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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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»Kaum rauf, dann kannst du was sehen!«
    Ich winkte zurück und rief: »Wenn du runterkommst, kriegst du den Hintern voll! So herumzuklettern ist lebensgefährlich.«
    Aber insgeheim freute ich mich über das, was sie taten. Der Ausguck, den sie bauten, würde es uns ermöglichen, die ganze Gegend zu überwachen.
    Die kleine Dienstag, Diddi, wie wir sie inzwischen nannten, und die anderen kleinen Mädchen beschäftigten sich viel mit Devil. Sie tobten mit ihm durch den Garten, und manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie eben doch spielten, jedenfalls hatten sie etwas ausgeheckt, was mir wie ein Spiel vorkam. Sie hatten aus Schnur ein Halsband und eine Leine gemacht, an der sie Devil festhielten. Eines der Mädchen warf dann etwas in den Garten, ein anderes lief mit Devil los, um es zu suchen, und alle anderen liefen, sich an den Händen haltend, hinterher.
    Dinah und ich saßen oft auf der Veranda und zerschnitten Vorhänge und alte Kleider aus dem Haus. Dann fügten wir die Teile, so gut es ging, mit Nadel und Faden zusammen und legten die neuen Kleidungsstücke neben uns auf einen Haufen. Dort lagen jetzt einfache Mäntel und Umhänge, grobe Hosen und weite Jacken mit Kapuzen, alles Sachen, die unserer Meinung nach für den besseren Schutz der Kinder nötig waren. Wir hatten auch einen Berg alte Tischtücher und Bettwäsche gesammelt, daraus wollten wir ein kräftiges Segel für das Floß nähen.
    Ich selbst legte die Stoffstücke immer wieder aus der Hand, um zum Beet zu laufen und nach den Auberginen zu schauen.
    »Wenn man Pflanzen zu Tode starren könnte, hättest du sie längst erledigt«, sagte Dinah, als ich das wer weiß wievielte Mal zurückkam.
    Ich lachte und wusste, dass sie recht hatte, konnte aber trotzdem nicht anders, als nach einer halben Stunde wieder hinzulaufen.
    »Wahnsinn!«, sagte ich, als ich zurückkam. »Sie sind schon fast zehn Zentimeter hoch.«
    »In dem Klima werden sie garantiert schon in ein paar Tagen reif«, sagte Dinah.
    Ich antwortete nicht, denn genau das machte mir Sorgen. Wie sollten die Auberginen die plötzlichen Wetterextreme verkraften? Würden sie nicht von der Sonne versengt oder vom aggressiven Regen ertränkt werden?
    »Inzwischen ist das Wetter doch ein wenig besser geworden, oder nicht?«, bemerkte ich unsicher.
    »Findest du?«, sagte Dinah.
    Ich nickte. Vielleicht war es vor allem ein frommer Wunsch, dass das Wetter etwas weniger extrem geworden war, aber ich wollte so gern an dieser Hoffnung festhalten.
    »Heute ist es jedenfalls nicht so heiß wie sonst«, sagte ich.
    »Meinst du wirklich?«, sagte Dinah und lachte über mich.
    So war es in diesen Tagen. Fast idyllisch.

Die Schwarzen
    Mitten in unserem Scheinalltag höre ich plötzlich Benjamins Stimme aus dem Ausguck im Baum. Ich verstehe sofort, dass es etwas Ernstes sein muss. Das höre ich am Tonfall, an der Kürze des Ausrufs und der langen Stille danach. Alles sendet dasselbe Signal an mein Gehirn: Gefahr!
    Als ich zum Ausguck hinaufschaue, sehe ich Benjamin mit Hänfling und Vendela. Sie liegen auf den Knien, und Benjamin späht mit seinem Fernglas der Firma David & Gabriel über die Felder. Das Fernglas besteht aus zwei leeren Haushaltsrollen, die mit Isolierband aus einer Werkstattschublade aneinandergefügt sind, und obwohl es ziemlich komisch aussieht, ist es ausgesprochen nützlich, weil es die Augen vor den starken Sonnenstrahlen schützt.
    Die anderen stehen ein Stück entfernt und schauen auch zu den dreien hinauf.
    »Was ist?«, rufe ich. »Habt ihr was gesehen?«
    Benjamin senkt sein Fernglas und blickt zu mir herunter.
    »Leute!«, ruft er.
    »Was für Leute?«
    »Die Schwarzen.«
    »Die Schwarzen?«
    »Sie haben schwarze Kleider.«
    »Wie viele?«
    »Zwei.«
    »Wie nah sind sie?«
    »Weit weg. Aber sie scheinen hierherzukommen.«
    •
    Benjamins Nachricht löst Panik bei uns aus. Obwohl wir genau das am meisten befürchtet haben, sind wir total unvorbereitet. Vielleicht hat uns die relative Ruhe der letzten Tage in ein falsches Gefühl der Sicherheit gewiegt. Wir hätten im Voraus beschließen müssen, wie wir uns im Notfall verhalten wollen. Sollen wir uns verstecken? Uns verteidigen? Zum Angriff übergehen? Ich nehme die kleine Diddi an der Hand und laufe zu den anderen.
    »Was machen wir jetzt?«, sage ich, und dabei hämmert mein Herz so heftig, dass mir das Sprechen schwerfällt.
    »Vielleicht sind das die Typen, die wir gesehen haben«, sagt Dinah.
    Ich nicke. Genau davor habe ich am

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