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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Rock Lake in
Missouri am Wasser sitzen und angeln.
    Er hatte bereitwillig und mühelos
fliegen gelernt und war ein hervorragender Pilot, teilte jedoch David Stirlings
Begeisterung nicht. Für Duncan war ein Flugzeug einfach nur ein praktisches
Transportmittel. Seine Silver Whisper war mit ihm verschwunden und nie wieder
gesehen worden, obgleich das FBI ihr Kennzeichen an alle Polizeistellen in den
Staaten und an Interpol weitergegeben hatte. An irgendeinen skrupellosen
Händler verkauft oder verschrottet, sagte Stirling mit grimmigem Mund. Was ihn
mit am meisten enttäuschte, war die Respektlosigkeit seines Sohnes gegenüber hochklassigen
Flugzeugen.
    Als Duncan erwachsen wurde, entfernte
er sich immer mehr von seinem Vater. Jagd- und Angelausflüge waren das einzige,
was sie noch verband, und dabei sprach Duncan kaum ein Wort. Er war ein guter
Fährtenleser und ausgezeichneter Schütze und frei von jeder Sentimentalität,
was seine Jagdbeute betraf. Aber er brüstete sich auch nicht mit dem, was er
erlegte; Wild und Fische waren für ihn Nahrungsmittel, keine Trophäen.
    Laut Winthrop Reade hatte Dune sich mit
Anfang Zwanzig aus dem Country-Club-Milieu abgesetzt und statt dessen jenem
rauhen Völkchen zugewandt, das sich in der Razorback Tavern im Zentrum von Aida
traf. Die Männer dort waren Arbeiter und Freiluftmenschen wie Dune; die Frauen
hatten mindere, schlechtbezahlte Jobs und machten gern einen drauf. Obwohl das
Razorback bekanntermaßen ein Drogenumschlagplatz war, glaubte Reade nicht, daß
Duncan gewohnheitsmäßig Drogen konsumiert hatte. Er habe jede Art von Vergnügen
ausgesprochen ernst genommen und sehr darauf geachtet, nie die Kontrolle zu
verlieren. »Als ob es für ihn Arbeit wäre, sich zu amüsieren.«
    Beide Männer waren sich einig, daß
Duncan in den Jahren, da er das Firmensteuer in Händen gehalten hatte, immer
verschlossener geworden war. Seine einsamen Trips in der Silver Whisper waren
ein Thema, an das niemand rühren durfte. Er hatte für das Weihnachtsfest vor
der Anklageerhebung mit seinem Vater gemeinsame Feiertagspläne gemacht, war
dann aber einfach nicht erschienen, obwohl er wußte, daß David auf ihn zählte.
Als David ihn nach seiner Rückkehr zur Rede gestellt hatte, hatte er es erst
heruntergespielt und dann, als sein Vater nicht lockerließ, mit einem
Jähzornsausbruch reagiert. »Da wußte ich, daß ich im Begriff war, meinen Jungen
zu verlieren — vielleicht für immer.«
     
    Als Winthrop Reade mich aus der
Bibliothek geleitete, gab er mir einen Umschlag mit Fotos von Duncan und sagte:
»Cal erwartet Sie um halb sechs in der Alten Post. Das Restaurant, Sie wissen,
wo das ist?«
    »Ja, gleich bei meinem Hotel.«
    »Gut. Ich soll Ihnen sagen, er trägt
eine braunlederne Fliegerjacke. Ich habe ihm die Situation bereits erklärt. Ich
werde jetzt versuchen, mit den paar Freunden von Duncan, von denen ich noch
weiß, wie ich sie kontaktieren kann, Termine für Sie zu arrangieren, aber
versprechen kann ich gar nichts. Wäre Ihnen morgen recht?«
    »Ja. Ich fliege morgen abend nach
Kalifornien zurück.« Sonntag war Mattys Gedenkfeier draußen auf dem Bodega Head
— die wollte ich auf keinen Fall versäumen.
    »Gut, ich werde sehen, was sich machen
läßt, und rufe Sie dann später in Ihrem Hotel an.«
    Wir kamen zum Vorderausgang, und das
Mädchen erschien mit meiner Jacke. Reade half mir hinein, und ich drehte mich
zu ihm um. »Mir ist aufgefallen, daß Sie sich da drin« — ich deutete mit einer
Kopfbewegung auf die geschlossene Bibliothekstür — »jeder Meinung enthalten
haben, was Duncans Schuld oder Unschuld angeht.«
    Er zuckte die Achseln. »Ich persönlich
glaube, daß er in allen Punkten hundertprozentig schuldig ist, aber David will
davon nichts hören. Ich habe fast ein Dutzend Jahre damit zugebracht, ihn gegen
die Wahrheit abzuschirmen, und das werde ich so lange wie nötig weiter tun.«
    »Sind Sie sicher, daß das gut ist?«
    »Wem sollte es schaden? Sie haben David
doch gesehen: Er ist ein schwerkranker Mann. Das einzige, was ihn am Leben
hält, ist der Glaube, daß er Dune noch mal wiedersehen und irgendwie alles in
Ordnung bringen kann.«
    »Sie müssen ja sehr an ihm hängen.«
    »Das tue ich allerdings. Mein Daddy war
einer von Davids Piloten, er ist bei einem Testflug mit einem unserer ersten
Kunstflugmodelle umgekommen. Als sich herausgestellt hat, daß der Absturz auf
konstruktive Mängel zurückging, fing David an, meiner Momma jeden Monat einen
Scheck

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