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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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nicht mehr dabei. Ich habe ein bißchen viel um die Ohren zur Zeit.«
    »Aber Annabelle«
    »Mach’s gut, Wiltrud«, würgte ich sie ab.
    Was für eine Erleichterung! Endlich hatte ich mich getraut, »nein« zu sagen. Es war gar nicht so schwer!
    »Hallo, mein Schätzchen!« Ich küßte Jonas, der seine Arme um mich schlang. »Hast du Lucy heute morgen gesehen?«
    Er nickte verwirrt. »Klar, Mami, beim Frühstück, wie immer. Darf Lucy eigentlich morgens Cola trinken? Omi sagt, sie darf nicht.«
    »Da hat sie ausnahmsweise recht.«
    Ein Segen, Lucy, das Luder, war nach Hause gekommen.
    »Hast du dir was überlegt?« fragte ich Jonas, »Tierpark, Kino, Eiscafe?«
    Jonas überlegte.
    »Erst Kino, dann Tierpark, dann Eiscafe.«
    Ich lachte. Dann ließ ich ihn aufsitzen und trug ihn Huckepack zum Auto. Ich war so froh, ihn zu sehen.

    Das Kino konnte ich ihm ausreden, dafür spazierten wir durch den Tierpark.
    Ich kramte all mein Schulwissen über das Langzeitgedächtnis von Elefanten, die Laufgeschwindigkeit von Giraffen und das Paarungsverhalten von Stachelschweinen hervor. Jonas fragte mir ein Loch in den Bauch. Nach fast zwei Stunden ließen wir uns erschöpft im Café nieder.
    Jonas löffelte andächtig sein Eis und beobachtete die Tauben, die um die Tische herumhüpften. Er warf einer Taube ein Stück von seiner Waffel zu und beobachtete entzückt, wie sie es aufpickte.
    »Schau nur, Mami, ich hab sie gefüttert«, rief er.
    Ich haßte Tauben. Sie kackten alles zu und übertrugen Krankheiten. Aber jetzt machte es Jonas für mich noch liebenswerter, daß er für diese ekligen Biester soviel Zuneigung empfand. Plötzlich wurde ich wehmütig. Ich fühlte mich wie in einem dieser amerikanischen Scheidungsdramen, wo irgendwelche Millers oder Kramers um ihr Kind stritten und ein Elternteil dieses Kind nur alle zwei Wochen für ein paar Stunden sehen durfte. Bei der Vorstellung, Jonas nur noch gelegentlich sehen zu können, brach mir fast das Herz.
    Wir gingen noch ins Aquarium. Mit offenem Mund sah Jonas zu, wie ein Schwarm Piranhas um einen Brocken Fleisch kämpfte. Lange stand er vor dem Krokodil und hoffte vergeblich, es würde sich bewegen.
    Zum Schluß kaufte ich ihm den teuren Fotoband, in dem alle Tiere des Zoos zu sehen waren, und die Nachbildung eines Alligators. Ganz deutlich merkte ich, wie mein schlechtes Gewissen sich in den Drang verwandelte, ihn mit Geschenken zu überhäufen, damit er mich und diesen Tag bloß nicht vergäße.

    Queen Mum öffnete die Haustür, bevor ich den Schlüssel im Schloß hatte.
    »Bist du endlich vernünftig geworden?« begrüßte sie mich.
    »Keineswegs«, gab ich zurück, »ich will nur ein paar Klamotten holen. Ist Lucy da?«
    Sie schüttelte den Kopf. Aufgeregt erzählte Jonas von seinen Erlebnissen im Zoo, und ich ging nach oben, um eine weitere Reisetasche mit Sachen vollzupacken, von denen ich annahm, daß ich sie in nächster Zeit brauchen würde.
    Als ich die Treppe runterkam, hatte meine Mutter sich vor der Haustür aufgebaut.
    »Wie lange soll das so gehen?« fragte sie.
    »Keine Ahnung.«
    Ich wollte an ihr vorbei. Sie versperrte mir den Weg.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, mein liebes Kind, was du hier aufführst, ist einfach das Hinterletzte. Wegen eines lächerlichen Ausrutschers zerstörst du deine Ehe und deine Familie. Du bist egoistisch, unreif und undankbar.
    Ich schaue mir das nicht weiter an!«
    »Dann laß es bleiben«, sagte ich und wollte an ihr vorbei.
    »Du bleibst jetzt hier!« herrschte sie mich an.
    »Hör gefälligst auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln!« schrie ich. »Ich bin, verdammt noch mal, erwachsen und weiß selbst, was ich tue!«
    »Den Eindruck habe ich nicht. Wenn du jetzt nicht zur Vernunft kommst, dann werde ich Mittel und Wege finden, dich zu zwingen!«
    Das war ein Satz, den ich gut kannte. Früher hatte sie damit großen Eindruck bei mir gemacht. Jetzt konnte ich darüber nur höhnisch lachen.
    »Jetzt hör du mir mal zu, Mummy. Paß in Zukunft lieber besser auf Lucy auf, die habe ich nämlich gestern zehn Kilometer von hier auf einer Techno-Party getroffen«, sagte ich mit schneidender Stimme.
    Entgeistert starrte meine Mutter mich an.
    »Was suchst du auf einer Techno-Party?«
    »Sag Lucy, das wird ein Nachspiel haben. Und wenn du zuläßt, daß Doro das Haus betritt, dann schmeiß ich dich raus.«
    Queen Mum schnappte nach Luft.
    Ich schob sie zur Seite und stürmte aus dem Haus. Als ich fast am Auto war, kam mir Lucy

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