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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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flüstere ich. »Die Ratten sind hier. Wir sind eingekreist.«
    Ich spüre, wie er erstarrt. Er reißt die Augen auf. Ich versuche, ihm deutlich zu machen, dass er sich ruhig verhalten soll. Aber er sieht mich nicht an, sondern starrt ängstlich in den Stall hinaus, und als er die erste Ratte erblickt, öffnet er den Mund, um zu schreien. Im letzten Moment gelingt es mir, ihm die Hand auf den Mund zu legen.
    »Pssst!«, flüstere ich. »Noch haben sie uns nicht bemerkt. Es sind Tausende im Stall.«
    David starrt mich stumm an. Aber ich glaube, er versteht, was ich sage.
    »Vielleicht können wir die Box schließen«, flüstere ich und deute mit dem Kopf auf die Schiebetür.
    David antwortet nicht. Er schluckt. Inzwischen haben die Ratten in der Box uns bemerkt. Die eine richtet sich auf den Hinterbeinen auf und betrachtet mich. Sie scheint nicht zu verstehen, was ich eigentlich bin. Vielleicht hat sie noch nie einen Menschen gesehen? Aber wofür hält sie mich dann? Für eine Beute? Einen Feind? Spielt das bei halbverhungerten Ratten noch eine Rolle?
    Jetzt oder nie, das ist mir klar. Wenn es mir gelingt, rechtzeitig aufzustehen und die Tür zur Box zu schließen, überrumpele ich die Tiere vielleicht. Da beginnt Dinah, sich zu bewegen. Ich beuge mich über sie und lege ihr auch die Hand auf den Mund. Gabriel schläft immer noch tief und fest an ihrer Seite.
    »Dinah, sei ganz still! Die Ratten sind jetzt hier«, flüstere ich.
    Sie öffnet die Augen und starrt mich an. Ich nicke ihr möglichst beruhigend zu.
    »Keine Angst. Die kapieren nicht, was wir sind. Ich schließe jetzt die Tür zur Box.«
    Die Ratten neben mir bewegen sich beunruhigt und unterhalten sich mit lautem Fiepen.
    Unendlich vorsichtig ziehe ich meine ausgestreckten Beine an und spanne meine Muskeln. Der Abstand zur Tür der Box beträgt höchstens drei Meter. Das müsste klappen. Ich nicke David und Dinah kurz zu. Ich bin bereit.
    Also stemme ich mich mit dem Rücken gegen die Wand hinter mir. Ein, zwei, drei, zähle ich stumm. Dann werfe ich mich mit aller Kraft nach vorn. Die Ratten ringsum fliehen mit schrillem Quieken aus der Box. Jetzt gilt es. Ich taumle durch die Box und krache in die gegenüberliegende Wand. Meine Hände zittern, als ich die Schiebetür packe und den Oberkörper dagegenpresse, um sie zuzuziehen. Nichts rührt sich.
    »Verdammt!«, fauche ich.
    Dann versuche ich es noch einmal. Die Tür klemmt. Sie bewegt sich keinen Millimeter vom Fleck. Die Ratten draußen vor der Box werden immer unruhiger. Das schrille Quieken schwillt an. Ich setze noch einmal meine letzten Kräfte ein, um die Tür zuzuschieben. Sie steckt fest.
    Da kommt Dinah mir zu Hilfe. Gemeinsam schieben wir aus Leibeskräften, aber es gelingt uns nicht, die Tür von der Stelle zu bewegen. Sie muss festgerostet sein, denke ich und verpasse ihr einen heftigen Tritt. Das Geräusch ruft erregte Schreie aus der Rattenschar hervor. Jetzt ist auch Gabriel aufgewacht, er kommt angestürzt, um uns zu helfen. Gemeinsam stemmen wir uns gegen die Tür und schieben mit aller Kraft. Plötzlich ein kurzes Knacken, und die Tür beginnt sich mit einem missvergnügten Quietschen zu bewegen.
    »Nicht nachlassen!«, schreie ich.
    Die Tür ist schief und angeschwollen, aber dennoch zwingen wir sie Zentimeter um Zentimeter auf der rostigen Schiene voran. Schließlich ist nur noch ein Zentimeter breiter Spalt übrig. Die Ratten auf der anderen Seite schreien durchdringend. Es klingt, als wüssten sie inzwischen, was wir sind.
    Als die Tür endlich ganz zu ist, sind meine Hände gefühllos, und ich zittere am ganzen Leib. David legt die Arme um mich. Er hat auch mitgeholfen, ohne dass ich es bemerkt habe.
    Wir stehen nebeneinander und starren die Ratten an, die wie eine braune Flut den Boden vor der Box überschwemmt haben. Hoffentlich gelingt es ihnen nicht, zu uns hereinzukommen. Ob sie wohl die Boxenwand hochklettern können?
    »Wo sind die Spaten?«, frage ich.
    »Beim Eingang.«
    »Zu blöd!«
    »Ich weiß.«
    »Es muss der Regen sein, der sie hereingetrieben hat«, sage ich. »Wahrscheinlich sind sie sonst nachts draußen unterwegs und nur tagsüber drinnen. Darum waren sie auch oben auf dem Heuboden.«
    David nickt.
    »Kommt!«, sage ich. »Wenn wir ganz still sind, beruhigen sie sich vielleicht.«
    Als wir an der hinteren Boxenwand sitzen, fällt mir plötzlich das Kitzeln in der Hand ein, als die Ratte daran schnupperte. Das will ich den anderen gerade erzählen, als mir

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