Am Anfang war das Wort
darauf ansprach, reagierte sie mit Verständnislosigkeit, sie könne dazu nichts sagen, wiederholte sie hartnäckig. Er erwähnte den Detektor, und sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts zu verbergen«, sagte sie, und Michael hatte – wie bei ihrem Mann – das Gefühl, als sei sie nicht da. Immer wieder fragte er sich, was ein Mann wie Scha'ul Tirosch an ihr gefunden hatte. Wenn sie sprach, waren ihre braungrünen Augen ausdruckslos. Er registrierte ihre mageren Arme, den dünnen Hals und die vorgeschobene Unterlippe, wie bei einem weinenden Clown. Ihre Haut war zwar glatt, aber sehr dünn, fast durchsichtig. Michael mußte plötzlich an Schlangen denken, deren Haut auch so dünn wurde, bevor sie sich häuteten. Wieder stimmte er dem zu, was Schorr mal gesagt hatte: »Wundersam und rätselhaft sind des Mannes Wege zum Weibe.«
Die Aussicht auf die Fahrt zum Fernsehsender, auf den Film, den er dort sehen würde, versetzte ihn in gespannte Erwartung, er hoffte, sie würde ihm helfen, die Müdigkeit zu überwinden.
»Du trinkst zuviel Kaffee«, warf ihm Schorr vor, »und du rauchst auch zuviel. In deinem Alter ist das kein Witz mehr, du mußt auf dich achten. Warum hörst du nicht auf zu rauchen? Schau mich an, sogar wenn du mir jetzt eine anbieten würdest, würde sie mir nicht schmecken. Schon seit vier Jahren habe ich keine Zigarette mehr angerührt.«
Michael lächelte. Schorrs väterliche Besorgnis rührte ihn immer.
»Es stimmt, daß ich dicker geworden bin, seit ich aufgehört habe zu rauchen«, sagte Schorr und berührte den Speckring um seine Taille, »aber das werde ich auch noch los.« Er schob sich das halbe Streichholz in den Mund und schwieg. Dann zog er es wieder heraus und bewegte es vor Michael hin und her wie ein Lehrer seinen Finger, als er sagte: »Ich sage dir, es ist nicht so einfach, eine Preßluftflasche zu leeren und mit der richtigen Menge Kohlenmonoxyd zu füllen, so daß sie dasselbe Gewicht hat. Und hier geht es um zwei Flaschen. Ich hätte zunächst auf diese Spur gesetzt, ich hätte ermittelt, wer Zugang zu einem chemischen Labor hatte oder etwas bei einer Chemikalienhandlung bestellen konnte. Erst dann kommt das Motiv. Es handelt sich um eine Tat, die äußerst kompliziert auszuführen war.«
»Ich habe auch schon daran gedacht und in dieser Richtung nachgeforscht. Aber ich sehe bei keinem eine Verbindung zu einem chemischen Labor, trotzdem kümmert sich die Hälfte meiner Leute um diese Angelegenheit. Ich weiß nur eines: Tirosch war zweimal bei den Duda'is zu Hause, und zwar auch in deren Keller, einmal, als Ido im Ausland war, und ein zweites Mal, nachdem er schon zurück war. Sie hatten Schwierigkeiten mit der Elektrizität, das jedenfalls hat die Frau ausgesagt, und Tirosch hat angeblich etwas repariert, und dort, im Keller, befand sich Idos gesamte Taucherausrüstung, auch die Preßluftflaschen.«
»Das Problem ist«, sagte Schorr nach längerem Schweigen, »daß die Sache mit den Preßluftflaschen schon vor langer Zeit ausgeführt worden sein kann, sie ist unabhängig von der Mordzeit und dem Alibi.«
»Tirosch könnte es tatsächlich gewesen sein«, sagte Michael.
Schorr schaute ihn an, dann lächelte er und fragte vorwurfsvoll: »Hast du Informationen, die du mir nicht mitgeteilt hast? Warum sollte Tirosch seinen erfolgreichen Studenten umbringen?«
»Ich weiß nicht, ich habe es nur so dahingesagt«, antwortete Michael zerstreut.
»Du hast es nicht nur so gesagt. Vorhin hast du bereits erwähnt, daß Tirosch im Keller war«, warf ihm Schorr vor und betrachtete traurig die leere Bierflasche.
»Ich weiß nicht«, sagte Michael zögernd, »aber er ist der einzige, von dem wir wissen, daß er in dem Keller war, außer den Leuten, die dort wohnen. Und außerdem ...« Er schwieg.
Schorr gab nicht nach. »Und außerdem?«
»Nicht wichtig. Wie du sagst, die Frage nach dem Motiv kann warten.«
Schorr erkundigte sich nun nach Verwandten von Tirosch, nach den Frauen, mit denen er früher zusammengewesen war. »Du kannst nicht wissen, ob er nicht mal verheiratet gewesen ist. Man muß jemanden fragen, der ihn kennt, seit er in Israel ist. So, wie du ihn mir beschreibst, würde es zu ihm passen, daß er mit zwanzig geheiratet hat und dann abgehauen ist. Vielleicht gibt es sogar ein Kind, vielleicht ein außereheliches.« Schorr begann, mit einem abgebrannten Streichholz, das er aus dem vollen Aschenbecher nahm, Linien auf die Papierserviette zu ziehen.
Michael nannte
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