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Am Ende der Ewigkeit

Am Ende der Ewigkeit

Titel: Am Ende der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Carver
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Umfallen.
    »Dann mal los.«
    »Gönnen Sie mir eine kleine Pause, okay?«
    »Denken Sie, Ihre Feinde würden Ihnen eine Verschnaufpause gewähren?«

    *

    Das Training mit den Implantaten verlief gänzlich anders. Die Narseil hatte etwas in seinen Schädel eingepflanzt, das zuweilen eine Art kontrollierten Wahnsinn auslöste, und er musste lernen, damit umzugehen. Die Datenbanken, die Optimierer, die Erinnerungs-Speicher … jede dieser Vorrichtungen ließ sich einzeln meistern, aber wenn alle im Verbund aktiviert waren, kam es ihm vor, als müsse er eine Horde betrunkener Piraten beaufsichtigen.
    Während des Kommando-Trainings hatte er die Chips kaum gebraucht. Doch beim Rigger-Training bestanden seine Ausbilder darauf, dass er mit aktiven Implantaten übte. Seine Lehrer schienen seine Schwierigkeiten nicht zu verstehen, aber Legroeder kam es vor, als tobten sich wilde Tiere in seinem Kopf aus; seine Verwirrtheit und Frustration wurden verstärkt durch die Angst, die Optimierer könnten die Oberhand gewinnen.
    Palagren und Cantha brachten ihn in einen Simulationsraum mit Rigger-Stationen, die aussahen wie gigantische, in einem Winkel von fünfundvierzig Grad aufgeklappte Venusmuscheln. Legroeder klettere in eine hinein und lehnte sich gegen den weichen Muschelkörper – ein neurales Hydropolster. Die Schalen klappten zu, und er war von Dunkelheit und Stille umhüllt, lediglich das beruhigende Wispern der zirkulierenden Luft war zu hören. Er versuchte sich zu entspannen; er war allein mit seinen Gedanken … und den Implantaten. Eine Minute später erwachten die Komm-Geräte und das Netz zum Leben. Cantha bediente draußen das Kontroll-Zentrum. Obwohl er selbst kein Rigger war, galt er als Experte in Rigger-Theorie und befasste sich am Narseiller Rigging-Institut mit modernsten Forschungsprojekten. Er würde einen großen Teil des Trainings überwachen.
    »Sind Sie bereit?«
    »Von mir aus kann es losgehen.« Im nächsten Augenblick füllte sich Legroeders Kopf mit Stimmen: Bibliothek-Inputs, Datendisplays, Computer-Status-Berichte über alles und jedes, angefangen vom Rigger-Netz-Interface bis zur Funktionsweise seiner Nieren. Er bemühte sich, die Stimmen in den Hintergrund zu drängen, doch er schaffte es lediglich, die Lautstärke bis fast an die Grenze der Wahrnehmungsschwelle zu drosseln. Übrig blieb ein lästiges und sinnloses tiefes Brummen. Zum Schluss versuchte er einfach, die Stimmen zu ignorieren, die im Hintergrund eintönig daherleierten.
    Zuerst ließ Cantha ihn allein fliegen, damit er ein Gefühl für das Netz bekam und sich an die Ausrüstung der Narseil gewöhnte. Obwohl die Simulation nicht mit dem realen Flux zu vergleichen war, reagierte das Netz einwandfrei, als er durch virtuelle Luft-und Meeresströmungen ›flog‹. Nach einer Weile gesellte sich Palagren zu ihm, und dann ein zweiter Rigger mit Namen Voco. Den Rest des Tages übten sie mit Flugprogrammen, um gemeinsam ihr Geschick auf bekannten und unbekannten Sternenrouten zu vervollkommnen.
    Der nächste Tag verlief ähnlich.
    Legroeder fand es sehr schwierig, mit fremden Wesen in einer fremden Umgebung zu riggen und seinen Flugstil dem ihren anzupassen. Die Narseil waren unruhige Rigger – sie benutzten gern Meereslandschaften und wechselten häufig die Bilder, um neue Effekte oder Erkenntnisse zu erreichen. Als Legroeder seine Implantate zu Hilfe nahm, überschwemmte ihn eine Flut von Inputs. Und bald kämpfte die gesamte Crew, damit sie nicht die Kontrolle über das virtuelle Schiff verlor. Er war froh, dass es sich bloß um Simulationen handelte; vermutlich hielten die Narseil ihn für hoffnungslos inkompetent.
    »Sie müssen Ihre Optimierer steuern – sie Ihrem Willen unterordnen«, drängte Cantha. »Denn Sie sind ihr Herr und Gebieter. Sie sind wie der Dirigent eines dieser Sinfonieorchester der Menschen, und wie ein Orchesterleiter müssen Sie denken.« Legroeder kam sich eher vor wie ein Musiker, der versucht, ein Konzert auf einem Synthmixer zu produzieren, aber lediglich die Lautstärke zu regeln vermag, derweil ein ganzer Chor von Singstimmen durch seinen Schädel toste.
    Der Durchbruch gelang ihm am dritten Tag des Trainings. In der Nacht hatte er sich im Schlaf hin und her gewälzt und geträumt, er habe sich in den Fäden einer tanzenden Marionette verfangen. Hilflos mit den Händen rudernd, trachtete er danach, sich aus dem Gewirr von Schnüren zu befreien. Als er aufwachte versuchte er, sich daran zu erinnern,

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