Am Ende bist du mein
Säulen, den Schimmel, der sich in die weißgekalkte Holzverschalung fraß, und die Lücken, dort wo die Dachpfannen dem Sturm zum Opfer gefallen waren.
Dann stieg sie die Stufen hoch und betrat die Eingangshalle, die zu einer breiten Treppe und einem langen Flur führte, der das Erdgeschoss teilte. Lichtschäfte fielen aus offenstehenden Türen.
«Mrs. Wells?», rief sie.
Mrs. Wells spähte aus dem vorderen Salon hervor. Die Haushälterin war Ende fünfzig, mit kurzen rötlich-grauen Locken und einer rundlichen Figur, die ihr Sweatshirt und ihre Jeans prall ausfüllte. Sie und ihr Mann Dwayne lebten nur wenige Meilen entfernt und hatten sich seit vierzig Jahren um das Anwesen gekümmert. Sie betupfte sich ihre rotgeränderten Augen. «Ja, Ma’am?»
Adrianna musterte sie besorgt. «Ist was passiert?»
Mrs. Wells schniefte. «Ach wo. Ich bin nur traurig, weil das Haus in andere Hände übergeht. So viele Erinnerungen. Trotzdem, schönen Dank, dass Sie fragen, Mrs. Thornton.»
«Bitte, nennen Sie mich Adrianna.»
«Ich glaube, das wäre nicht recht», lächelte Mrs. Wells verlegen.
Du lieber Himmel, dachte Adrianna, die Frau war gerade mal dreißig Jahre älter als sie. «Wir leben doch nicht mehr im neunzehnten Jahrhundert.»
Ein Anflug von Humor blitzte in Mrs. Wells’ blassgrünen Augen auf. «Kommt drauf an, mit wem Sie reden. Ein paar Leute hier in der Gegend würden das mit Sicherheit bestreiten. Wenn Sie mich fragen, warten hier etliche noch darauf, dass die Konföderierten sich wieder erheben.»
«Ja, wahrscheinlich.» Adrianna folgte Mrs. Wells in den Salon.
Über den Möbeln hingen weiße Laken, und die Teppiche waren aufgerollt worden. Die Einrichtung wurde ebenfalls verkauft. Nur die Gemälde hatte Adrianna behalten. Sie lehnten in Schutzrahmen an der Wand. In gut einer Woche würden sie in einem Auktionshaus zum Verkauf angeboten. Der Erlös sollte der Säuglingsstation im Mercy Hospital zugutekommen.
«Sieht aus, als hätten Sie hier unten schon das meiste erledigt.»
«Die Möbel in den beiden vorderen Räumen habe ich poliert und abgedeckt. Nur um das, was oben steht, muss ich mich noch kümmern.»
«Bringen Dwayne und Ben heute alles ins Lager?» Dwayne Wells und seinem Sohn Ben gehörte ein gutlaufendes Transportunternehmen, das auf Antiquitäten und Kunst spezialisiert war. Adrianna hatte mehrfach mit ihnen zusammengearbeitet.
«Ben lässt Ihnen ausrichten, dass sie das morgen früh als Erstes machen. Heute führen sie einen anderen kleineren Auftrag durch. Morgen werden auch die Gemälde zum Auktionshaus geschafft.»
«Werden Sie denn bis dahin fertig?»
«Ja, Ma’am.»
«Schön. Mr. Mazur möchte das Haus in tadellosem Zustand übernehmen.»
«Entschuldigen Sie, wenn ich das frage, aber lässt Mr. Mazur nicht sämtliche Leitungen im Haus neu verlegen?»
«Doch. Und seine Arbeiter werden die Wände aufreißen. Weshalb er das Haus geputzt haben will, ist mir ein Rätsel. Aber bitte, er ist der Käufer.»
«Na, dann soll er seinen Willen haben.»
Adrianna schaute auf ihre Uhr. «Ich muss hinaus zu den Gräbern.»
«Dr. Heckman ist auch auf dem Weg dahin. Ich habe ihn gesehen.»
Adrianna presste die Lippen zusammen. «Ich wette, er hat die öffentliche Ankündigung in der Zeitung gelesen.» Eine solche Anzeige war vom Bundesstaat Virginia vorgeschrieben.
Für lange Zeit war Dr. Cyril Heckman ein Freund von Frances Thornton gewesen, insbesondere in den letzten Jahren vor ihrem Tod. Das Anwesen der Thorntons zu erhalten, wie es seit Generationen gewesen war, betrachtete er als seine Mission. Um den Verkauf zu unterbinden, hatte er im Frühjahr eine Klage eingereicht, doch die hatte Adriannas Anwalt niedergeschlagen.
«Ich könnte Dwayne oder Ben anrufen. Die würden ihm Beine machen.»
«Ein verlockender Gedanke, aber ich werde schon selbst mit ihm fertig.»
Mrs. Wells blies sich eine Haarsträhne aus den Augen. «Ich mag den Mann nicht, selbst wenn Miss Frances ihn gern hatte.» Mrs. Wells war Frances Thornton über deren Tod hinaus treu ergeben, denn sie hatte ihr das Cottage des Hausverwalters mit einem Stück Land vermacht.
«Wenn die Möbel und die Gemälde fort sind, soll Ben mir die alten Sachen aus dem Keller holen», sagte Adrianna.
«Warum wollen Sie sich damit belasten? Das kann ich doch für Sie machen.»
«Nein, ich glaube, das erledige ich lieber selbst.»
«In den Kisten da unten dürfte das Zeug von drei
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