Am Ende der Nacht
gesagt, du kannst
mich nicht für diesen Seabrook-Fall einsetzen, aber ich hatte ein bißchen Zeit
übrig, und da konnte ich nicht widerstehen. Die Überweisung auf Matty Wildress’
Konto kam von einer Bank auf den Cayman-Inseln.«
»Wie hast du das rausgefunden?«
»Das willst du nicht wirklich wissen.«
Und damit drehte sie sich um und ging.
Nein, ich wollte es auch nicht wissen,
aber eine Vogel-Strauß-Politik meinerseits konnte ein Desaster für meine
Detektei bedeuten. Irgendwann demnächst würde ich mich mal mit meinen Angestellten
hinsetzen und ein kleines Kolloquium über Berufsethos und Datenschutz halten.
Das Problem, lernen zu müssen, wie man eine expandierende Firma führte, war
keine Rechtfertigung dafür, die etwas zickzackförmige Grenze, die ich mir in
dieser Hinsicht gesteckt hatte, so weit zu überschreiten. Ich war letzten Endes
für das Tun meiner Leute verantwortlich, und ich mußte sie in die Schranken —
Genug der Selbstzerfleischung, McCone.
Mittagszeit.
Ich ging den Embarcadero entlang, bis
zum Miranda’s, meinem Lieblingshafenimbiß, und bestellte einen Burger zum
Mitnehmen. Ich ging damit zurück ins Büro und aß ihn am Schreibtisch, während
ich Papierkram erledigte. Am Nachmittag kamen zwei potentielle Klienten; den
einen verwies ich an Keim, die dank ihrer Computerkünste dafür prädestiniert
war, sich in Firmen einschleusen zu lassen. Den anderen, eine Frau — ein
Besorgter-Mutter-Fall, wie meine Freundin und Kollegin Wolf es zu nennen
pflegte — , bekam Rae. Dabei war ich die ganze Zeit in Gedanken halb bei der
Fuller-Sache. Ich spitzte die Ohren, in der Hoffnung, daß Mick den Laufgang
entlangkäme, um zu verkünden, er habe das Problem gelöst. Und irgendwo im
Untergrund nagte die ganze Zeit das Gefühl, daß ich irgendeinen Murks gemacht,
irgendein wichtiges Quentchen Information übersehen hatte.
Es war schon halb vier, als mir klar
wurde, daß ich wirklich gepfuscht hatte. Ich saß in dem Lehnsessel unter meiner
Schefflera und starrte aus dem Fenster. Eine Cessna schwenkte in Richtung
Treasure Island, so tief wie eben noch zulässig. Verkehrsüberwachung. Ich
spähte hinauf, um das Kennzeichen zu entziffern. Eine Freundin von mir flog
eine ganz ähnliche Maschine für Metro Traffic Control, das große
Verkehrsbeobachtungsnetz, das die Radio- und Fernsehsender der Bay Area mit Information
versorgte, und ich fragte mich —
»Verdammt, McCone!« rief ich aus und
schnippte mit den Fingern. »Wie konntest du das übersehen?«
Irgendwo in meiner Handtasche waren die
Notizen, die ich bei meinem gestrigen Gespräch mit Gray Selby im Mario’s gemacht
hatte. Ich kramte herum und fand sie schließlich in meinem Portemonnaie,
zusammen mit dem Wechselgeld, das ich an der Zahlstelle der Golden Gate Bridge
gekriegt hatte. Ein Musterbeispiel an Organisation! Ich überflog den
bekritzelten Zettel, bis ich auf die Nummer 3317J stieß, setzte mich dann an
meinen Schreibtisch und trommelte mit den Fingern auf der Kante herum. Wie
vorgehen...?
Hy hätte es mir natürlich sagen können,
aber der war heute in La Jolla und unerreichbar, weil er in der RKI-Zentrale zu
tun hatte. Die Flugbehörde konnte es mir natürlich auch sagen, aber die war ein
Bürokratenladen und am Tag vor Thanksgiving um diese Zeit wohl kaum noch
besetzt. Aber es mußte doch einen Weg geben...
Plötzlich fiel mir dieser Benzinskandal
ein, damals, als ich gerade fliegen gelernt hatte. Chevron hatte verunreinigtes
Benzin an eine Reihe von Flugplätzen geliefert, unter anderem auch an den von
Los Alegres. Als die Sache offenkundig wurde, oblag es den Managern der
einzelnen Flugplätze, all diejenigen zu informieren, die das Zeug getankt
hatten. Ich erinnerte mich wieder: Matty hatte Art Field, dem Platzmanager,
geholfen, in einer zeitaufwendigen Prozedur Mikrofiches mit amerikanischen
Flugzeugkennzeichen durchzugehen, damit Chevron die beschädigten Motoren der
Betroffenen reparieren oder austauschen lassen konnte.
Ich rief die Auskunft an, ließ mir die
Nummer des Flugplatzes geben und wählte sie. Art war da und klang so
deprimiert, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Kein Wunder: Er und Matty waren
jahrelang Fliegerkollegen gewesen. Als ich ihm erklärte, was ich brauchte, war
er sofort bereit, Namen und Adresse des eingetragenen Eigentümers jener
Stirling Silver Ranger, die vor zwei Wochen kurz in Los Alegres
zwischengelandet war, für mich herauszusuchen.
Ich trat durch die Tür zu Micks Büro
und
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