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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Himmel malten.
    »Gott, ist sie gut!« entfuhr es mir.
    Sie schoß jetzt in Rückenlage dahin.
Das rote Strahlenmuster auf den Tragflächen funkelte in der Nachmittagssonne.
Die Star erreichte die Platzmitte, taumelte dann plötzlich Heck über Bug
vorwärts. Wieder und wieder.
    »Toll!« sagte der Mann neben uns. Die
Menge fand das offensichtlich auch.
    Ich packte Hys Arm. »Was ist das?«
    »Lomcovák. Das tschechische Wort für
einen starken Drink, der einen durchschüttelt und munter macht. Es gibt
unendlich viele Variationen dieser Figur; man sieht sie nie zweimal in der
gleichen Form. Da wirken extreme negative Beschleunigungskräfte, und sie
handhabt sie großartig.«
    »Da ist es, Herrschaften — das
Kunstflugmanöver überhaupt! Einen Riesenapplaus für Matty. Sie sehen die
nächste US-Meisterin vor sich. Noch ein paar Jahre, und sie wird die
Weltmeisterschaft holen.«
    Wieder setzte Matty zu einem Looping
an, diesmal in größerer Höhe.
    Ich fragte Hy: »Was glaubst du, was sie
als Abschluß bringt?«
    »Keine Ahnung. Sie — was zum
Teufel...!«
    Die Star war jetzt im Abwärtsbogen —
schoß viel zu schnell herab. »Mein Gott«, rief Hy, »sie nimmt das Gas nicht
weg.«
    Ich umklammerte die obere Querstange
der Absperrung. Zog mit der rechten Hand daran, als könnte ich den
Leistungshebel für sie bedienen. Hys Finger machten dasselbe mit meiner
Schulter.
    Eine unheimliche Stille legte sich über
den Platz; jede Bewegung, außer der der Star, schien zu gefrieren. Die Sekunden
dehnten sich endlos, während die Maschine senkrecht herabstürzte. »Matty!
Nein!« Hys Stimme, meine wie ein Echo.
    Die Star krachte auf die Landebahn.
Metall barst und knickte. Schreie brachen aus der Menge, aber die Explosion
übertönte sie. Ich fiel gegen Hy, als der Feuerball emporstieg. Hys Finger um
meine Schulter erschlafften, und er stöhnte auf.
    Ich stieß mich von ihm ab und begann,
über die Absperrung zu klettern.
    »McCone! Halt!«
    Ich schwang die Beine hinüber, sprang
runter und rannte auf den emporquellenden Rauch und die Flammen zu.
    »Bleib stehen!«
    Die Hitze war stark, der Rauch dick und
ölig. Ich blieb stehen und rang nach Luft.
    »Verdammt, was tust du!« Hys Hand
packte meinen Arm über dem Ellbogen.
    Ich fuhr herum und sah seinen wilden
Blick. Versuchte mich loszureißen, aber seine Finger krallten sich in mein
Fleisch. »Ripinsky, wir müssen zu ihr!«
    Er rührte sich nicht. Ich hieb auf
seine Hand ein, um seinen Griff zu lösen. Er drückte noch fester zu. Dann
schlang er beide Arme um mich und zog mich an seine Brust.
    Ich sah über die Schulter zurück.
Schwarzer Rauch und orangerote Flammen, ein Feuerwehrwagen unterwegs. Menschen,
die panisch herumrannten. Schreien und Brüllen und dieses gräßliche Röhren der
Flammen, die — O Gott, Matty...!
    Hy zerrte mich zu dem Absperrgitter
zurück, schob es weg und bugsierte mich mit stählernen Armen in Richtung
Parkplatz. Ich stolperte über irgendwas. Als er mir aufhalf, schaute ich zu
Boden und sah den gelbroten Schal schlaff von meinem Hals hängen.
    Er drängte mich weiter. Wir bewegten
uns gegen den Strom, zum Ausgang. Ich stolperte wieder. Wieder fing er mich
auf. Meine Widerstandskraft erlahmte, und ich lehnte mich gegen ihn. Mein
Gesicht war naß. Ich berührte es mit den Fingerspitzen, hörte mich schluchzen.
Weinte ich schon lange?
    Ich sah Hy an. Keine Tränen. Seine
Augen waren tränenlos, geweitete schwarze Pupillen in einer totenbleichen Maske
— und um den Mund grimmige Entschlossenheit.
    Wir waren schon zwischen den geparkten
PKWs, Pickups und Vans angelangt, als er endlich etwas sagte. »Wo hast du den
Mietwagen abgestellt?«
    »...Weiß nicht.«
    »Wo?«
    »Ich weiß nicht! Ripinsky, wir können
hier nicht weg. Matty —« Er stieß mich gegen einen Van. Hielt mich an den
Schultern und sah mir in die Augen.
    Ich starrte ihn durch tränenverklebte
Wimpern an und erinnerte mich daran, was Anne-Marie Altman an dem Tag, an dem
ich ihn kennenlernte, über ihn gesagt hatte.
    Er ist immer noch gefährlich.
    »Matty ist tot«, sagte er tonlos. »Hier
können wir nichts mehr tun.«
    Ich wollte antworten, aber mein
Kehlkopf funktionierte nicht. »Die Verkehrssicherheitsbehörde wird die Sache
untersuchen«, fuhr er fort, »und sie werden nichts Stichhaltiges finden; von
der Maschine ist nicht genug übrig. Aber du und ich, wir wissen, was passiert
ist: jemand hat an der Star herummanipuliert. Nachdem Matty und ich den Check
gemacht

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