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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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welcher Traum auf diesen Nachtmahr gefolgt war; er schien ihm sehr wichtig gewesen zu sein. Gehörten diese Träume zu seinem Trainingsprogramm? Sie kamen ihm alle gleich vor. In der ersten Simulation an diesem Tag sollte er ein paar verzwickte Manöver durchführen, mithilfe seiner inneren Navigations-Datenbänke. Die schiere Menge an Inputs überwältigte ihn beinahe. Doch er war fest entschlossen, die Aufgaben zu meistern.
    Er flog einen Katarakt hinunter – eine Simulation, die ein bestimmtes Gebiet des Flux wiedergab, die man als Hurrikan-Kanal bezeichnete. Palagren und Voco nahmen die Positionen im Kiel und achtern ein, Legroeder fungierte als Lotse. Es bereitete ihm Mühe, das Schiff auf der Ideallinie mitten im reißenden Fluss zu halten. Rasant schossen sie durch die weiß schäumenden Stromschnellen und näherten sich dem Wasserfall, der jäh in eine ungeheure Tiefe abstürzte. Das aufgewühlte Wasser warf das Schiff von einer Seite auf die andere und drohte, es kentern zu lassen. In Legroeders Kopf vermischten sich die Daten der Navigationsbibliothek mit den Vorschlägen der taktischen Berater seiner Implantate und Canthas Warnungen. Das war ihm zu viel; er verlor die Übersicht. Wenn er die Implantate nicht abschaltete, würde er das Schiff bestimmt zum Absturz bringen.
    Plötzlich erinnerte er sich an den Traum, an das Gefühl der Ohnmacht, wie er hilflos in den verhedderten Fäden der Marionette zappelte.
    Als er sich anschickte, die Optimierer zu deaktivieren, erlosch die Szenerie rings um ihn her und Palagren brüllte: Wir haben keinen Sensor-Input mehr! Wir steuern nur noch mit interner Navigation.
    Legroeder fluchte. Cantha hatte einen Notfall simuliert und zwang ihn, die Implantate zu benutzen. Er fühlte, wie er auf ganzer Linie versagte. Konzentrieren, verdammt noch mal, ich muss mich konzentrieren!
    Auf einmal wusste er wieder, was er nach dem Traum mit der Marionette geträumt hatte – die Erinnerung traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Sämtliche Fäden hatten sich in Ströme aus Wasser verwandelt, die wie Geysire himmelwärts schossen.
    Com'peers Lavasturm fiel ihm ein, und wie er das Bild kontrollierte; durch ein inneres Signal hatte er es nicht auslöschen können, er beherrschte es, indem er es als ein landschaftliches Merkmal des Flux auffasste. Jetzt wusste er, wie er vorzugehen hatte. Er konnte diesen Schwall aus chaotischen Inputs steuern – vielleicht nicht mit den implantierten Kontrollen, sondern dadurch, dass er die Daten in Bilder umsetzte und sich ganz auf sein Unterbewusstsein verließ. Er stellte sich vor, alles würde sich in Wasserströme verwandeln. Er brauchte kein Orchester zu dirigieren; er musste nur durch seinen eigenen Geist riggen.
    Wie als Antwort auf seine Gedanken wich das Bild des weiß schäumenden Wildbachs zurück, und eine riesige Wasserfontäne spritzte in die Höhe. Einen Augenblick lang schien die Szene zu erstarren. Während das Schiff durch die Wellen pflügte, sah er einen donnernden Brecher aus Gischt, der nicht zu den aufgewühlten Wassern des Flux gehörte; wie ein Tsunami breitete sich dieses Abbild in seinem Geist aus. Es handelte sich um Datenströme aus den Implantaten, die sich zu einer gewaltigen, sich überschlagenden Woge vereinigten. Im Innern dieser Welle erkannte er die silbern glitzernden Fäden von einem Dutzend oder mehr individuellen Inputs. Er berührte die Ströme, und sie fügten sich seinem Willen. Anfangs fiel es ihm noch schwer, doch mit wachsender Geschicklichkeit modellierte er sie zu Strukturen um, die sich ihm je nach Wunsch zuwandten oder sich von ihm entfernten.
    Er merkte, wie er die Kontrolle über das Schiff zurück erlangte. Die schlingernden und stampfenden Bewegungen hörten auf, und die hinter ihm positionierten Narseil rückten zu einer engeren Formation zusammen. Die Koordination stimmte wieder. Das Schiff mit den drei Riggern an Bord rauschte durch den Hurrikan-Kanal, fiel einen blendend weißen Wasserfall hinab und ließ sich von einer kräftigen Strömung zu Tal tragen. Legroeder lachte triumphierend und hörte, wie die Narseil beifällig zischten. Er wusste, er hatte diese Prüfung bestanden, und an diese Lektion würde er sich noch lange erinnern.
    *

    Während der nächsten zwei Tage trainierte er so viel, dass alles in einem Nebel zu verschwimmen schien. Die elementaren Rigger-Übungen wurden durch Simulationen von Gefechten ergänzt, und bald steuerte Legroeder das fiktive Schiff mit demselben

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