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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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wahnwitzigen Eifer, mit dem er einst ein Scoutschiff aus dem verminten Außenposten DeNoble laviert hatte. Er fühlte sich in seinem Element, und im Verlauf seiner Gefangenschaft hatte er oft genug Schiffe gelenkt, derweil Kampfhandlungen im Gange waren. Doch nun gab es ein Problem, das ihn immer wieder Fehler begehen ließ.
    Es lag an seinen Rigger-Gefährten, den Narseil.
    Er hatte schon immer gewusst, dass die Narseil über einen geradezu unheimlichen Sinn für Zeit verfügten, eine Eigenschaft, die sie zu exzellenten Riggern machte. Und nun erlebte er dieses ausgeprägte Zeitgefühl aus erster Hand. In ihrer Sprache nannten sie es Tessa'chron , was übersetzt in etwa »Zeitdehnung« bedeutete. Diese Form eines temporalen Beharrungszustands befähigte sie, die »Gegenwart« vorn und achtern als einen zeitlichen Fleck zu sehen; unter gewöhnlichen Umständen dauerte diese Wahrnehmung eine Sekunde lang an, in einer Stresssituation wurde sie bis hin zu mehreren Sekunden hinausgezögert. Eine Schlacht, selbst wenn sie simuliert war, genügte, um diese Anspannung zu erzeugen. Zweifelsohne war es nützlich, ständig einen flüchtigen Blick in die nächste Zukunft werfen zu können, doch für Legroeder bedeutete es, dass er stets einen halben Schritt hinterher hinkte. Die Implantate waren ihm eine große Hilfe; zwar verschafften sie ihm nicht dasselbe Zeitgefühl, doch sie vermochten einige der Informationen zu interpretieren, die die Narseil ins Netz hineinwoben. Aber das hieß auch, dass Legroeder sich auf eine völlig neue Ebene der Implantat-Funktionen einstellen musste.
    Dazu bedurfte er es der Übung. Einer Menge Übung.
    Unterdessen verbuchte die Rigger-Crew für sich sechs Siege und drei Niederlagen gegen programmierte Feinde, wobei die Gegner jedes Mal personell und waffentechnisch in der Übermacht waren. Fre'geel, der Missionskommandant, fand ihre Fortschritte zufrieden stellend und ordnete zusätzliche Manöver an.
    *

    »Wir sind so weit. Es kann losgehen«, verkündete Cantha am nächsten Tag beim Frühstück. »Heute Abend gehen wir an Bord, und im Lauf der Nacht brechen wir auf.«
    Legroeder war wie vor den Kopf geschlagen.
    »Ist das für Sie ein Problem? Sind Sie noch nicht bereit?«
    »Na ja – nicht, um in eine Festung einzudringen.« Plötzlich wünschte sich Legroeder, er könne noch ein paar Tage länger trainieren. Die eigentliche Strategie blieb ihm nach wie vor schleierhaft. Er sehnte sich danach, irgendwo auf einer friedvollen Wiese zu liegen.
    Der Narseil kicherte, ein beinahe melodiöses Geräusch. Während ihrer Zusammenarbeit in den letzten Tagen schien Cantha gelernt zu haben, Legroeders Empfindungen ziemlich präzise zu deuten. »Keiner von uns reißt sich darum, abzufliegen. Keine Sorge, auf dem Schiff trainieren wir weiter. Aber Sie wissen ja – ab einem gewissen Punkt müssen wir improvisieren. Wenn alles nach Plan verläuft, brauchen Sie und ich gar nicht zu kämpfen. Wir folgen einfach den Marines in die Festung hinein.«
    »Das wäre schön …«
    »Mit Ihrem Wissen über die Piraten und unseren Fähigkeiten, müsste es uns gelingen, relevante Informationen zu ergattern und nach draußen zu senden, ehe wir enttarnt und vernichtet werden.« In Canthas großen Amphibienaugen glitzerte so etwas wie Schalk.
    »Wollen wir's hoffen. Könnten Sie vielleicht den Ausdruck vernichten meiden, wenn Sie über unsere Erfolgschancen sprechen?«
    »Wenn Sie darauf bestehen«, gab Cantha zurück. »Sehen Sie, heute ist unser letzter Tag in der Basis. Was halten Sie davon, wenn wir mit dem Training aussetzen und etwas von unserem köstlichen …« – er suchte nach dem richtigen Wort – »ich glaube, die Menschen würden es als Bier bezeichnen. Mögen Sie Bier?«
    »Sehr gern sogar.«
    »Dann lassen Sie uns feiern, mein Freund.«
    *

    Wie es sich herausstellte, feierten alle an der Mission beteiligten Narseil mit. Außerdem entpuppten sich die Narseil als wackere Trinker. Sie vertrugen wesentlich mehr Alkohol als Legroeder. Schon nach einem halben Glas dieses fermentierten Gebräus hatte er einen Schwips; es schmeckte nach einer Mischung aus Kokosmilch und einem Getränk, das man Malzbier nannte und das in Rigger-Kneipen beliebt war. Das Bier der Narseil war nicht nur hochprozentig, es wurde zudem in litergroßen Krügen serviert. Legroeder nuckelte schlückchenweise daran und beobachtete die Party als Zaungast. Aus den Narseil wurde er immer noch nicht klug, sie blieben ihm ein Rätsel, doch er

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