Am Anfang war die Mail
war die Einzige, die alleine am Geländer stand und sich aufmerksam umschaute. Josh blieb stehen und beobachtete sie für einen Moment. Sie drehte sich genau in seine Richtung. Blickkontakt. Sophie lächelte sofort. Glücklich ging Jo auf sie zu. Beim Näherkommen sah er, dass sie ein Stück Krepppapier auf der Stirn kleben hatte. Darauf war mit feiner Handschrift ein Wort geschrieben: Schneewittchen.
»Hi«, sagte sie keck.
»Hallo.« Jo musste sich Mühe geben, sie nicht sofort fest in den Arm zu nehmen, um sie nie mehr loszulassen. Er schaute ihr in die Augen und versank darin. Sie waren rehbraun. Ihre langen Wimpern verliehen Sophie einen atemberaubenden Augenaufschlag. Sie trug braune feste Stiefel, Jeans, einen hellen Wintermantel … und leicht plüschige weiße Ohrenschützer. ›Solche Dinger hab ich ja schon ewig nicht mehr gesehen.‹
Passend dazu hatte sie einen weißen Schal umgelegt und feine Handschuhe übergestreift. ›Sophie ist bildschön!‹
Josh gab ihr einen sanften Kuss auf jede Wange und zog ihr das Stück Krepp von der Stirn.
»Das brauchen wir jetzt nicht mehr.« Er bot ihr den Arm an, und Sophie hakte sich unter.
Sie gingen am Main spazieren und redeten über alles Mögliche. Josh bemerkte eine leichte Rötung in Sophies Gesicht und fragte sich, ob dies von der Kälte oder der Aufregung herrührte. Sie plapperte fröhlich ohne Punkt und Komma. Gebannt lauschte er ihren Erzählungen. Er selbst kam fast gar nicht zu Wort.
»Entschuldige, bitte, ich kau dir ja wirklich gerade ein Ohr ab!« Verlegen schaute sie zu ihm auf.
»Schon okay. Es ist sehr interessant, was du erzählst. Und du hast eine sehr angenehme Stimme. Der hört man wirklich gerne zu.« Joshua konnte nicht aufhören, sie anzulächeln.
»Danke«, murmelte sie, ohne ihn anzuschauen. »Wenn ich aufgeregt bin, rede ich immer sehr viel.«
Sie setzten ihren Spaziergang auf der Sachsenhäuser Uferseite fort.
Da Sophie ebenso ein Filmfreak war wie Josh, bot dies reichlich Gesprächsstoff. Er genoss die Zeit mit ihr. Josh fühlte sich wohl. Zwischen ihnen herrschte eine natürliche Vertrautheit. ›Das Leben kann so schön sein, wenn man es nur lässt.‹
Doch als es immer dunkler wurde und die Stadt in ihrem eigenen Licht erstrahlte, nagte die Ungewissheit heftig an ihm. Er musste endlich herausfinden, was es mit der Geschichte auf sich hatte.
Auf dem Rückweg zur Innenstadt blieb Josh mitten auf der Fußgängerbrücke stehen. Er hielt Sophie am Arm fest, und sie drehte sich zu ihm herum.
»Sophie, ich muss dich das jetzt einfach fragen …« Josh rang nach den richtigen Worten. Das war schwerer, als er gedacht hatte. So oft schon hatte er sich diesen Moment vorgestellt. Wie er sie nach der Story in der ersten Mail fragte und sie lachend den Kopf schüttelte und ihm sagte, sie sei völlig gesund.
»Deine Geschichte, also, die du mir mal Anfang des Jahres geschickt hast …«
Sie blickte zu Boden. Natürlich wusste sie, worauf er hinauswollte.
Behutsam legte er ihr einen Finger unters Kinn und hob ihren Kopf sanft an. Sie blickte ihm wieder in die Augen.
»Bist du Nadia?« Er stellte die Frage, die ihn fast zehn Monate lang beschäftigt hatte mit rasendem Puls.
Sophie schwieg einen langen Moment, bis sie schließlich stammelte: »Sie … ich …« Doch bevor sie weiter sprach, wandte sie sich von Jo ab. »Wir sind uns sehr ähnlich«, sagte sie
»Ist die Geschichte wahr?«, fragte Josh weiter.
Sie lachte. »Ähm, ist dir aufgefallen, dass du in der Geschichte vorkommst?«
Er rollte mit den Augen. »Du weißt, was ich meine.«
›Wieso schaffe ich es nicht, direkt nach dem Tumor zu fragen?‹
Sophie lief langsam weiter. Hm, so kam er nicht an sie ran. Andere Taktik. »Warum hast du in einer E-Mail geschrieben, dass wir eh nicht zusammen sein könnten?« Josh wollte sie nicht bedrängen. Er sprach sanft und vorsichtig.
Diesmal bekam er eine Antwort. »Na ja, wie soll das denn bitte funktionieren? Ich möchte nicht zum Hassobjekt der Teenies werden. Ihr habt viel junges Gemüse unter euren Fans.« Provokant lächelte sie verschmitzt.
»Und das ist der einzige Grund?« Jo ging ein paar Schritte auf sie zu.
Sie blickte wieder zu Boden. »Na, ich denke eben, es wäre zu kompliziert. Aber Themenwechsel, bitte.« Sie nahm seine Hand und zog ihn schwungvoll vorwärts. »Komm, ich zeig dir was!«
Sie führte ihn zu einem Punkt, von wo aus man die beste Aussicht auf die beleuchtete Skyline hatte.
»Wow!« Joshua war
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