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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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Besuch zu Thanksgiving und zu Weihnachten, hin und wieder ein Telefonat und eine E-Mail, mehr war es meistens nicht. Fiona hatten sie noch nicht kennengelernt. Ich war auch kein sonderlich großer Fan von solchen Familienzusammenkünften. Meistens wollten sie immer irgendwelche Dinge wissen, die ich nicht beantworten konnte. Oder wollte.
    Fiona sah das offensichtlich anders. Sie sprach mit ihrer Mutter mehrere Male in der Woche, und mich hatte sie auch schon in ihr Elternhaus geschleppt, ohne dass ich mich dagegen wehren konnte. Und auch dieses Mal musste ich mich fügen.
     
    ***
     
    Das Essen begann wie erwartet. Es gab eine steife Vorstellungsrunde, wobei mein Vater sich die größte Mühe gab, Fiona und ihre Mutter mit abgedroschenen und oftmals sexistischen Witzen zu beeindrucken, während er Fionas Vater eher ignorierte. Meine Mutter hingegen bemühte sich, wegen der Witze meines Vaters nicht allzu sehr die Augen zu verdrehen. Und sie fragte Fiona höflich nach dem Rezept für den Schweinebraten, noch bevor sie ihn überhaupt probiert hatte.
    Ich hielt mich an meinem Weinglas fest, bis Fiona zu Tisch bat und sich jeder einen Platz suchte, an dem er sich am wenigsten unwohl fühlte, was nicht ganz einfach war.
    Glücklicherweise schmeckte das Essen ausgezeichnet und dank des Alkohols lockerte sich auch die Stimmung auf. Hin und wieder lachte sogar jemand über die Witze meines Dads, hauptsächlich Fionas Vater. Er war ein etwas zu kurz geratener Mann mit militärisch kurzem Haarschnitt. Früher war er Detective gewesen wie sie, befand sich jetzt allerdings bereits im Ruhestand. Ihre Mutter hatte mal irgendeinen Beruf gelernt, an den sie sich kaum noch erinnern konnte, da sie seit der Geburt ihrer Kinder zu Hause geblieben war – der klassische Werdegang einer Mittelstandsfrau. Nachdem ihr Sohn bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, hatte sie jedoch eine zweite Karriere als Sozialarbeiterin in einer Selbsthilfegruppe begonnen, eine Tätigkeit, die ihr Spaß machte und die sie bis heute ausübte.
    Meine Mutter hatte nie aufgehört zu arbeiten. Meine Eltern besaßen eine Dachdeckerfirma, in der sie die ganze Bürotätigkeit erledigte, während mein Vater die Mitarbeiter leitete und Aufträge akquirierte. Früher hatte er noch selbst auf den Dächern gestanden, doch seit seinem Herzinfarkt vor fünf Jahren durfte er das nicht mehr. Meine Mutter hatte es ihm verboten.
    Nach dem Dessert kam ein richtig nettes Gespräch in Gang, bei dem ich leider nicht so richtig interessiert teilnahm, weil sich meine Gedanken schon wieder – oder immer noch – um die toten Nutten drehten. Es gab ganz offensichtlich Zusammenhänge zwischen den Morden. Beide Frauen waren zu einer Party eingeladen worden, beide waren erschossen und auf ungewöhnliche Weise beseitigt worden. Beide waren Prostituierte gewesen. Vielleicht hatte ihr Job doch eine Bedeutung in dem Fall. Hatte es jemand nur auf Nutten abgesehen? Oder hatten beide etwas auf der Straße gesehen, was ihnen zum Verhängnis wurde, und die Limousine war nur ein Mittel, sie aus ihrem Umfeld zu entführen? Aber wieso war sie von mehreren Tätern erschossen worden? Rose hatte ebenfalls mehrere Schusswunden davongetragen. Dass die aus verschiedenen Waffen stammten, darauf hätte ich mein nächstes Gehalt verwettet. Oder hatte die erste Nutte, Loreen, etwas bemerkt, dies ihrer Freundin Rose erzählt, so dass diese ebenfalls sterben musste? Waren die beiden überhaupt Freundinnen? Kannten sie sich überhaupt? Ich wusste noch viel zu wenig über die beiden. Das musste ich unbedingt ändern.
    »Oder was sagst du, Alexander?«, drang auf einmal die Stimme meiner Mutter an mein Ohr. Wenn sie mich Alexander nannte und nicht Alex oder Al, war das kein besonders gutes Zeichen.
    Ich sah sie ertappt an. »Ich habe keine Meinung dazu«, sagte ich lapidar, in der Hoffnung, dass sie mich dann in Ruhe ließ. Doch das war offensichtlich die falsche Antwort.
    »Du musst doch eine Meinung zur Politik unseres Präsidenten haben!«, brauste mein Vater auf. »Wenn Obama den Wohlstand umverteilen will, hat es doch bald keinen Sinn mehr, sich den Buckel krumm zu schuften. Dann können Hinz und Kunz plötzlich leben wie die Made im Speck, all das faule Gesindel muss nichts tun und es geht ihm trotzdem gut.«
    »Ich finde es nicht so verkehrt, wenn alle Bürger gleich behandelt würden. Stell dir vor, nach deinem Herzinfarkt hättest du nicht mehr arbeiten können. Dann wärst du froh, nicht auf der

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