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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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dein Prinz auf seinem Pferd davongaloppiert und hat dich hier vergessen?», fragt Jill spöttisch.
    «Das war fies eben», sagt Martha.
    «Was meinst du?» Jill tut ganz unschuldig.
    «Ihr habt euch über mich lustig gemacht.»
    Jill tätschelt Martha den Bauch. «Aber du hast doch nun mal ein Bäuchlein. Was glaubst du, warum Miller dich als Stella will und nicht Nora, das Gerippe? Liegt doch auf der Hand.»
    Wirklich? Hat Miller sie nur für die Rolle ausgewählt, weil sie dick ist? Nein, das kann Martha nicht glauben. Er hat etwas von Stella in ihr wiedergefunden, das Sanfte, Nachgiebige, oder etwa nicht?
    «Wollen wir schon mal los?», reißt Jill sie aus ihren Gedanken.
    «Wohin denn?»
    «Na, zu
Made in New York
, wohin denn sonst. Die haben da jede Menge Klamotten aus den Vierzigern.»
    Martha schaut auf die Uhr, gleich vier. Sie hat überhaupt keine Lust, nach Hause zu gehen. Poppy und ihre Mutter sind bestimmt schon da, das muss sie sich nicht antun.
    «Hast du Geld dabei?», fragt sie Jill.
    «Genug. Und wenn du was Passendes findest, dann leih ich dir was, komm schon!» Sie greift Marthas Hand und zieht sie mit sich.
     
    Sie stehen in dem Laden, in dem es nach alter Kleidung und chemischer Reinigung riecht. Swingmusik dröhnt aus den Lautsprechern.
    Jill wühlt sich durch Kleiderberge. «Na, das passt doch.» Sie wirft Martha etwas Rosageblümtes zu, dann einen Petticoat und eine blau karierte Schürze. Sie selbst zwängt sich mit Seiden- und Tüllwolken beladen in eine der engen Kabinen.
    Martha muss das Rosafarbene gar nicht erst anprobieren. Es ist viel zu eng. Und wozu soll sie den Petticoat tragen? Spaßeshalber bindet sie sich die Schürze um. Sie hat Taschen in Form von Herzen.
    «Wie findst du das?», sagt Jill, die in einem weißen Nichts aus Spitze und Seide aus der Kabine kommt.
    «Soll das ein Nachthemd sein?»
    «Kein Nachthemd, ein Negligé», sagt Jill und dreht sich vor dem Spiegel. Zwei junge Männer, die sich gegenseitig Zylinder aufsetzen, halten inne und starren sie an.
    «Das ist perfekt. Ich könnte mir denken, dass Blanche bei ihrer Schwester in so einem Teil rumläuft, sie badet ja auch dauernd.»
    Martha steht in ihrer Schürze da und fühlt sich wie das hässliche Entlein gegenüber dem schönen Schwan.
    Jill wirft ihr einen kurzen Blick zu. «Die Schürze ist gut, die nehmen wir auf jeden Fall. Was ist mit dem Kleid?»
    «Zu eng», sagt Martha.
    «Bleib hier, bin gleich wieder da.» Jill schwebt als weiße Fee durch den Laden. Sie reißt hier ein Kleid vom Bügel und da eine Jacke und hält sie abwechselnd Martha hin.
    «Alles hässlich», sagt Martha und rümpft die Nase. «Und die Sachen stinken.»
    «Vergiss nicht, Stella lebt mit einem Autoschlosser zusammen, die läuft bestimmt nicht in Samt und Seide rum.» Jill drückt ihr ein braun-grün gemustertes Kleid in die Hand. «Das ziehst du jetzt an, basta!»
    Das Kleid passt sogar, aber als Martha vor den Spiegel tritt, kann sie einen Entsetzensschrei kaum unterdrücken. Der Spitzbusen, die Farben! Sie sieht aus wie ihre eigene Oma.
    Jill lacht sich kaputt. «Okay, das ist vielleicht zu heftig. Stella ist schließlich erst vierundzwanzig.»
    Aber egal, was Martha anprobiert: Entweder ist es zu eng oder zu weit, oder es gefällt ihr nicht, und wenn es ihr gefällt, dann schüttelt Jill den Kopf. «Geht gar nicht.»
    Am Ende verlassen sie den Laden mit drei Kleidern für Jill und der Schürze für Martha.
    «Wir finden schon noch was für dich», sagt Jill. «Es ist ja noch massig Zeit. Jetzt trinken wir erst mal was. Ich lad dich ein.»
     
    Frustriert kommt Martha nach Hause, und ihre Laune bessert sich nicht im Geringsten, als Poppy auf sie zustürzt und ihr eine angelutschte Eiswaffel hinhält. «Willst du mal lecken? Das is Schtratschawella!»
    «Nein, ich will kein Eis, danke!»
    Martha verschwindet in ihrem Zimmer. Sie nimmt ein großes Blatt Papier und zeichnet eine Treppe. Nein, die ist zu hoch. Sie muss ja stabil genug sein, dass Eunice und sie da immer wieder hoch- und runtergehen können. Und die Tür muss sich auch richtig schließen lassen, das wird gar nicht einfach. Sie zeichnet und radiert und zeichnet wieder.
    Es klopft an die Tür. «Ich arbeite!», ruft sie.
    «Ich hab ein Geschenk für dich», sagt ihre Mutter, als sie die Tür öffnet.
    «Hoffentlich kein angelutschtes Eis», sagt Martha pampig. Sie schaut hoch. «Du warst ja beim Friseur!»
    Constanze hatte bisher ihre schulterlangen Haare zu einem

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