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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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mir holen.»
    Poppy dreht sich um und stapft mit fröhlich wippenden Zöpfen in Richtung Trampelpfad.
    Martha setzt sich auf die Bank und versucht, tief durchzuatmen. Vor Nervosität zittert sie am ganzen Körper.
    Poppy ist zwischen den Büschen verschwunden, Martha kann sie nicht mehr sehen. In Gedanken läuft sie mit der Kleinen mit, jetzt ist sie auf dem asphaltierten Weg, der hinter dem Klohaus vorbeiführt, gleich hat sie den Abfallkorb erreicht, sie reckt sich und – verdammt! Das hat Martha nicht bedacht, kommt Poppy überhaupt an die Tüte ran? Wenn der Eimer leer ist und die Tüte ganz unten liegt, sicher nicht. Martha will schon aufspringen und Poppy hinterherlaufen, doch sie zwingt sich, sitzen zu bleiben. Sie wirft einen Blick in den Mülleimer direkt neben ihrer Bank. Der ist ziemlich voll. Bestimmt werden die nur einmal in der Woche geleert.
    Also weiter: Poppy zieht genau in diesem Augenblick die Tüte aus dem Eimer, überquert den Weg, geht den Trampelpfad zurück und müsste jeden Augenblick auftauchen …
    Sie taucht aber nicht auf. Martha schaut auf die Uhr. Inzwischen sind sechs Minuten vergangen. Poppy müsste längst da sein.
    Vielleicht hat sie wieder ein Kind getroffen, das sie kennt. Nein, um diese Zeit sind die ja alle im Kindergarten.
    Soll sie nachschauen gehen? Und wenn Homer sich irgendwo versteckt hält? Aber der weiß ja nicht, wer sie ist. Sie könnte irgendjemand sein, der auf die Toilette will. Nun steht Martha doch auf und geht mit schnellen Schritten den Pfad entlang. Da ist der Abfalleimer – aber keine Poppy.
    Was hat die Ratte bloß wieder angestellt? Martha schaut in den Müll. Jede Menge ekelhaftes Zeug liegt dadrin, aber keine rote Plastiktüte. Neben dem Abfalleimer liegt ein Eisstiel, Martha hebt ihn auf und stochert zwischen Pizzakartons und leeren Bierbüchsen herum, aber schnell wird ihr klar, dass sie keine rote Plastiktüte finden wird. Die müsste ja auch ziemlich groß sein. Und nicht gerade leicht. Martha hat noch nie 25000  Euro auf einem Haufen gesehen, doch selbst bei lauter 500 er-Scheinen wären es fünfzig Stück. Wo steckt die Nervensäge mit dem Geld bloß?
    Martha geht um die Ecke des Klohauses und öffnet die Tür zur Damentoilette. Die eine der beiden Kabinen ist nicht besetzt, hinter der anderen hört sie plätschernde Geräusche. Die Tür ist nicht verriegelt, Martha reißt sie auf.
    «Poppy, wo hast du bloß –»
    Martha fährt zurück. Eine Frau hält gerade ein kleines Kind über die Schüssel und guckt Martha böse an.
    «Entschuldigung», stottert Martha. «Haben Sie hier zufällig ein kleines Mädchen gesehen? Mit einem rot gepunkteten Anorak?»
    Die Frau schüttelt den Kopf. «Nein. Und es wäre nett, wenn du die Tür wieder zumachst.»
    Martha läuft zurück auf den Spielplatz, kriecht in die Lok, keine Poppy. Sie steigt auf einen Hügel und schaut von oben auf den Spielplatz herunter. Jetzt ist sie froh, dass Poppy auf der rot-weiß gepunkteten Jacke bestanden hat. Damit ist sie wenigstens nicht zu übersehen. Aber nirgendwo Pünktchen!
    Martha spürt, wie heiß die Panik in ihr aufsteigt, sie läuft von einer der Mütter zur anderen und fragt nach Poppy. Keine hat sie gesehen. Die mit der Riesenpackung Feuchttücher sieht Martha nur mitleidig an: «Ja, die sind fix in dem Alter, die darf man keine Sekunde aus den Augen lassen, keine Sekunde.»
    «Vielleicht ist sie ja am Kiosk», sagt eine andere Mutter. «Wenn meiner abhaut, finde ich ihn immer da.»
    Martha läuft den Weg entlang zum Kiosk, aber auch hier ist sie nicht, und niemand hat eine Vierjährige in einer gepunkteten Jacke gesehen. Sie kann doch nicht vom Erdboden verschluckt sein!
    Und wenn Homer sie nun doch verschleppt hat? Wenn er nun seinerseits versucht, Martha zu erpressen? Einem Mörder ist schließlich alles zuzutrauen. Aber hätte er es gewagt, am helllichten Tag in einem Park voller Menschen einem kleinen Mädchen Gewalt anzutun? Sicher nicht, und selbst wenn, Poppy hätte bestimmt geschrien, und das hätte Martha gehört. Schließlich war sie nur ein paar Meter entfernt.
    Die Glatze! Martha überläuft es eiskalt. Was ist, wenn sie die ganze Zeit versucht hat, Johannes zu erpressen? Wenn er Poppy dabei erwischt hat, wie sie das Geld aus dem Mülleimer zieht? Bei ihm hätte sie sicher nicht geschrien. Martha hat ihn nie ernsthaft für den Mörder gehalten, vielleicht war das ein Fehler. Angeblich ist er ja in der Klinik, aber wer weiß das schon?
    Doch vielleicht

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