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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ihre Männer umbringen. Männer, die
ihre Frauen umbringen. Eltern, die ihre Kinder umbringen. Besoffenes
Herumgeballere auf Partys.« Er hielt inne und sah mir genau ins Gesicht. »Aber
was wir hier nicht haben, sind Tötungsfälle, die wie bestellte Killermorde
aussehen.«
    »Meinen Sie den Mord an Marie Fuller?«
    »Jawohl, Ma’am. Eine Kugel, Kaliber
zweiundzwanzig, mitten ins Herz. Ein sauberer, kaltblütiger Mord. Niemand hat
den Schützen gesehen; er ist cool und methodisch vorgegangen, in der panischen
Menge untergetaucht. Als ich an den Tatort kam, war er vermutlich schon über
alle Berge. Ich wußte, wir würden ihn nie fassen, habe aber trotzdem die
üblichen Schritte unternommen. Und dann waren Fuller und sein Sohn plötzlich
verschwunden.«
    »Wie lange nach dem Mord?«
    »Sofort. Ich kam nicht mehr dazu, ihn
zu befragen. Wußte nicht mal, daß er dabeigewesen war, bis einer meiner Männer
einen Nachbarn der Fullers befragt hat, der im Supermarkt mit Marie gesprochen
hatte. Mrs. Fuller sagte, sie habe es eilig, weil es so heiß sei und ihr Mann
und ihr Sohn draußen in einem Wagen mit einer kaputten Klimaanlage warteten.«
    »Fuller ist einfach weggefahren und hat
seine sterbende Frau dort liegenlassen?«
    »Scheint so. Ganz schön kaltherzig,
finden Sie nicht?«
    Auf den ersten Blick ja, aber er hatte
vermutlich gewußt, daß er für seine Frau nichts mehr tun konnte, und sich daher
entschieden, sich und seinen Sohn in Sicherheit zu bringen. »Ist Fuller noch
mal nach Hause gefahren, oder hat er die Stadt direkt verlassen?«
    »Keine Ahnung. Von den Nachbarn hat ihn
niemand gesehen. Das beweist weder das eine noch das andere.«
    »Was wurde aus dem Haus und der Habe
der Fullers?«
    »Das Haus war gemietet. Nachdem meine
Leute ihre persönlichen Dinge durchgesehen hatten, habe ich dem Vermieter
gesagt, er soll alles einlagern. Schätze, inzwischen hat er sich der Sachen
irgendwie entledigt.«
    »Haben Sie irgendwas Aufschlußreiches
gefunden?«
    »Nein. Ihre Sachen waren alle billig
und relativ neu. Es gab keine persönlichen Papiere, Andenken oder Briefe — gar
nichts. Die Fullers waren Leute ohne große Vergangenheit und Gegenwart.«
    »Und Sie sagen, Sie haben die Nachbarn
abgeklappert?«
    »Ja. Niemand wußte irgendwas über die
Familie. Sie hielten sich für sich, hatten weiter keine Kontakte als die
übliche Grüßerei und ein paar Worte übers Wetter.«
    »Womit hat Fuller sein Geld verdient?«
    »Er hat sich für einen Schriftsteller
ausgegeben.«
    »Ausgegeben?«
    »Haben Sie schon mal von einem
Schriftsteller gehört, der weder einen Computer noch eine Schreibmaschine
besitzt?«
    »Aber seine Rechnungen hat er bezahlt?«
    »Pünktlich, über ein Konto bei einer
hiesigen Bank. Bis auf die Miete. Sein Bruder hatte das Haus angemietet, bevor
die Fullers hierherzogen, und er hat auch weiterhin an jedem ersten einen
Scheck geschickt.«
    Seabrook hatte also einen Bruder.
»Wissen Sie seinen Namen noch?«
    »Klar — Dave Fuller. Aber als wir ihn
ausfindig machen wollten, stellte sich raus, daß er nie unter der Adresse
gewohnt hat, die auf den Schecks angegeben war. Die Kreditauskunft, die der
Vermieter über ihn eingeholt hat, bezog sich auf jemand anderen.« Gifford
lachte ohne Heiterkeit. »Dieser Dave Fuller arbeitete für den Marshals Service
und fand es gar nicht komisch, daß jemand von seiner Bonität profitiert hatte.«
    Wieder eine Sackgasse. »Und Sie haben
nie einen Verdächtigen zu fassen gekriegt?«
    »Nein, und das wird auch nie passieren.
Ich bin überzeugt davon, daß Fuller den Anschlag auf seine Frau geordert hat —
daß er das Ganze schon länger geplant hatte, warum auch immer. Und jetzt kommen
Sie und erzählen mir, er habe unter falschem Namen in Kalifornien gelebt, da
drängt sich mir doch die Frage auf: Mußte noch eine Frau seinetwegen sterben?«
     
    Ich trat aus dem Polizeirevier in die
gleißende Mittagssonne und fischte nach meiner Sonnenbrille. Es war ein
lieblicher Tag — um die fünfundzwanzig Grad. Kein Vergleich mit dem Wetter bei
meinem letzten Besuch hier in Florida. Da war es schwülheiß gewesen, was es mir
noch zusätzlich erschwert hatte, aus diesem Staat herauszukommen, während ein
anderer Privatdetektiv an meinen Fersen klebte.
    Warum, fragte ich mich, hatten sich
diese Floridaner alle gegen mich verschworen? Eine halbe Stunde hatte mich Mack
Gifford mit Fragen nach meinen Ermittlungen bombardiert. Ich war ihnen unter
Berufung auf das erweiterte

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