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Am Dienstag sah der Rabbi rot

Am Dienstag sah der Rabbi rot

Titel: Am Dienstag sah der Rabbi rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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sich durchgehen lässt. Außerdem wird niemand ihre Geschichte bezeugen können. Mich hat keiner gesehen, dafür habe ich gesorgt.»
    «Aber warum?»
    «Weil meine Ehe daran kaputt-, wahrscheinlich zu Ende gehen würde. Verstehen Sie das nicht? Ich liebe meine Frau.»
    «Eben haben Sie gesagt, Kathy zu lieben.»
    «Und? Monogamie ist eine gesellschaftliche Institution, sie ist kein Naturgesetz. Ich würde nicht mit Kathy ins Bett gehen, wenn ich sie nicht liebte. Aber das heißt nicht, dass ich meine Frau nicht auch liebe. Wenn Sie zehn Jahre jünger und kein Rabbi wären, könnten Sie das vielleicht verstehen.»
    «Ich war zehn Jahre jünger und zu der Zeit kein Rabbi», sagte er gutmütig, «und ich habe ein gutes Gedächtnis. Ich möchte Sie verstehen.»
    «Na gut», sagte Roger Fine. «Meine Frau und ich führen eine gute Ehe. Im Bett haben wir Spaß miteinander. Jetzt gerade bekommt sie mein Kind, und ich bin froh, dass sie es ist, mit der ich ein Kind haben werde. Aber Kathy – wissen Sie, Edie ist ein nettes, anständiges, bürgerliches jüdisches Mädchen. Das ist eine gute Sorte, aber sie hat ihre Grenzen. Mit Kathy – oh, wir haben uns begehrt, und als wir zusammenkamen, unterwarf sich jeder dem anderen mit seinem Geist, seiner Seele und seinem Körper. Es war gut, und darum kann es nicht falsch sein.»
    «Ich begreife das.»
    «Ja, wirklich?», fragte Fine. «Begreifen Sie es wirklich?»
    «Natürlich. Sie möchten Ihren Kuchen behalten und ihn gleichzeitig auch aufessen.»

48
    «Ich riskiere meinen Kopf, ist Ihnen das klar?», sagte Chef Lanigan, als er den blauen Polizeiwagen mit dem goldenen Polizeiwappen von Barnard’s Crossing in den dichten Verkehr auf der Route 128 lenkte.
    «Weil es in Swampdale ist und nicht in Barnard’s Crossing?», fragte der Rabbi. «Ach, das ist nur eben über der Grenze.»
    «Nein, um Swampdale geht’s nicht. Barney Rose ist ein guter Freund von mir und macht sich nichts draus, wenn ich einer reinen Routinesache wegen auf sein Territorium übergreife. Nein, ich denke an die Polizei von Boston. Das ist ihr Fall, und sie könnten sehr unfreundlich auf eine Einmischung reagieren.»
    «Ja, das verstehe ich», sagte der Rabbi. Seine Miene hellte sich aber gleich auf. «Genau genommen überprüfen Sie ja nur die Geschichte von Kathy Dunlop. Wenn Sie entdecken, dass ein Mann mit ihr im Motel gewesen ist, ein rothaariger Mann, der hinkte, der Professor Fine sein könnte, der in Barnard’s Crossing wohnt, dann fällt das doch unter Ihre Gerichtsbarkeit.»
    «Ja, ja, David, vielleicht sind solche Haarspaltereien bei Ihren rabbinischen Freunden akzeptabel, aber ich würde sie nicht so sehr gern bei Schroeder oder Bradford Ames ausprobieren.» Er warf einen Blick auf seinen Begleiter. «Nicht dass mir das Kummer macht, ich maule nur ein bisschen. Das ist die Art von Konversation, die Bullen führen.»
    «Auf jeden Fall bin ich dankbar, dass Sie sich die Mühe machen.»
    «Ach, das ist keine Mühe.» Lanigan fiel etwas ein; er lachte. «Haben Sie auch bestimmt keine Angst, dass der Mann vom Motel Sie für den betrogenen Ehemann halten könnte?»
    «Der Gedanke ist mir auch schon gekommen», antwortete der Rabbi lachend. «Wissen Sie was über den Laden? Über seinen Ruf?»
    «Früher waren es immer Hühner», sagte Lanigan scheinbar ganz aus dem Zusammenhang gegriffen. «Ein Mann arbeitete sein ganzes Leben, sparte sich ein bisschen Geld und fand dann heraus, dass er die Stadt, den Schmutz und den Lärm leid war. Er und die Frau schwärmten vom Landleben, und dann setzte ihnen einer die Idee von der Hühnerfarm in den Kopf. Gerade genug Arbeit, um nicht ganz abzustumpfen, frische Landluft und ein regelmäßiges Einkommen durch die Eier und das Geflügel. Joe Gargan, der als Lieutenant den Abschied nahm, war ganz versessen darauf. Er hat mir erzählt, was man für das Futter zahlt, und was man für die Eier bekommt und was für die Viecher selbst. Es konnte einfach nicht schief gehen. Nur, dass eben manchmal die Futterkosten stiegen, und man dann nichts verdiente. Manchmal konnte auch der gesamte Bestand an einer Krankheit eingehen. Und dann kamen andere Ausgaben dazu, mit denen man nicht gerechnet hatte. – Na ja, jetzt sind die Hühner passé. Jetzt sind Konzessionen die Masche, wenn ich recht unterrichtet bin. Man zahlt seine gesamten Ersparnisse und verschuldet sich noch weiß Gott wie hoch, um einen Stand aufzumachen, an dem man für jemand anderen Würstchen oder Buletten

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