Am Ende der Nacht
an
mich. »David sagt, Sie hätten vielleicht eine Spur zu Dune. Erzählen Sie.«
»Gleich, Mr. Reade. Zuerst sollten wir
über die Bedingungen reden.«
Reade und Stirling wechselten einen
raschen Blick. Reade sagte: »Sie wollen Finderlohn?«
»So könnte man es nennen.« Ich trank
ebenfalls von dem Tee, den mir das Mädchen nachgeschenkt hatte, und stellte die
Tasse auf die Untertasse zurück. »Ich habe es mir zum Prinzip gemacht, die
Fahndungsbögen zu studieren, für den Fall, daß ich im Zuge meiner Arbeit
zufällig auf eine gesuchte Person stoße. Aber ich habe mich über den Fall
Duncan Stirling kundig gemacht und glaube, daß dieser Mann zu Unrecht
beschuldigt wurde. Ich habe daher gezögert, die Polizei über seinen
Aufenthaltsort zu informieren, obwohl für Hinweise, die zu seiner Ergreifung
führen, eine beträchtliche Belohnung ausgesetzt wurde — von Angehörigen und
Freunden einer jungen Frau, die er ermordet haben soll.«
Stirling rief: »Mein Sohn hat niemanden
ermordet! Dreckige Lügen —«
»Reg dich nicht auf, David. Ms. McCone
ist auf unserer Seite.«
»Da tut sie auch gut dran.«
Reades Lächeln verflüchtigte sich rasch
wieder. »Die Belohnung beträgt, glaube ich, fünfundzwanzigtausend Dollar. Wir
bieten das Doppelte.«
»Für Hinweise, die zu Duncan führen?
Oder dafür, daß ich ihn sicher hier abliefere?«
»Das könnten Sie?«
»Ich glaube schon. Aber es würde
natürlich beträchtliche Mühen und Unkosten meinerseits bedeuten.«
»Wir verdreifachen die Belohnung«,
sagte Stirling, »und decken Ihre Unkosten.«
Reades Augen glitzerten wie Mondlicht
auf der gekräuselten Oberfläche eines Sees, aber er sagte nichts.
Ich tat, als dächte ich über Stirlings
Angebot nach, und nickte dann. »Okay, die Situation ist folgende: Vor ein paar
Wochen wurde ich engagiert, um einen anderen vermißten Mann zu suchen. Seine
Lebensgefährtin wollte ihn wiederhaben, aber er wollte nicht zurück. Für mein
Schweigen bot er mir eine nützliche Information — daß er auf seinen Reisen
zufällig auf Duncan gestoßen war.«
Stirling lehnte sich begierig vor.
»Wo?«
»Das kann ich nicht sagen.«
»›Kann‹ oder ›will‹?«
»Mr. Stirling, ich muß meine Interessen
wahren.«
Er runzelte die Stirn, sagte aber:
»Verstehe. Haben Sie verifiziert, was Ihnen dieser Mann gesagt hat?«
»Habe ich. Es spricht alles dafür, daß
es sich bei dem Mann, den er getroffen hat, um Ihren Sohn handelt. Aber Duncan
ist ständig in Bewegung; als ich dorthin kam, wo er gewohnt hatte, war er
bereits wieder verschwunden.«
Ein enttäuschtes Seufzen entfloh
Stirlings trockenen Lippen. »Aber«, setzte ich hinzu, »ich habe dort genügend
Informationen gesammelt, um ein bestimmtes Bewegungsmuster zu erahnen. Mit
Ihrer Hilfe kann ich ihm sicher auf die Spur kommen.«
»Sagen Sie mir, was ich tun kann.«
Ich sah Reade an; er hatte jetzt einen
ironischen Zug um den Mund, schwieg aber immer noch. »Ich muß mehr über Duncan
wissen — alles, was Sie mir sagen können. Auch das kleinste Quentchen
Information kann mich zu ihm führen. Außerdem muß ich mit seinen früheren
Freunden und Freundinnen Kontakt aufnehmen — falls Sie sie dazu bringen können,
mit mir zu reden. Und ich würde auch gern Ihren Anwalt sprechen, Mr. Stirling.«
Beide Männer runzelten die Stirn.
»Warum?« fragte Stirling. »Ich arbeite auf Honorarbasis für einen prominenten
Anwalt in San Francisco. Er hat mich beauftragt, für eine seiner Klientinnen zu
ermitteln — der Fall, der mich zufällig auf die Spur Ihres Sohns gebracht hat.«
Das war nur halb gelogen. »Die kollegiale Höflichkeit erfordert es, daß ich
mich mit Ihrem Anwalt ins Benehmen setze.«
Stirling nickte und sah Reade an.
»Übernimmst du das?«
»Ich werde Cal sofort anrufen und
fragen, ob er sich mit Ms. McCone treffen kann, wenn wir hier fertig sind.«
Stirling fragte mich: »Wollen Sie einen
Vorschuß?«
Jetzt runzelte Reade die Stirn,
sichtlich dagegen, daß Geld die Hand wechselte. Ich wollte den Bogen nicht
überspannen und sagte daher: »Nein, das wird nicht nötig sein. Ich bin
überzeugt, daß Sie ein Mann sind, der Wort hält. Alles, was ich im Moment von
Ihnen will, ist Ihre hundertprozentige Mitarbeit.«
Nach Auskunft seines Vaters war Duncan
Stirling ein stilles Kind gewesen, das gern für sich blieb. Am glücklichsten
machten ihn einsame Beschäftigungen: Modellflugzeuge bauen,
Abenteuergeschichten lesen, beim Ferienhaus der Familie am Table
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