Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
zu können. «Es kommen auch wieder bessere Zeiten, meine Süße», hatte er dann zu ihr gesagt.
Es wäre also nicht ungewöhnlich, wenn Martha Geld findet, das ihrem Vater gehört hat. Aber wo könnte er es versteckt haben? Martha hat einige seiner Bücher aufgehoben und natürlich all die Hochglanzmagazine, in denen Reportagen von ihm abgedruckt waren.
Fünfzigtausend Euro kann man darin natürlich nicht verstecken. Aber etwas anderes. Den Schlüssel von einem Schließfach zum Beispiel. Martha hat zwar keine Ahnung, wo sich so ein Schließfach außer in einer Bank befinden könnte, aber das würde sie schon noch herausbekommen.
Sie geht in die Küche und öffnet den Kühlschrank. Sie nimmt sich einen Joghurt heraus. Mohn-Marzipan, mindestens 500 Kalorien, egal.
Das Telefon klingelt. Martha zögert. Eigentlich geht sie nie ran, weil es Johannes’ Anschluss ist. Sie telefoniert prinzipiell nur von ihrem Handy aus, aber vielleicht ist es ja ihre Mutter.
Eine Männerstimme fragt: «Spreche ich da mit Martha Altenbourg?»
«Ja, das bin ich.»
«Kommissar Heinrich, ich war gestern bei euch.»
Martha spürt, wie ihr der Joghurt wieder hochkommt.
«Ja?»
«Ich möchte dich bitten, morgen ins Polizeipräsidium zu kommen, damit wir deine Aussage schriftlich aufnehmen können.»
«Morgen ist doch Samstag!»
Der Mann lacht. «Verbrecher arbeiten leider auch am Wochenende. Zehn Uhr, passt das? Und bring bitte einen Erziehungsberechtigten mit.»
Er gibt noch die Adresse und die Zimmernummer durch, Martha legt den Hörer auf und sinkt in sich zusammen.
O Gott, wird das etwa ein Verhör? Ihr erster Impuls ist, Jill anzurufen, aber als sie es versucht, schaltet sich nur die Mailbox ein. «Ruf mich an, Jill, bitte!»
Doch Jill meldet sich nicht. Martha wird immer unruhiger. Sie läuft durch die Wohnung, stellt den Fernseher an und wieder aus und wieder an. Starrt auf den Bildschirm und nimmt doch nicht wahr, was da läuft. Schließlich zieht sie eine Tafel Schokolade aus ihrem Geheimversteck. Sie braucht die jetzt zur Beruhigung, sonst dreht sie noch völlig durch.
Fast ist Martha erleichtert, als sie im Treppenhaus Poppys Geschrei vernimmt. Noch lauter als sonst. Sie läuft zur Tür und reißt sie auf. «Mama! Mama, ich muss dir –»
Constanze winkt ab. «Später, Martha, später, ich muss erst Poppy sauber machen.»
Jetzt erst sieht Martha, dass Poppy völlig verdreckt ist. Und sie riecht es auch. «Igitt, hat sie schon wieder in die Hose gemacht?»
«Schön wär’s, nein, sie ist in einen Hundehaufen gefallen.»
Martha muss wider Willen lachen. Dann wird ihr übel. Der Gestank ist wirklich unerträglich. Sie folgt ihrer Mutter ins Bad.
«Wie ist das denn passiert?»
Constanze zieht Poppy die Jacke aus und hält sie von sich weg. «Die kann man doch so nicht in die Waschmaschine stecken, ich schmeiß die weg.»
«Nein! Nich meine Jacke!», brüllt Poppy, klammert sich an das bestialisch stinkende Teil und beschmiert nun auch ihr T-Shirt.
«Es reicht jetzt, Penelope!», sagt Constanze streng. Martha hat sie noch nie in diesem Ton mit Poppy reden hören. «Hundekacke stinkt nicht nur, die kann auch krank machen, hörst du?»
Poppy brüllt wie am Spieß.
«Holst du mal einen Müllsack?», bittet Constanze.
Martha holt einen riesigen schwarzen Müllbeutel, und ihre Mutter versenkt Poppys Jacke und Hose darin. Dann hebt sie das nackte Kind in die Wanne und stellt die Dusche an.
«Nein! Das is kalt!» Poppy versucht aus der Wanne zu steigen.
«Hilf mir bitte!»
Martha versucht Poppy festzuhalten, aber der kleine Körper ist feucht und glitschig, außerdem klebt da noch Hundekacke an ihrem Hals … unwillkürlich lockert sie ihren Griff, Poppy rutscht ihr aus den Händen, knallt mit dem Kopf gegen den Wasserhahn – und ist still.
«Poppy!», schreit Constanze. «Poppy!» Sie lässt die Brause fallen, das Wasser schießt ungehindert quer durchs Bad. Martha steht da wie gelähmt. Ist Poppy tot? Nein, leises Wimmern ist zu hören.
Constanze hebt Poppy aus der Wanne, wiegt sie wie ein Baby und flüstert ihr ins Ohr. «Tut mir leid, Schätzchen. Mein Gott, wie leid mir das tut.»
Sie achtet nicht auf Martha, nicht auf das Wasser, das weiter aus dem Duschkopf strömt, sondern trägt Poppy aus dem Bad, als wolle sie sie vor Martha in Sicherheit bringen.
Martha ist völlig durchnässt, sie bückt sich, um das Wasser abzustellen, und wirft dann Handtücher auf den Boden. Sie ist froh, etwas zu tun zu
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