Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
dir diese Haut an … diese Haare!»
Er geht zurück zu Poppy, die laut aufjuchzt, als einer von den Simpsons gerade auf die Nase fällt.
«Bitte, lassen Sie uns gehen», fleht Martha. «Ich schwöre, ich werde niemandem etwas sagen!»
Miller tut so, als habe er nichts gehört, und lässt sich neben Poppy auf dem Boden nieder. «Magst du noch Kakao?»
Poppy nickt. Miller hält ihr den Becher hin. Dann wischt er ihr mit seinem Finger die Schokolade vom Kinn.
«Wenn Sie uns nicht sofort gehen lassen, rufe ich die Polizei!»
Miller schaut zu ihr hoch. «Ach, hast du etwa dein Handy dabei?»
Marthas Gesichtsausdruck sagt ihm, dass sie das nicht hat.
«Pech aber auch. Und bei dem, das ich dir gegeben habe, müsste der Akku längst leer sein, oder?»
Martha starrt auf das Telefon, das auf der Kommode steht. Miller folgt ihrem Blick. «Vergiss es, den Anschluss hier hab ich abgemeldet. In zwei Stunden geht mein Flug.»
«Nach New York …», murmelt Martha.
«Das hast du dir gut gemerkt. Allerdings nicht nur für ein paar Tage, sondern für immer. Du glaubst doch nicht ernsthaft, ich würde mich nach den Ferien wieder vor die Klasse stellen und versuchen, euch Idioten irgendetwas beizubringen?»
Nein, das glaubt Martha wirklich nicht.
«Perlen vor die Säue werfen, nenne ich das. Die Einzige, die was auf dem Kasten hat, ist deine Freundin Jill. Sie hat einen bösen Kern – genau wie ich.» Er kichert, und es läuft Martha eiskalt den Rücken runter.
«Jill kann Sie nicht leiden.»
«Sehr sympathisch, das gefällt mir auf jeden Fall besser, als ständig angehimmelt zu werden.»
Martha kann nicht verhindern, dass sie rot wird. Sie geht ein paar Schritte in Richtung Terrassentür. «Irgendjemand da draußen wird ein Handy haben und die Polizei rufen.»
Doch bevor sie die Tür erreicht, ist er schon bei ihr, packt sie diesmal am linken, nicht verletzten Arm, aber es tut nicht weniger weh.
«Das ist wirklich eine sehr gute Idee, Martha. Ja, hol nur die Polizei. Die wird sicher sehr interessieren, was ich zu erzählen habe.»
«Lassen Sie mich los!» Martha kommen die Tränen.
Miller lockert den Griff ein wenig.
«Die werden bestimmt keiner Schülerin glauben, die so in ihren Lehrer verknallt ist, dass sie ihn sogar zu Hause belästigt. Erst am Sonntag und dann heute. Bist mit Gewalt in mein Haus eingedrungen.» Er zeigt auf die Scherben vor der Terrassentür. «Und schreckst nicht mal davor zurück, deine Schwester in die Sache mit reinzuziehen.»
«Sie ist nicht meine –» Martha bricht ab.
Miller hat recht, sie kann nichts beweisen. Die Gegend hier ist nicht sehr belebt. Wer weiß, wann sie jemanden findet, der ihr sein Handy leiht. Telefonzellen gibt es ja keine mehr. Und dann? Dann dauert es bestimmt eine Weile, bis die Polizei auch wirklich kommt. Bis dahin hat sich Miller wieder umgezogen und spielt perfekt die Rolle des besorgten Lehrers, der von einer wahnsinnig gewordenen Schülerin gestalkt wird.
Die Gedanken sausen in Sekundenbruchteilen durch ihren Kopf. Sie wird dieses Haus nicht verlassen. Nicht solange Poppy sich hier befindet. Sie muss jetzt sehr cool sein. Sie muss sich vorstellen, sie befindet sich auf einer Bühne und spielt eine Rolle in einem Stück.
«Sie haben recht», sagt Martha schließlich. «Es wäre dumm von mir, zur Polizei zu gehen. Ich belaste mich ja nur selbst.»
Miller nickt. «Kluges Mädchen.» Er lässt sie los.
«Haben Sie das Geld geholt?», fragt sie.
«Geld? Es hat nie welches gegeben.»
Poppy dreht sich zu ihnen um. «Wie heißt’n der?», fragt sie Miller und zeigt auf die Figur mit den zwei Haaren auf dem Kopf. Ihre Augen haben einen glasigen Schimmer, sie sieht müde aus.
«Das ist Homer. Homer Simpson.»
«Homer Simpson», murmelt Martha. Wieso ist ihr das nicht früher eingefallen? Auf einmal passt alles zusammen, ergibt ein grauenvoll stimmiges Bild.
Nein, Miller ist nicht nur ein Kinderschänder. Er ist auch ein Mörder. Und wer einmal gemordet hat, mordet auch ein zweites Mal.
28.
M arthas Knie geben nach. Sie muss sich setzen, nur nicht auf das Sofa. Kurz schießt ihr durch den Kopf, wie sie vor wenigen Tagen dort gesessen und Miller ihre Hände gehalten hat. Schon wieder wird ihr übel. Sie setzt sich an den Tisch mit der schmierigen Wachstuchdecke, aber so weit entfernt, dass sie die nicht berühren muss.
«Sie waren das also bei Frau Dr. Dernburg», sagt Martha. Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
Miller lehnt sich an die
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