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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zu schicken — aus eigener Tasche. Er hat mir höchstpersönlich das
Fliegen beigebracht, weil er meinte, ich solle wegen dem, was meinem Vater
zugestoßen war, nicht um diese großartige Erfahrung kommen.«
    »Scheint ja wirklich ein prima Kerl zu
sein.«
    »Und ob er das ist. Als ich Extrageld
fürs College brauchte, war er zur Stelle. Als meine Schwester mit Brustkrebs im
Krankenhaus war, hat er gezahlt, was die Versicherung nicht deckte. Er hat
versucht, uns beiden ein Vater zu sein, und ich sage Ihnen eins — wir waren ihm
bessere Kinder, als Duncan ihm je eins war.«
    »Und jetzt haben Sie den Schaden, den
Duncan angerichtet hat, repariert und Stirling Aviation wieder flottgemacht.«
    »Ich dachte, das sei ich David
schuldig.«
    »Sie haben doch sicher auch davon
profitiert.«
    »Natürlich habe ich das. Ich besitze
Aktien, ich beziehe ein gutes Gehalt. Aber das hätte ich bei jeder Firma haben
können. Nein, ich habe es für David getan, und jetzt werde ich dafür sorgen,
daß er zufrieden sterben kann. Und wenn das heißt, Dune hierherzuschaffen und
unter Verschluß zu halten, bis der alte Mann tot ist, dann werde ich auch das
tun. Aber hinterher soll die Polizei mit diesem miesen Ausschußexemplar von
einem Menschen machen, was sie will.«
    »Und wenn Dune erreicht, daß die
Anklage niedergeschlagen wird? Aus Verfahrensgründen zum Beispiel?«
    »Wie soll er das schaffen?«
    »Na ja, der Hauptzeuge der Anklage, Ash
Walker, ist seit über zehn Jahren verschwunden.«
    »Das ist kein Problem.«
    »Scheint mir aber doch eins zu sein.
Und wenn ich recht informiert bin, hat Mr. Stirling seine Firmenanteile
treuhänderisch für Dune festgelegt. Was ist, wenn er doch davonkommt und das
Ruder wieder übernimmt?«
    »Ich sage Ihnen, das wird nicht
passieren. Der Bursche ist hundertprozentig schuldig, und das weiß jeder.«
    »Aber ohne Walkers Aussage —«
    »Ich sagte doch, das ist kein Problem.
Also, warum fahren Sie nicht nach Fayetteville zurück und treffen sich mit Cal,
während ich ein paar von diesen anderen Leuten ausfindig zu machen versuche?«
    Nein, dachte ich, während ich den
Fußweg entlangging, natürlich hielt Reade das mit Walker nicht für ein Problem.
Er hatte ja erst vor zwei Wochen mit ihm gesprochen. Er glaubte genau zu
wissen, wo Walker war. Was er nicht bedacht hatte, war die Tatsache, daß Cal
Franklins Anblick Walker wieder in die Flucht geschlagen hatte.
     
    Cal Franklins Äußeres verriet in der Tat
indianisches Blut, aber falls er bei mir dasselbe bemerkte, behielt er es für
sich. Wie er mir so an dem polierten Eichenholztisch gegenübersaß, die kantigen
Züge vom Schummerlicht der Nostalgieleuchter und Kerzenhalter der Alten Post
weichgezeichnet, wirkte er hochmütig und ein wenig amüsiert. Als die
Begrüßungspräliminarien erledigt waren und der Wein auf dem Tisch stand, kam er
direkt zur Sache.
    »Sie sollen wissen, daß ich Ihnen
diesen Schmus, den Sie dem Alten erzählt haben, nicht abnehme.«
    »Heißt das, Sie glauben nicht, daß ich
Duncan ausfindig machen kann?«
    »Nein, mag durchaus sein, daß Sie das
können. Aber dieser Quatsch, daß Sie Duncan für unschuldig halten — das glaube
ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Win mir gesagt hat, Sie schienen
ihm eine ganz kluge Frau zu sein, und nach dem bißchen, was ich von Ihnen
mitgekriegt habe, würde ich ihm da recht geben. Um zu wissen, daß Duncan
schuldig ist, brauchen Sie nichts weiter zu tun, als die Zeitungsberichte von
damals zu lesen. Sie sind hinter dem Geld her, eine Kopfgeldjägerin, weiter gar
nichts.«
    »Warum haben Sie Ihrem Klienten dann
nicht geraten, sich nicht mit mir einzulassen?«
    »Wenn es um seinen Sohn geht, hört
Stirling auf niemanden.«
    »Und warum waren Sie bereit, sich mit
mir zu treffen?«
    »Ich habe meine Gründe, und ich werde
gleich darauf kommen. Aber ich will, daß Sie wissen, was ich von Ihrem kleinen
Erpressungsversuch halte.«
    »Erpressung?«
    »Wie soll man es sonst nennen, daß Sie
hier aufkreuzen und Davids Geld —«
    »Mr. Franklin, kennen Sie einen San
Franciscoer Anwalt namens Glenn Solomon?«
    Sein verächtlicher Gesichtsausdruck
änderte sich kaum merklich. Glenn Solomon war einer der renommierteren
Strafverteidiger des Landes — und ein Studienfreund von Hank. Er hatte in
letzter Zeit ein paar Klienten an mich verwiesen.
    Ich fuhr fort: »Meinen Sie, ein Mann
seines Kalibers würde eine Erpresserin beschäftigen? Und vergessen Sie nicht —
bis jetzt habe ich noch

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