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Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition)

Titel: Am dreizehnten Tag: Die Bestimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Mengel
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ihm ohne weiteren Protest die Treppe hinunter und stieg in den vor der Tür geparkten Wagen.
    Sie verließen die Stadt. Im Auto herrschte Stille. Rechts und links säumten Bäume die kurvigen Landstraßen. Susanna starrte aus dem Fenster.
    So ein Mist . Sie hatte völlig vergessen, dass Patrick auf ihren Anruf wartete. Daran war wohl vorerst nicht zu denken. Aber wahrscheinlich war es ohnehin besser, sie würde erst einmal herausfinden, wohin die Reise eigentlich ging.

6.                   Gestrandet im Nirgendwo
     
    S chon seit zwei Stunden brausten sie dahin. Sanfte Hügel gingen in schroffe Felsen über. Stetig fuhren sie höher hinauf. Hin und wieder durchquerten sie ein Dorf. Insgesamt wurde die Gegend zunehmend karger.
    Bald darauf tauchten sie in eine waldreiche Region ein. Die Bäume vermischten sich vor Susannas Augen zu einem grünen Brei. Das Dämmerlicht im Wald tat das Übrige. Susanna gähnte, bald fiel sie in einen unruhigen Schlummer.
    Als der Wagen abbremste, schrak sie auf.
    „Wir sind da.“ Albin drehte sich zu Susanna um. „Bitte Aussteigen.“ Es klang fröhlich, doch das kaufte sie ihm nicht ab. Wortlos verließ sie das Auto. Wo um alles in der Welt befanden sie sich?
    Albin hatte mitten auf einem leeren Marktplatz geparkt. Der Platz war von Häusern aus grob behauenen Steinen umgeben. Ein kalter Wind ließ Susanna frösteln.
    „Wo genau, ist da? “, fragte sie sarkastisch.
    „ Lesancé“, erwiderte Albin knapp.
    „Und was wollen wir in Lesancé ?“ Susanna betonte jede einzelne Silbe.
    „Du wirst eine Weile bei deiner Großcousine Antoinette wohnen. Ich fahre heute Abend zurück.“
    Wie bitte? Susanna meinte, nicht richtig verstanden zu haben. Sie kannte diese Cousine kaum. Und nun wollte Albin sie bei ihr zurücklassen?
    „Das kannst du vergessen. Nie und nimmer bleibe ich hier.“ Susanna prustete und wies auf die wenigen Häuser. „Papa, das ist tiefste Provinz. Warum willst du mich überhaupt so plötzlich loswerden?“
    „Schatz, du verstehst das falsch.“ Er wirkte bestürzt. „Glaube mir. Es ist doch alles nur zu deinem Schutz.“
    „Schutz? Wovor?“
    „Du musst mir vertrauen. Ich möchte dich nicht auch noch verlieren.“
    Albin wandte sich um, öffnete den Kofferraum und hob die Reisetasche heraus.
    „Kommst du?“
    Widerstrebend folgte sie ihm. Sie überquerten den Marktplatz und gingen etwa fünfzig Meter die angrenzende Straße entlang. Vor einem zweiflügeligen Tor hielten sie an. Albin schlug mit der Faust dagegen. Dumpf hallte das Geräusch durch die Abendluft.
    Es dauerte einige Minuten, bis sich jemand an dem Durchgang zu schaffen machte. Es klapperte und quietschte, bis endlich einer der Torflügel knarzend nach innen schwang. Eine hagere Frau von undefinierbarem Alter erwartete sie.
    „Albin?“
    „Antoinette“, erwiderte er, während er ihr in den Innenhof folgte. Lustlos schlich Susanna hinterdrein.
    Wow! Sie blieb stehen. Mehrere Bruchsteingebäude umringten den Hof. Unter einer Kastanie stand eine Staffelei, daneben plätscherte ein Brunnen. Von den Ästen des Baumes wallten bunte Stoffe herab, an den Hauswänden hingen Leinwände mit gemalten Landschaften und überall standen Podeste, auf denen Skulpturen aus Glas oder Ton ausgestellt waren.
    Hier lebte eindeutig eine Künstlerin. Einen kurzen Moment lang fragte sich Susanna, wieso sie noch nie in Lesancé gewesen waren. Dann jedoch rief sie sich den Gesichtsausdruck der Cousine ins Gedächtnis.
    Albin und Cousine Antoinette - was für ein bescheuerter Name – betraten das Hauptgebäude. Susanna beeilte sich, hinterher zu kommen. Drinnen schrak sie zurück. Das Innere der Räume stand in krassem Gegensatz zur Heiterkeit des Hofs. Schwere, dunkle Möbel füllten die Zimmer bis in die letzte Ecke.
    Antoinette führte sie eine Treppe hinauf und einen düsteren Flur entlang, vorbei an hohen Türen. Schließlich öffnete sie eine davon.
    „Hier könnt ihr bleiben“, erklärte sie.
    „Susanna bleibt“, antwortete Albin. „Ich fahre gleich wieder.“
    „Also dein Zimmer“, sagte Antoinette und schob Susanna durch die Tür. „In einer Stunde sehen wir uns unten zum Abendessen. Ich bespreche mich in der Zwischenzeit mit deinem Vater.“
    Susanna blieb allein zurück. Seufzend hievte sie die Reisetasche in die Mitte des Raumes. Was nun? Sie sah sich um. Im Gegensatz zum Rest des Hauses wirkte dieses Zimmer hell und freundlich. Ein breites Bett stand unter einem der Fenster,

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