Am Anfang war das Wort
war nicht da, Sie müssen die anderen fragen.«
Ich habe sie ja gefragt. Ich habe gedacht, sie hätten dir vielleicht etwas gesagt, was sie mir nicht gesagt haben, überlegte Michael später, als er im Auto saß, auf dem Weg zu Kleins Haus in Rechawja.
Nun, in Kleins Arbeitszimmer, hörte er seine laute Stimme. »Ich verstehe nicht«, rief Klein enttäuscht, »wo ich dieses Ding hingelegt habe. Es ist ein kleines Notizbuch mit einem roten Einband, wir haben es nicht zu dem allgemeinen Umzugsgepäck getan. Ich erinnere mich genau, daß Ofra, meine Frau, darauf geachtet hat. Es ist in einem meiner Koffer gewesen. Ich habe den Koffer hier ausgepackt, hier im Zimmer. Ich hatte alle möglichen Papiere darin, die ich nicht vorher abschicken wollte. Und ich erinnere mich, daß ich das Notizbuch irgendwo hier hingelegt habe.«
Michael folgte seinem Blick, sah die Bücher, die überall verstreut waren, die Regale, die alte Schreibmaschine, die neben dem Tisch stand, mit einem eingespannten Bogen, und eine bestimmte Ahnung stieg in ihm auf.
Klein erinnerte sich nicht an den Namen des Rechtsanwalts. »Aber«, sagte er mit plötzlicher Lebhaftigkeit, »Ruth Duda'i wird ihn wissen!«
Michael erklärte, daß sie nichts über dieses Treffen wisse, und erinnerte sich daran, daß sie angefangen hatte zu weinen, als er sie immer wieder fragte: »Wie haben Sie sich die Veränderung in seinem Benehmen erklärt? Die Veränderung in seinem Verhältnis zu Tirosch?« Sie hatte angenommen, alles habe an ihrer Beziehung zu Tirosch gelegen, und sie hatte es vorgezogen, nichts zu fragen.
»Und zwischen seinen Papieren? Von Ido, meine ich?«
»Wir haben keinen Hinweis gefunden, nicht den geringsten«, antwortete Michael und beugte sich über einen Stapel Bücher. Dieses Notizbuch sei die einzige Möglichkeit, betonte er.
»Vielleicht ist es sogar zwischen den Büchern, in einem Regal«, sagte Klein hoffnungsvoll, und Michael betrachtete die Bücherregale. »Sie könnten mir helfen«, meinte Klein. Sie könnten sich jeder eines der Regale neben dem Schreibtisch vornehmen. Eine knappe Stunde suchten sie, fanden aber kein Notizbuch.
Klein schlug eine Pause vor, »um was zu trinken«. Sie gingen hinüber in die große, weißgestrichene Küche. Klein streckte die Hand durch das offene Fenster, pflückte von einem großen Zitronenbaum ein Blatt, zerrieb es zwischen den Händen und schnupperte geräuschvoll an seinen Fingern. Dann pflückte er einige Zitronen und zog eine Schublade auf. »Man braucht ein besonderes Messer für diese Zitronen«, sagte er und beschrieb die Limonade, die er machen würde. Dann schaute er in die Schublade, brach in ein lautes, erleichtertes Gelächter aus und schwenkte ein rot eingebundenes Notizbuch in der Größe eines kleinen Buches. »Sehen Sie? Hätten Sie das gedacht?« fragte er erstaunt und begann zu blättern. »Alle wichtigen Adressen in Amerika«, sagte er.
Michael schrieb sich schnell die Telefonnummer des Rechtsanwalts auf ein Stück Papier, das Klein ihm gab, und steckte es in seine Hemdtasche.
»Jetzt haben wir uns was zu trinken verdient«, sagte Klein und stellte Michael, der an dem Holztisch saß, ein Glas hin. In dem Glas waren Zitronenstücke und Minzeblätter.
Michael wußte selbst nicht, warum er plötzlich fragte: »Wie haben Sie sofort erkannt, daß die Gedichte schlecht sind?«
»Haben Sie selbst es nicht gemerkt?« fragte Klein und schnitt dicke Scheiben von einem dunklen Laib.
»Doch, aber was müßten sie haben, um gut zu sein?« beharrte Michael, und schon wußte er, daß er die Stimme des Lehrers von früher hören wollte. Er wollte weg von der ständigen Aufmerksamkeit des Polizisten, wollte nicht mehr auf die kleinsten Nuancen in einem Gespräch achten, er wollte sich ausruhen.
»Unter anderen Umständen würde ich Ihnen die Kriterien erklären«, sagte Klein und schlug mit geübter Hand drei Eier in eine kleine, weiße Schüssel. »Doch das interessiert Sie im Moment bestimmt nicht.«
»Ja und nein«, bekannte Michael, »das war heute eigentlich nicht mein Thema. Aber wenn wir nun gerade dabei sind: Ich wollte schon immer verstehen, was ein Gedicht eigentlich haben muß, damit es gut ist.«
»Sie wollen einen Vortrag über Lyrik hören? Jetzt?« Klein warf ihm einen Blick zu, dann legte er ein Stück Margarine in eine Pfanne. Michael konnte nicht sehen, was für ein Gesicht er machte. Klein kippte die Eier in die Pfanne, streute geriebenen Käse darüber und stellte das Gas
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