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Am Ende bist du mein

Am Ende bist du mein

Titel: Am Ende bist du mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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einer Afro-Amerikanerin wäre der Schädel runder und bei einer Asiatin das Gesicht breiter und flacher und die Wangenknochen ausgeprägter.»
    «Und ihr Alter?»
    «Grob geschätzt – sehr grob – würde ich sagen, Ende zwanzig. Die Verbindung der Schädelknochen ist so gut wie abgeschlossen, aber noch nicht vollständig wie bei einem Menschen Ende dreißig.» Zur Verdeutlichung zog Alex mit dem Finger Linien über seinen Schädel. «Wenn wir sie ganz ausgegraben haben, kann ich mehr über ihr Alter sagen.»
    «Erklär mir das näher.»
    Sorgfältig begann Alex, das Wachspapier seines Sandwichs zu falten. Ungeduldig beugte Tess sich zu ihm vor und stellte fest, dass er nach Erde und Seife roch. «Die Schamfuge verändert sich mit dem Alter. Bei Teenagern ist sie knorpelig und glättet sich zwischen zwanzig und dreißig. Bei Vierzigjährigen fängt sie an brüchig zu werden.»
    Tess versuchte, sich die Frau vorzustellen, aber die wenigen Anhaltspunkte brachten sie nicht weit. Eine Weiße, Ende zwanzig. Gesicht, Haarfarbe, Beruf, Freunde – nichts davon war ihr bekannt. «Seit wann liegt sie schon in der Erde?»
    «Seit ein paar Jahren. Länger nicht.»
    «Demnach keine der früheren Dienstboten der Thorntons.»
    «Nein. Die Knochen fühlen sich immer noch fettig an. Grüne Knochen, wie wir sie nennen. Hätte die Tote dort hundert oder fünfzig oder auch nur zwanzig Jahre gelegen, wären sie trocken.»
    «Und wie lang hat man solche grünen Knochen?»
    «Bei einer Leiche mit Luftkontakt ein Jahr oder auch weniger. Aber unsere Tote lag fast einen Meter unter der Erde, deshalb würde ich mit ein paar Jahren rechnen.»
    «Und was war das für ein Geruch? Wie von Kerzenwachs.»
    «Das sind Knochenmarksubstanzen. Die können sich für einige Jahre halten.»
    Tess zerknüllte ihr Wachspapier und warf es in den Abfalleimer. «Also haben wir eine Weiße, Ende zwanzig, die vor weniger als fünf Jahren gestorben ist, und die ungefähr – sagen wir, einen Meter fünfundsechzig groß war?»
    «Ungefähr.»
    «Und die Todesursache?»
    «Schwer zu sagen. Die Schädelverletzung kommt durch den Arbeiter, aber soweit ich feststellen konnte, ist da auch noch eine Schusswunde. Näheres erkenne ich erst im Labor.»
    «Ich habe jede Kelle Erde durchsiebt, aber eine Kugel habe ich nicht gefunden. Aber womöglich liegt sie ja unter dem Skelett.»
    «Das werden wir heute noch erfahren.»
    «Ich möchte gern wissen, wie es mit dem Fall weitergeht. Du hältst mich doch auf dem Laufenden, oder?»
    «Versprochen.»
    Tess leerte ihren Becher Kaffee. «Glaubst du, daneben liegt noch eine zweite Leiche?»
    «Ich befürchte, ja.»
    Tess beäugte die beiden restlichen Sandwiches, beschloss aber, keins mehr zu essen. Ihre Gedanken wanderten zu dem Mörder. «Ich frage mich, warum die ausgerechnet hier vergraben wurden.»
    «Das ist doch logisch. Vor drei oder auch fünf Jahren warhier niemand außer den Thorntons, und kein Mensch hätte gedacht, dass das Land jemals verkauft würde.»
    Tess stand auf, schob Alex die Sandwiches zu und trat an die Tür. «Vielleicht ist sie ja sogar hier erschossen worden.» Sie starrte in die Dunkelheit. «Sie muss vor Angst außer sich gewesen sein.»
    «Zweifellos.»
    «Du sagst das so nüchtern. Denkst du nie über die Opfer nach? Darüber, wie sie vor ihrem Tod waren?»
    «Ich denke über ihre Lebensgewohnheiten und Verhaltensmuster nach, sofern sie sich auf die Todesursache beziehen, aber darüber hinaus? Nein. Über sie nachzudenken wäre zwecklos.»
    Tess wandte sich um. Normalerweise schätzte sie die Logik von Alex, aber diesmal ging sie ihr gegen den Strich. «Versuchst du denn nie, dich in ein Opfer hineinzuversetzen? Willst du nie wissen, was so jemand als Letztes gesehen hat?»
    Alex’ Blick richtete sich auf sie. «Leichen und Knochen sind lediglich Beweismaterial. Sie als einst lebende Menschen zu betrachten, wäre kontraproduktiv.»
    «So kann ich nicht denken», sagte Tess. «Selbst wenn ich versuchen würde, mich dazu zu zwingen.»
    «Es wäre aber besser», erwiderte Alex. «Denn sonst wird man verrückt.»

Acht
    Dienstag, 26.   September, 21.00   Uhr
    Gage beendete sein Telefonat und fuhr über einen Waldweg zum Haus der Wells’. Soeben hatte Butler ihm verkündet, dass das Skelett freigelegt sei, die Knochen aber noch verstaut werden müssten. Kugeln habe er bislang keine gefunden, aber Tess und er würden für heute Schluss machen. Am nächsten Morgen gehe die Arbeit weiter.
    Auf der

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