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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Schlangen, die Frösche und die Echsen. Wir befreiten sogar die Einsiedlerkrebse und öffneten ein Terrarium voller Grillen, die wohl einigen der anderen Tiere als Nahrung gedient hatten. Überraschenderweise fielen sie nicht sofort übereinander her. Ich hatte damit gerechnet, dass sich die Schlangen sofort auf ihre Beute stürzen würden. Doch stattdessen wirkten sie träge und desinteressiert. Ein paar von den aktiveren Katzen machten Jagd auf die Nagetiere, aber die kleinen Kreaturen brachten sich flink in Sicherheit. Die einzigen Tiere, die wir nicht befreiten, waren die Fische, weil keinem von uns eine Möglichkeit einfiel, wie wir sie sicher zum öffentlichen Teich bringen könnten. Cranston schlug vor, dass wir sie in die Kanalisation entlassen sollten, aber niemand machte sich die Mühe, das auszuprobieren. Zu diesem Zeitpunkt waren wir zu müde und immer noch zu erschüttert von dem, was in dem Hinterzimmer passiert war. Wir öffneten alle Futterbehälter, die wir finden konnten, und verteilten ihren Inhalt in kleinen, wirren Haufen überall im Laden. Dann stellten wir sicher, dass die Tür so verkeilt war, dass sie offen blieb, und verließen den Laden. Die Leiche des wahnsinnigen Wissenschaftlers lag immer noch auf dem Bürgersteig. Erstaunlicherweise blutete sie noch immer. Bis zu diesem Moment war mir nie klar gewesen, wie viel Blut ein menschlicher Köper enthielt. Wir gingen vorsichtig um die Leiche herum, aber Cranston trat in eine Blutlache und hinterließ danach rotbraune Fußspuren.
    Christy griff nach meiner Hand. Erst war ich schockiert und zuckte zurück, dann war ich verwundert. Sie
sagte nichts, sah mich nicht einmal an. Aber als sie erneut nach mir griff, diesmal energischer als beim ersten Versuch, ließ ich es zu. Hand in Hand gingen wir weiter. Das war genug.
    Als wir unseren langen Heimweg antraten, fiel mir etwas auf. Auf dem Hinweg war es auf den Straßen überwiegend ruhig gewesen. Das war jetzt nicht mehr so. Eine gewisse Geräuschkulisse deutete auf verschiedene Aktivitäten hin, aber sie fanden alle außer Sichtweite statt – in Gebäuden, Gassen und Nebenstraßen.
    In der Dunkelheit.
    Wir gingen schweigend weiter, aber in den Schatten um uns herum hallten Schreie.

SECHZEHN
    W ährend der nächsten Woche lebten Christy und ich zusammen und doch getrennt. Wir hielten Abstand zueinander und hatten Angst, uns zu nahe zu kommen, da sonst vielleicht einer von uns durchdrehte und versuchte, den anderen umzubringen. Versteht mich nicht falsch, wir haben nicht die gesamte Zeit getrennt verbracht. Wir haben schon noch miteinander geredet und so. Aber unsere Gespräche waren größtenteils kurz und drehten sich um unverfängliche Sachen. Alles, was zu einer Meinungsverschiedenheit hätte führen können, ganz egal wie blöd oder trivial, wurde von uns gemieden wie Dynamit. Nur ein einziges Mal besprachen wir etwas, das mehr Tiefgang hatte als reiner Smalltalk, und zwar, als wir von der Zoohandlung zurückkamen. In dieser Nacht redeten wir ausführlich über unsere Gefühle und Empfindungen. Ich entschuldigte mich wieder und wieder, und Christy sagte mir immer wieder, dass sie mir verzieh. Das Problem war nur, dass ich das nicht spüren konnte. Weder an ihr noch bei mir selbst. Ich konnte immer noch Angst in ihren Augen sehen – ein bisher nie dagewesenes Misstrauen. Und das kannte ich gut. Mir ging es genauso. Ich kannte mich nicht mehr. Mochte mich nicht mehr. Traute mir nicht mehr über den Weg.
    Trotz allem hielt Christy durch. Sie entschuldigte sich ebenfalls – dafür, dass sie mich wegen der Gründe für den Ausflug zur Zoohandlung belogen hatte, dafür, dass sie uns alle in Gefahr gebracht hatte, und dafür, dass sie mir nie etwas von Brandon erzählt hatte. Wieder schwor sie Stein und Bein, dass sie nie mit ihm geschlafen hatte, dass zwischen ihnen nichts gewesen war, und ich sagte ihr, dass es keine Rolle spielte.
    Und so blieben wir zu Hause und verbrachten unsere Tage und Nächte zusammen, aber getrennt. Beziehungsweise nur unsere Nächte, denn es gab keine verdammten Tage mehr. Alles war nur noch eine einzige, endlose Nacht. Ein nicht enden wollender Einbruch der Dunkelheit. Ihr kennt doch bestimmt das Sprichwort »Vor der Dämmerung ist die Nacht am dunkelsten«? Tja, das ist wahr.
    Aber die Dämmerung kam nicht mehr.

SIEBZEHN
    E in paar Tage später klopfte es an der Tür. Als ich aufmachte, schob sich Russ an mir vorbei und stürzte in die Wohnung. Er war völlig außer

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