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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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sollte.
    »Von dir?« fragte ich.
    Er sprang auf. »Ich muß mich fertigmachen.«

    Ich warf einen bedauernden Blick auf seine Morgenlatte, die ungenutzt in der Jeans verschwand.
    Wenig später saß ich ihm zum zweiten Mal beim Frühstück gegenüber und fragte mich, wie ich es bisher ohne Felix, den Glücklichen, ausgehalten hatte.
    Ich war in den Anblick seiner Hände versunken, die gerade das gekochte Ei köpften, da schlurfte Hartmann in die Küche. Oh shit, ich hatte völlig vergessen, daß Rilke nicht allein wohnte.
    Hartmann warf mir einen Blick zu, wie um kurz zu checken, wer heute mit am Tisch saß. Er stutzte, sah mich noch mal an, dann dämmerte es ihm.
    »Das ist ja Anna, die Frau mit der schnellen Reaktion, guten Morgen auch!«
    »Morgen«, nuschelte ich verlegen. Was würde er bloß denken?
    »Es muß dir nicht peinlich sein«, sagte er, »in unserer WG herrscht sexuelle Freizügigkeit. Jeder darf mitbringen, wen er will, ausgenommen lebende Tiere.«
    Damit nahm er seine Kaffeetasse und stieß mit mir an.
    »Auf die Erfindung der Litfaßsäule!«
    Ich lachte. »Auf den Seitenaufprallschutz von BMW. Apropos, wo ist Nicki?«
    »Tut Buße bei seinem Alten. Ich glaube, der hat ihm vierzig Stunden Gartenarbeit aufgebrummt. Wenn er’s übersteht, wird er hinterher so gesund ausschauen wie noch nie in seinem Leben.«
    Hartmann trank seine Tasse leer und stand auf. »Sieht man sich wieder?«
    Ich zuckte die Schultern und warf einen verstohlenen Blick auf Rilke.

    »Keine Ahnung, das Leben ist voller Überraschungen.«

    »Mami, ich bin ganz schlimm krank«, krächzte Jonas’ Stimme aus dem CALL-YOUR-BANK-Telefon, »bitte komm!«
    Ob das ein Trick von Queen Mum war, um mich heimzulocken? »Was hast du denn, mein Schätzchen?« fragte ich.
    »Eine Lungenentzündung«, sagte er, und es klang, als hätte er das Wort gerade auswendig gelernt. Trotzdem war ich beunruhigt.
    »Hol mir mal Omi ans Telefon«, bat ich.
    Queen Mum meldete sich Sekunden später, offenbar stand sie direkt daneben.
    »Da siehst du, was du angerichtet hast«, plärrte sie statt einer Begrüßung, »das ist alles psychosomatisch.«
    Klar, ich war mal wieder schuld, wer denn sonst.
    »Warst du mit ihm beim Arzt?«
    »Natürlich waren wir beim Arzt, Jonas hat fast vierzig Fieber. Die ganze Nacht hat er nach dir gerufen und geweint, aber man kann dich ja nirgends erreichen, außer in der Bank.«
    Jonas hatte tatsächlich dichtgehalten und nicht mal im Fieberrausch meine Handynummer verraten! So dringend hätte er mich heute nacht gebraucht, während ich mich mit dem jungen Dichtergenie auf der Matratze gewälzt habe.
    Was war ich bloß für eine Rabenmutter.
    Schuldgefühle krochen in mir hoch.
    »Ich komme«, sagte ich und legte auf.

    Jonas war in einem erbarmungswürdigen Zustand. Mit hochroten Bäckchen und fiebrig glänzenden Augen lag er im Bett und schnaufte.
    »Ich bin so froh, daß du da bist, Mami«, sagte er.
    Queen Mum weidete sich an meinem schlechten Gewissen. Sie wußte genau, daß die Kinder mein schwacher Punkt waren und ich es nicht fertiggebracht hätte, meinen kranken Sohn im Stich zu lassen.
    Wahrscheinlich hatte sie ihn absichtlich barfuß und ohne Jacke nach draußen geschickt.
    Lucy kam angeschlichen.
    »Hallo, Mami«, begrüßte sie mich mit Kinderstimmchen.
    Ich gab ihr einen Kuß. Ich wußte, daß ich wegen der Party noch mit ihr schimpfen müßte, aber im Moment hatte ich dazu einfach nicht die Energie.
    Ich würde die nächsten Tage und Nächte hier verbringen müssen, Jonas’ Krankheit ließ mir keine Wahl. Heute war das noch kein Problem, aber morgen würde Friedrich zurückkommen. Und ich hatte auf alles in der Welt Lust, nur nicht darauf, diesem Mann zu begegnen.
    Ich überlegte kurz, dann faßte ich einen Entschluß. Ich holte die zwei größten Koffer aus dem Abstellraum und packte ein, was von Friedrichs Sachen reinpaßte, dann bestellte ich den Schlüsselschnelldienst.
    Eine Stunde später montierte ein freundlicher Italiener unser Haustürschloß aus und ersetzte es durch ein neues.
    Die Rechnung in Höhe von DM428,13 ließ ich an Doros Adresse schicken, zu Händen Herrn Friedrich Schrader.

    Kathrin und Sabine lachten, als ich meine Reisetaschen wieder abholte.
    »Jetzt wohnst du seit drei Tagen bei uns und hast nicht ein einziges Mal hier geschlafen. So einen unsichtbaren Gast hatten wir noch nie«, sagte Sabine.
    »Wenn’s Probleme gibt, kannst du jederzeit wiederkommen«, sagte Kathrin. »Übrigens,

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