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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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umgeworfene Stuhl mit dem einen Zwillingsmädchen.
    Als ich sie sehe, bleibt mir die Luft weg. Ihr Arm ist in der Mitte abgebrochen, ihre Hand mit einem Teil des Unterarmes steckt immer noch in der Hand der Mutter. Ein schrecklicher Anblick. Ich halte mir den Mund zu. Schwarze Augenhöhlen starren mich vorwurfsvoll an. Schnell wende ich mich ab. Dinah hat es auch gesehen, sie legt die Arme um mich und fängt an zu weinen. Gleichzeitig brüllt David: »Scheiße, ist das eklig!«
    Er und Gabriel gehen langsam zu dem Zwilling hin.
    »Schaut ihr nicht in die Augen!«, flüstere ich. Ich selbst starre neben dem Zwilling auf den Boden. »Da müsste doch Blut sein, oder?«
    Die anderen sehen sich suchend um.
    »Sie ist vielleicht total vertrocknet«, sagt Dinah schließlich. »Wie diese Mumien in den Pyramiden. Die sind viele Tausend Jahre alt und sehen fast lebendig aus.«
    Ich nicke. Ja, das wäre möglich. Aber ich habe noch eine andere Theorie. »Wenn nicht jemand dahintersteckt, der all das hier inszeniert hat«, sage ich. »Dann wären sie nämlich künstlich hergestellt.«
    »In dem Fall aber sehr gelungen!«, sagt Gabriel, während er nachdenklich die Mutter mustert.
    »Aber warum …«, sagt David. »Warum sollte das jemand gemacht haben?«
    »Um zu zeigen, dass das Haus bewohnt ist?«, schlage ich vor.
    »Ja«, sagt Dinah. »Um zu zeigen, dass es schon besetzt ist.«
    Ich muss daran denken, wie sehr ich erschrocken bin, als ich die Familie zum ersten Mal sah und merkte, dass sie tot war. Direkt nach unserer Ankunft.
    »Aber warum?«
    »Vielleicht gibt es irgendetwas hier im Haus, das jemand für sich behalten will«, überlege ich.
    Aber ich höre selbst, wie abwegig das klingt. Was könnte das in diesem verlassenen Haus schon sein?
    »Das, was hier läuft, kommt mir jedenfalls nicht geheuer vor«, sagt Dinah.
    »Irgendjemand will uns vielleicht verarschen«, sagt Gabriel.
    David nickt. »Um uns abzuschrecken, damit wir verschwinden.«
    »Das wäre ja auch fast gelungen«, sage ich.
    •
    Ratlos stehen wir in der Küche und wissen nicht, was wir tun sollen.
    »Werfen wir sie doch einfach in den Keller!«, sagt David schließlich.
    »Ja, dann brauchen wir sie nicht mehr zu sehen«, sagt Dinah.
    Erst kommt mir der Vorschlag sogar vernünftig vor, doch dann merke ich, dass das falsch wäre. Es widerstrebt mir, die Familie in den schwarzen Keller hinunterzutragen. Irgendetwas ist mit ihnen. Mit ihren Augen.
    »Nein, wir müssen versuchen, den Arm zu reparieren«, entscheide ich.
    »Ist vielleicht keine schlechte Idee«, sagt Gabriel. »Wenn wir den Arm in Ordnung bringen, kann sie wieder am Tisch sitzen.«
    »Aber wozu soll das gut sein?«, will David wissen.
    »Es zeigt, dass dieses Haus hier bewohnt ist«, erklärt Gabriel. »Falls noch irgendwelche anderen herkommen sollten.«
    »Die, deren Spuren wir gestern gesehen haben!« Ich nicke zustimmend. »Die Familie so zu benützen, wie es ursprünglich gedacht war, ist bestimmt das Cleverste.«
    •
    Also durchsuchen wir das ganze Haus nach Klebstoff. Wir öffnen sämtliche Schränke, durchwühlen alle Schubladen, schauen in Dosen, Schüsseln und Kannen, aber nirgends finden wir Klebstoff. Erstaunlich, dass etwas so Selbstverständliches wie eine Tube Klebstoff so erwünscht und ersehnt sein kann. Zu Hause hatten wir die Tube immer in einem der Küchenschränke in einem Plastikbecher stehen. Ohne zu überlegen, öffnete man den Schrank, nahm sich die Tube und klebte, was zu kleben war.
    Immerhin finden wir ein paar andere Dinge: eine Mullbinde und eine Tüte trockene Körner. In einer Keramikvase im Flur liegen inmitten von Schlüsseln und Stiften zwei Kerzenstummel und eine kleine Streichholzschachtel.
    »Schaut mal, was ich gefunden habe!«, rufe ich und schiebe die Schachtel vorsichtig auf. Ein paar Streichhölzer liegen noch darin. Wenn sie funktionieren, werden wir sie gut gebrauchen können.
    »Super!«, sagt David und nimmt die Schachtel an sich.
    Gabriel und Dinah gehen in die Werkstatt, um dort nach Klebstoff zu suchen. Kurz darauf kommen sie wieder. Mit leeren Händen. »Vielleicht können wir uns selbst eine Art Leim zusammenrühren«, schlägt Dinah vor.
    »Dieser Schmierkram, der an den Bäumen hängt, wäre einen Versuch wert«, sage ich.
    Aber leider ist der Schmierkram schon erstarrt und ungefähr so klebrig wie alter Kaugummi.
    »Möchte bloß wissen, was das eigentlich ist«, sagt Gabriel und bricht ein durchsichtiges Stück auseinander, das er in

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