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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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schon wieder Übelkeit aus. Sie überlegt kurz, ob sie die Gelegenheit nutzen und durch die Terrassentür ins Freie laufen soll, aber sie kann Poppy unmöglich bei ihm lassen.
    «Ich muss aber mal!», quengelt Poppy und gähnt.
    «Ich bring dich auf die Toilette», sagt Miller.
    Poppy schüttelt im Zeitlupentempo den Kopf. «Nich du. Maahta soll mitkommen.»
    Mit einer Kopfbewegung gibt Miller Martha zu verstehen, dass sie sie begleiten soll.
    «Ich muss aber erst meinen Rucksack holen, da sind Feuchttücher drin», lügt sie. «Die brauche ich.»
    «Keine Tricks», sagt er und schiebt Martha und Poppy vor sich her in den Flur.
    Miller öffnet die Tür zu einer Gästetoilette. Und ehe er es verhindern kann, hat sie die Tür zugemacht und den Riegel vorgeschoben. Der Riegel ist aus Blech und nur mit einer Schraube befestigt, aber er verschafft ihr etwas Zeit.
    Das Klo ist braun gekachelt und hat eine Schmuckleiste aus orangefarbenen Blumen. Martha hebt den Klodeckel, spuckt auf ein Blatt Klopapier und wischt damit die Brille ab.
    «Jetzt kannst du!» Sie hilft Poppy, sich hinzusetzen.
    Die blinzelt Martha aus halbgeschlossenen Augen an. «Müde. Will schlafen.»
    «Nein, Poppy. Du darfst jetzt nicht schlafen.»
    «Wie lange dauert das dadrin?», ruft Miller von draußen.
    «Wenn Poppy groß muss, braucht sie immer ewig», ruft Martha zurück. «Und wenn Sie vor der Tür stehen bleiben, kann sie gar nicht, und dann geht’s in die Hose.»
    Das scheint Miller zu überzeugen, Martha hört seine Schritte im Flur.
    «Ich muss aber nich groß», sagt Poppy. Martha hört das Plätschern und macht sie sauber.
    Genau über dem Klobecken gibt es ein Fenster mit einer stockfleckigen Häkelgardine davor. Ob das das Fenster ist, das Martha von draußen gesehen hat? Es ist zu klein, als dass sie rausklettern könnte. Aber Poppy. Poppy passt da durch. Martha versucht sich erinnern, wie tief es auf der anderen Seite runtergeht. Nicht viel mehr als eineinhalb Meter, es könnte klappen. Plötzlich sackt Poppys Kopf zur Seite. «Poppy! Nicht einschlafen, hörst du!»
    Martha zieht ein schmuddeliges Handtuch vom Haken und lässt Wasser darüberlaufen. Sie fährt Poppy über das bemalte Gesicht, die zuckt kurz zusammen, doch ihre Augen bleiben geschlossen. Wieder wischt Martha ihr mit dem nassen Tuch über Augen und Wangen, die Schminke löst sich, und Poppy schlägt die Augen auf. Bevor sie anfangen kann zu weinen, hebt Martha sie vom Klo, zieht ihr die Unterhose hoch und die Jeans.
    «Poppy», flüstert sie. «Du musst jetzt ganz, ganz leise sein.»
    Sie klappt den Klodeckel runter und steigt drauf. Hoffentlich hält der ihr Gewicht aus. Das Fenster klemmt. Martha versucht es noch einmal, in ihrem linken Arm hat sie nicht so viel Kraft wie rechts, und gerade als sie schon aufgeben will, öffnet es sich so weit, dass Martha den Kopf rausstrecken kann.
    Poppy würde nicht tief fallen, außerdem wächst direkt an der Hauswand Efeu.
    Martha beugt sich vor und will Poppy hochheben, aber die Wunde in ihrem Arm lässt das nicht zu. Sie beißt die Zähne zusammen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien, und schafft es, Poppy zu sich auf den Klodeckel zu ziehen. Dann dreht sie sich zum Fenster um und schiebt die Kleine Stückchen für Stückchen hoch.
    «Du kletterst da jetzt raus, Poppy.»
    Poppy macht sich steif. «Will nich. Will fernsehgucken.»
    «Das geht nicht. Der Mann ist böse.»
    Poppy strampelt. Martha kann sie kaum halten.
    «Er will dir weh tun. Du musst weglaufen. Ganz weit weg, bitte!»
    «Kann nich laufen, bin müde.»
    «Poppy!», flüstert Martha eindringlich. «Ich verspreche dir, es wird alles gut, aber du musst hier weg. Lauf auf die Straße, und wenn du jemanden siehst, dann sagst du, er soll die Polizei rufen.»
    Martha hat Poppy schon halb aus dem Fenster, da schreit sie auf. «Meine Puppe! Ich will meine Puppe!»
    «Du bekommst sie, wenn wir zu Hause sind.»
    Wenn wir zu Hause sind.
Martha kann sich nicht vorstellen, dass sie das jemals sein werden.
    «Mach dich nicht so schwer, bitte!»
    Immerhin sitzt Poppy inzwischen auf dem Fensterbrett. Martha umschlingt sie von hinten mit den Armen und lässt sie ganz langsam an der Mauer herab. Der Schmerz in ihrem rechten Arm ist unerträglich. Poppys Pulli rutscht hoch, Martha kann sie nicht mehr halten, sie rutscht ihr aus den Händen und fällt wie ein Sack zu Boden, mitten hinein in den Efeu.
    Martha streckt den Kopf aus dem Fenster. Was, wenn sie sich etwas gebrochen hat?

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