Am Ende der Straße
von unserem letzten Ausflug nach Virginia Beach. Und der Wagenheber.«
»Können Sie es reparieren?« Die Stimme der Frau war hoffnungsvoll und flehend. Ich zögerte mit meiner Antwort, da ich ihr nicht noch den letzten Rest Mut nehmen wollte. Also schüttelte ich nur den Kopf und schraubte den Kühler wieder zu.
»Ich fürchte, nein«, sagte ich schließlich. »Aber wir können Ihnen bestimmt dabei helfen, den Wagen nach Hause zu schleppen.«
Ihre Stimme war schrill, als sie rief: »Ich will nicht, dass er abgeschleppt wird. Ich will, dass er repariert wird!«
»Sie haben Ihr gesamtes Kühlwasser verloren«, erklärte Russ. »Und der Schlauch ist im Eimer. Selbst wenn es möglich wäre, nach Verona zu fahren, könnten wir den Schaden nicht gut genug reparieren, dass sie so weit kommen würden. Das Kühlwasser würde nur wieder auslaufen.«
»Und was soll ich jetzt tun? Ich muss mein Baby zum Arzt bringen!«
Ein paar Leute gingen an uns vorbei, machten aber einen weiten Bogen um das Auto. Viele schauten zu uns herüber, aber niemand blieb stehen, um zu helfen oder auch nur etwas zu sagen. Sie gingen alle Richtung Dunkelheit. Kurz überlegte ich, ob ich ihnen sagen sollte, dass es sich nicht lohnte, aber ich hatte mit dieser Frau schon genug zu tun. Das würden sie schon von allein rausfinden, wenn sie erstmal dort waren. Ich fragte mich, mit welchen Stimmen die Dunkelheit wohl zu ihnen sprechen würde.
Schließlich schloss ich die Motorhaube. »Und wir können Ihnen das ganz sicher nicht ausreden?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Es ist gefährlich da draußen«, erklärte ich ihr. »Es könnte sein, dass Sie getötet werden. Und Ihr Baby ebenfalls. «
Sie starrte uns an, als ginge sie davon aus, dass wir ihr nur einen Streich spielen wollten. Als sie sah, dass es uns ernst war, wich sie unseren Blicken aus.
»Wenn mein Baby hierbleibt«, sagte sie leise, »wird es auch sterben. Es ist krank. Bitte. Ich erwarte nicht, dass Sie es verstehen. Aber ich muss es nach Verona bringen, ganz egal, wie hoch das Risiko ist. Ich werde nicht einfach zusehen, wie mein Baby verhungert.«
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich fühlte mich völlig hilflos — einerseits wollte ich ihr unbedingt helfen, andererseits wusste ich einfach nicht, wie. Sie war fest entschlossen, in die Dunkelheit hinauszugehen, und
solange ich sie nicht von hier wegzerrte oder ihr Kind entführte, gab es wohl keine Möglichkeit, sie aufzuhalten. Auf der Rückbank begann das Baby zu schreien – ein schrilles Quieken, das mehr nach einem Pterodaktylus aus einem Saurierfilm klang, nicht nache einem Baby. Meine Hilflosigkeit schlug in Hoffnungslosigkeit um, dann in verzweifelte Resignation.
»Alles ist gut, Süßer«, rief die Frau sanft. »Mommy ist ja da. Alles wird wieder gut.«
Ich fragte mich, ob sie damit das Baby beruhigen wollte oder sich selbst. Dann passierte etwas Seltsames. Ich sah mir die Frau genauer an. Sie selbst hatte ich noch nie gesehen, aber ich kannte diesen Typ. Sie lebte auf der anderen Seite der Stadt, in einem dieser neuen Fertighäuser vom Fließband, die in den letzten Jahren dort hochgezogen worden waren, wo sich früher Weideland und Bäume befunden hatten. Ich kannte sie nicht, weil Leute ihres Schlages nicht in unsere Ecke der Stadt kamen, es sei denn, sie wollten billige Investitionsmöglichkeiten finden, um sich als Hobby-Miethai zu versuchen. Eine dumpfe Traurigkeit überkam mich. Ich wusste nicht, wo das Gefühl herkam, aber es war eindeutig da.
Ich schaute zu Russ und dann zu unserem Wagen, wo Christy sich aus dem Fenster lehnte, um unser Gespräch zu belauschen. Dabei fragte ich mich, ob sie dasselbe empfanden wie ich. Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, dass Christy wohl bereits ahnte, was ich tun würde, bevor ich es selbst wusste. Wir waren schon einige Zeit zusammen, und wahrscheinlich konnten wir wie die meisten vertrauten Paare die Gedanken des anderen
lesen. Die Schritte des anderen vorhersehen. Jedenfalls wirkte sie nicht so überrascht, wie ich mich fühlte, als ich zu unserem Auto ging, den Schüssel abzog und ihn der gestrandeten Frau reichte. Christy protestierte nicht. Russ schien allerdings geschockt zu sein. Er keuchte laut auf.
»Hier«, sagte ich zu der Frau. »Nehmen Sie unser Auto. Mir wäre es wirklich lieber, wenn Sie es sich noch einmal überlegen würden, aber ich kann verstehen, warum Sie das nicht wollen. Wir können nicht mitkommen, also bitten Sie uns gar nicht erst darum. Wir
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