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Am Anfang war der Seitensprung

Am Anfang war der Seitensprung

Titel: Am Anfang war der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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ich glaube, du hast abgenommen.«
    »Echt?«
    Ich sah an mir herunter, fühlte meinen Hosenbund.
    Tatsächlich, er war ziemlich locker.
    »Kann ich mich schnell wiegen?«
    Ich flitzte ins Bad, zog mich splitternackt aus (sogar meine Uhr legte ich ab) und stellte mich auf die Waage.
    Ich hatte drei Pfund abgenommen, einfach so, ohne was dafür zu tun.
    »Du hast recht, Kathrin, drei Pfund weniger!« jubelte ich, fuhr wieder in meine Kleider und stürmte aus dem Bad.
    »Der Rest geht auch noch weg, wirst sehen«, sagte Kathrin und drückte mir eine Tüte in die Hand. »Schenk ich dir.«
    Es war der schwarze Hosenanzug. Ich umarmte erst Kathrin, dann Sabine, die den Kopf schief legte und mich prüfend ansah.
    »Wenn du mich fragst, ich glaube, bei dir geht’s erst richtig los.«
    »Ach, Quatsch«, wehrte ich ab. »Ich bin doch nur eine übergewichtige, faule Hausfrau.«
    Sabine grinste. »Und denk dran: Das Leben ist kein Reihenhaus!«
    Sie hatte recht. Das Leben war kein Reihenhaus. Es war bedeutend unübersichtlicher. Aber vielleicht mußte man auch gar nicht wissen, wo das Klo war, wo die Küche, und wo die Schlafzimmer …

    Am nächsten Abend stellte ich Friedrichs Koffer vor die Haustür.
    Wir saßen beim Essen, als es an der Tür kratzte. Jemand versuchte, den Schlüssel ins Schloß zu kriegen.
    Es klingelte. Ich tat, als hörte ich nichts. Queen Mum trug den Ausdruck höchster Mißbilligung im Gesicht.
    Lucy kaute mit gesenktem Blick auf einer Brotscheibe herum. Jonas, der in eine dicke Decke gewickelt auf der Küchenbank saß, schaute ängstlich zu mir.
    Ich hatte die Devise ausgegeben, daß Friedrich das Haus nicht betreten dürfte, solange ich da wäre. Und ich hatte beschlossen dazubleiben. Er war der Ehebrecher, es bestand überhaupt kein Grund, daß ich das Haus verließ.
    »Und wenn er wieder lieb ist?« fragte Jonas zaghaft.
    Es gab mir einen Stich. Aber solange Friedrich es mit Doro trieb, sollte er bleiben, wo der Pfeffer wächst.
    »Ich rede bald mit Papa, dann werde ich sehen, ob er wieder lieb ist«, beruhigte ich Jonas.
    »Man kann doch nichts dafür, wenn man sich verliebt«, warf Lucy ein.
    Da konnte ich ihr schlecht widersprechen.
    Die Haustürglocke war verstummt, ich hörte ein Auto wegfahren. Kurz darauf klingelte das Telefon. Ich ließ es klingeln.
    Das Klingeln hörte auf. Und wenn es doch Rilke war?
    Nervös umkreiste ich das Telefon. Wenig später klingelte es wieder.
    Ich riß den Hörer von der Gabel.
    Friedrich.
    »Anna, was soll das, warum sperrst du mich aus?«

    Er war hochgradig erregt, seine Stimme drohte zu kippen.
    »Soweit ich mich an Doros Wohnung erinnere, ist dort Platz für zwei. Auf jeden Fall ist das Bett groß genug.«
    »Hör auf, Anna! Laß uns miteinander reden.«
    »Klar reden wir miteinander. Aber ich entscheide, wann.« Damit legte ich auf. Den Rest des Abends ignorierte ich das Telefon, das noch ein paarmal klingelte.
    Als ich allein in unserem Ehebett lag, war meine muntere Überlegenheit wie weggeblasen. Quälende Fragen rotierten in meinem Kopf.
    Was war es, das ihn sechzehn Jahre Ehe aufs Spiel setzen ließ? War es das erste Mal, oder hatte es vor Doro andere Frauen gegeben? Hatte er wenigstens ein schlechtes Gewissen?
    Hatte ich denn eins? Nein, ich hatte nicht die Spur eines schlechten Gewissens. Was sich zwischen mir und Rilke abgespielt hatte, war etwas völlig anderes als Friedrichs hinterhältiger Treuebruch. Er hatte mich, ohne Grund und aus niederen Motiven, mit meiner besten Freundin betrogen. Ich hatte mich, schuldlos und ohne Absicht, in einen anderen Mann verliebt. Das konnte man nicht vergleichen.
    »Mami, darf ich reinkommen?« Lucy steckte den Kopf durch die Tür.
    Ich hob die Bettdecke hoch, sie schlüpfte zu mir und kuschelte sich an mich.
    »Es tut mir so leid«, flüsterte sie erstickt.
    Ihr Körper bebte. Ich streichelte sie sanft.
    »Was tut dir leid?«
    »Alles. Das mit Papa, daß ich so eklig zu dir war, daß du immer mit Omi streitest.«

    Ich seufzte tief. »Mir tut es auch furchtbar leid. Ich wollte alles richtig machen, und jetzt sieht es so aus, als hätte ich alles verbockt.«
    »Aber es ist nicht deine Schuld. Ich bin so sauer auf Papa, daß ich ihn am liebsten umbringen würde.«
    Ich küßte ihr tränennasses Gesicht.
    »Das verstehe ich. Aber wir müssen jetzt cool bleiben. Versprichst du mir, daß du’s versuchst?«
    Lucy nickte. »Du bist voll cool, Mami. Wie du Papa am Telefon hast abfahren lassen – hätte ich dir echt

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