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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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meisten Angst – dass es die schwarzgekleideten Männer sein könnten, die in den Ruinen der Stadt hausen.
    »Womöglich sind sie auf der Suche nach Devil«, sage ich.
    »Wenn sie nur zu zweit sind, werden wir mit ihnen fertig«, meint David.
    Ich schüttle den Kopf. »Die sind riesig, wie zwei Trolle.«
    »Es ist ja nicht sicher, dass sie hierherkommen«, wendet Gabriel nachdenklich ein.
    »Wohin sollten sie sonst wollen?«, sagt Dinah.
    Die kleine Diddi hat zu weinen angefangen. Ob sie wohl das Gleiche denkt wie ich? Nämlich dass die Männer vielleicht auf der Jagd nach Fleisch sind.
    »Die sind echt gefährlich«, sage ich. »Am besten, wir legen uns in einen Hinterhalt.«
    »Gute Idee«, sagt David. »Wenn wir uns verstecken, finden sie uns vielleicht nicht. Und gleichzeitig haben wir die Chance, sie zu überraschen.«
    »Auf dem Heuboden der Ratten!«, sagt Gabriel. »Da suchen sie bestimmt nicht.«
    •
    »Sie kommen näher!«, ruft Benjamin.
    Ich sammle alle Kinder ein. Das ist leichter gesagt als getan, weil die meisten von ihnen schrecklich verängstigt sind. Als Hänfling und Vendela an der Strickleiter vom Baum herunterkommen, nehme ich sie links und rechts an der Hand und renne mit ihnen zum Stall.
    »Schnell, rein mit euch!«, sage ich. »David zeigt euch, wohin.«
    Dann holen Dinah und ich Rechen, Spaten und Eisenspieße aus der Werkstatt und schleppen sie auf den Heuboden. Für die Kinder holen wir kleinere Werkzeuge: Stemmeisen, Schraubenzieher, Schraubenschlüssel, Hämmer. Sie nehmen ihre Waffen schweigend entgegen und drehen sie in den Händen. Wie sie damit eng beisammenstehen, erinnern sie mich an einen Bienenschwarm. Wenn dieser Schwarm angeflogen kommt, müsste er selbst einen Erwachsenen in die Flucht schlagen können.
    »Ist es wirklich gut, wenn alle hier oben sind?«, frage ich, als wir uns schon fast alle dort versammelt haben. »Wenn sie uns entdecken, sitzen wir doch in der Falle.«
    David versucht so auszusehen, als würde er nachdenken. Vielleicht tut er das auch, nach einer Weile sagt er nämlich: »Schätze, als Erstes untersuchen sie das Wohnhaus. Und wenn sie dort nichts finden, glauben sie vielleicht, der Hof sei verlassen, und ziehen weiter.«
    »Die Familie!«, sage ich. »Die dürfen wir nicht auf der Veranda lassen!«
    Doch es ist zu spät. Jetzt schaffen wir es nicht mehr, sie an einen anderen Platz zu bringen. Shit! Mit einem enttäuschten Seufzer setze ich mich auf die Treppe, die zum Heuboden führt.
    »Benjamin bleibt oben im Baum«, teilt uns Gabriel mit, der als Letzter aus dem Garten angerannt kommt.
    Ich zögere kurz. Es ist wirklich nicht gut, dass wir uns alle auf dem Heuboden einschließen. Außer Benjamin sollte noch jemand draußen bleiben.
    »Ich verstecke mich draußen!«, schreie ich zum Heuboden hinauf.
    »Du bist ja verrückt! Die können jeden Augenblick hier sein«, schreit David zurück.
    »Ich komm schon klar«, rufe ich.
    Als ich die Luke hinter mir zufallen höre, überlege ich es mir anders. Schnell öffne ich sie wieder einen Spalt und rufe: »Devil! Hierher!«
    Der Hund kommt mit rasselnden Krallen die Treppe herunter.
    •
    Als ich draußen vor dem Stall stehe, bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich spähe in die Krone der toten Ulme und sehe Benjamins dünne Gestalt hoch oben auf der Plattform des Ausgucks. Sie erinnert an einen Raubvogel in seinem Nest. Am liebsten würde ich ihm die Frage zurufen, wie weit die Männer noch entfernt sind. Doch das wage ich nicht. Stattdessen verstecke ich mich in der entferntesten Ecke des Gartens in der Hecke. Devil legt sich brav neben mich. Plötzlich erinnere ich mich an die Waffe, die ich in jener Nacht in der Stadt bei einem der Männer gesehen habe. Diese seltsame Waffe. Wenn ich es mir jetzt überlege, frage ich mich, ob es eine sogenannte Armbrust gewesen sein kann. Ich glaube, so was hatte man im Mittelalter.
    Wenn es dieselben Männer sind, ist es um uns geschehen. Eigentlich müsste ich jetzt beten, dass sie nicht genau hier, wo Devil und ich uns verkrochen haben, in den Garten kommen. Aber ich weiß nicht so recht, zu wem ich beten soll. Gibt es Gott überhaupt noch? Nach einer gewissen Unschlüssigkeit spreche ich lieber ein stilles Gebet an Gun-Helen. »Bitte, liebe Gun, hilf uns!«, murmle ich.
    •
    Plötzlich knackt und kracht es in der dürren Hecke. Devil und ich zucken erschrocken zusammen. Das Geräusch kommt von der anderen Seite des Gartens. Dann erklingt es erneut, ein dumpfes Knacken.

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