Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
drüben an der Straße sitzen und den Flugzeugen zugucken?
Und dann fängt er was mit Matty an und kann hier rumhängen, solange er will,
und das — wie nennt ihr Stadtleute das noch mal? — , das Flair schnuppern. Aber
weil er dauernd unter Fliegern rumhängt — und sogar mit einer Fliegerin
zusammenlebt — , wird er unvorsichtig. Er fängt an, Fehler zu machen, Sachen zu
sagen, die ihn jedem, der richtig hinhört, sofort verraten. Und er macht einen
Haufen Fehler.«
    Einen Haufen Fehler — oder vielleicht
nur einen zuviel.

6
    »McCone! Hierher!«
    Ich schaute mich suchend um, konnte
aber nicht ausmachen, woher Hys Stimme kam. Es war jetzt klar und erstaunlich
warm, und das schöne Wetter hatte eine Menge Leute zu der Flugshow gelockt.
Noch immer strömten Menschen durch das Tor vom Parkplatz herein, viele mit
Kühltaschen, Decken und Klappstühlen beladen. Andere standen vor den
Imbißständen Schlange, füllten die Bänke, drängten sich gegen die niedrigen
metallenen Absperrgitter rings um das Flugfeld. Wieder andere sahen sich in dem
gestreiften Zelt um, wo ein Pilotenshop seine Waren feilbot, oder bewunderten
die Eigenbauten-Ausstellung des lokalen Vereins für experimentelles Fliegen.
    Schweißperlen standen mir auf der
Stirn, und ich fühlte mich in meinem zu dicken Pullover gefangen. Ich wischte
mir mit dem Ärmel übers Gesicht und beschirmte meine Augen mit dem Unterarm,
während ich weiter nach Hy ausspähte. Vom Geruch der mexikanischen
Spezialitäten eines nahen Imbißwagens und von der Hitze wurde mir etwas flau,
und ich wünschte, ich hätte Selby nicht den größten Teil meines Mittagessens
überlassen. Hy rief wieder nach mir. Ich wirbelte herum, und ein kleines
Mädchen rannte in mich hinein und kleckerte mir Eis auf den Fuß.
    Ein Raunen stieg aus der Menge auf. Die
Leute vergaßen vorübergehend ihre Colas und Würstchen, legten die Köpfe in den
Nacken, hielten sich die Hände über die Augen und verfolgten, wie die blaue
Bücker Jungmeister, mit deren Besitzer ich am Morgen gesprochen hatte,
Rauchstreifen an den Himmel malte. Das rote Zickzackmuster auf den oberen
Tragflächen war leicht zu erkennen, da sich die Maschine im Rückenflug befand.
    »Sehen Sie sich das an, Herrschaften«,
verkündete eine Stimme über Lautsprecher, »eine perfekte kubanische Acht.«
    Endlich entdeckte ich Hy. Er zwängte
sich gerade um ein Kamerateam von KXTV-News herum. Er faßte mich an der Hand,
führte mich in Richtung Absperrung und fragte: »Was in aller Welt hat dich so
lange aufgehalten?«
    »Der Verkehr — sowohl auf dem
Sacramento Metro als auch auf der Schnellstraße hier raus. Wann fliegt Matty?«
    »Sie ist als nächste dran.«
    Als wir bei der ersten Zuschauerreihe
ankamen, rutschte eine junge Frau in einem Latexanzug ein Stück beiseite, und
wir quetschten uns neben sie. Hy sagte: »Danke, daß Sie uns die Plätze
freigehalten haben.«
    Ich beugte mich vor, die Hände auf der
oberen Querstange der Absperrung, und spähte zum Rollfeld hinüber. Mattys klar
konturierter Eindecker stand am Rollhalteort, bereit, auf die Startbahn
einzubiegen, sobald der Doppeldecker seine Vorführung beendet hatte und
gelandet war.
    Ich sagte: »Ich hätte ihr gern noch
Glück gewünscht.«
    »Sie hätte dich auch gern noch gesehen.
Hier — das hat sie für dich dagelassen.« Er zog den gelbroten Schal, den sie am
Morgen um die Haare getragen hatte, aus der Tasche. »Du sollst damit winken,
damit sie weiß, daß du heil zurück bist.«
    »Typisch Matty — immer um andere
besorgt.« Ich nahm den Schal und setzte einen Fuß auf die Mittelstange der
Absperrung. Hy stemmte mich hoch, und ich winkte wie wild. Matty reckte eine
Hand aus der offenen Kanzel und wedelte, zwei Finger zum Siegeszeichen
gespreizt. Dann verschwand die Hand wieder, und die Haube schloß sich.
    Hy half mir hinunter, und ich schlang
mir den Schal um den Hals. »Wie geht’s ihr?«
    »Sie ist schon seit Stunden total high.
Ich kann dir sagen, McCone, der Adrenalinspiegel hier ist ansteckend.«
    Ich spürte die Erregung in seinen
Händen und seinem Körper, fühlte sie auch in mir aufsteigen.
    Der Platzsprecher sagte: »Und jetzt —
der Hammerhead-Turn.« Ich sah zu dem Doppeldecker hinauf; der Pilot steuerte
nun am höchsten Punkt eines Turns um und ging in einen immer rasanteren
Sturzflug, wobei er eine weiße Rauchfahne hinter sich herzog. Mein Magen tat
einen Satz, als säße ich mit im Cockpit.
    Hy drückte meine Schultern. Ich lehnte
mich

Weitere Kostenlose Bücher