin im Auto umarmt hatte, war irgendetwas anders gewesen. Sie konnte es nicht genau beschreiben, aber sie hatte etwas an ihm gespürt, was vorher noch nicht da gewesen war.
Ihr Laptop meldete eine neue E-Mail. Sie war von ihrer Mum, wie sie voller Freude feststellte.
Liebe Sasha,
Tim hat mir geschrieben, dass Melanie dir schon verraten hat, was ich dir eigentlich selbst sagen wollte. Es tut mir unendlich leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest, und noch dazu von einer Person, die mich hasst und die deinen Vater verachtet hat. Es muss schlimm für dich gewesen sein und ich möchte so bald wie möglich mit dir darüber sprechen. Im Moment habe ich jedoch kein Handy und nur sehr wenig Geld. Es wird eine Weile dauern, bis ich dich anrufen kann. Es stimmt, dass du nicht unsere leibliche Tochter bist, aber du darfst niemals vergessen, wie sehr ich dich liebe und wie sehr auch Mikhael dich geliebt hat. Du fehlst mir schrecklich und ich mache mir ununterbrochen Sorgen um dich.
Wahrscheinlich habe ich eine Möglichkeit gefunden, dich nach Russland zu holen. Du könntest bei mir bleiben, bis die Universität losgeht, aber ich brauche noch etwas Zeit. Hab Geduld und lerne fleiÃig. Ich hab dich sehr lieb. Mum
Hatte ihre Mutter wirklich eine Möglichkeit gefunden, sie nach Russland zu holen? Oder schrieb sie das nur, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? Wenn es nicht stimmte, müsste sie bei den Shrivers bleiben. Das lieÃe sich bestimmt aushalten, denn Melanie und Brett würden in einer Woche kein Problem mehr darstellen.
Sie dachte an Jax und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie konnte nichts dagegen tun. Sie würde ihn nie wieder sehen und einfach vergessen. Es fühlte sich an, als läge jemand im Sterben.
Sie konzentrierte sich wieder auf die E-Mail und wischte die Tränen weg. Ob Mum wohl eine Arbeit fand? Oder machten ihr die russischen Behörden das Leben schwer, weil sie damals in die Vereinigten Staaten gegangen war? Sie hätte ihre Mutter gern gefragt, aber sie wusste, dass sie keine ehrliche Antwort erwarten konnte.
Eine Zeit lang starrte Sasha auf den Text und überlegte, was sie antworten sollte. SchlieÃlich schrieb sie:
Ich wünschte, du hättest es mir schon vor langer Zeit gesagt. Aber irgendwie kann ich dich auch verstehen. Es fällt mir nicht leicht, zu akzeptieren, dass ich nicht dein leibliches Kind bin. Noch viel seltsamer fühlt es sich an, dass ich nicht
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