Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)
Hand. «Der ist von der Schule, von der Garderobe. Damit der Hausmeister uns nicht immer aufschließen muss, wenn wir proben, der hat sich nämlich schon beschwert, weißt du?»
Sie redet viel zu viel. Aber ihre Mutter hebt noch ein T-Shirt und einen schwarzen Slip auf und geht aus dem Zimmer.
Der Schlüssel in Marthas Hand wird ganz heiß, gleich brennt er ihr ein Loch in die Haut.
«Jill? Ich bin’s noch mal. Ich hab vergessen, den blöden Schlüssel zurück in den Blumentopf zu tun. Was mach ich denn jetzt damit?» Ihre Stimme überschlägt sich fast.
«Wenn du ihn zurücklegst und die Polizei ihn findet, dann wird er bestimmt nach Fingerabdrücken untersucht.»
«Ich kann ihn ja vorher abwischen», sagt Martha.
«Das ist doch erst recht verdächtig. Nein, du musst ihn verschwinden lassen. Wirf ihn morgen auf dem Weg zur Schule in einen Mülleimer, aber möglichst weit von euch entfernt.»
Martha atmet auf.
«Danke, Jill.»
«Danken kannst du mir, wenn du die fünfzigtausend Euro in der Tasche hast.»
«Fünfzigtausend?»
«Drunter würde ich es nicht machen. Das ist genau die richtige Summe, nicht zu viel und nicht zu wenig.»
10.
M artha fährt heute nicht mit der U-Bahn, auch nicht mit dem Rad, sie geht zu Fuß zur Schule.
Am Friedrich-Wilhelm-Platz kommt sie an einer Imbissbude vorbei, vor der um diese Uhrzeit schon ein paar abgerissene Gestalten rumhängen und Bier trinken. Sie tut so, als würde sie sich für die schrumpligen Bratwürste interessieren, die wahrscheinlich noch vom Vorabend auf dem kalten Rost liegen.
Einer der Männer rülpst provozierend in ihre Richtung.
Martha greift in ihre Jackentasche, zieht den Schlüssel heraus und lässt ihn in den Mülleimer gleiten, er rutscht zwischen senfbeschmierten Papptellern und benutzten Servietten in die Tiefe.
Keiner hat etwas bemerkt, die Männer lachen gerade grölend über einen Witz, den einer von ihnen gemacht hat, dabei schauen sie Martha auffordernd an. Sie dreht sich um und geht immer schneller, schließlich rennt sie fast zur Schule.
Mit Jill kann sie erst in der großen Pause sprechen.
«Und? Bist du den Schlüssel losgeworden?»
«Hab ihn an der Würstchenbude im Müll versenkt», sagt Martha.
«Das ist gut, da kommt niemand auf die Idee, drin rumzuwühlen. Und selbst wenn, weiß doch keiner, wem der Schlüssel gehört.»
Siedend heiß überfällt Martha ein schrecklicher Gedanke: «Meine Fingerabdrücke sind doch in der Wohnung! Vielleicht hätte ich den Schlüssel behalten sollen, dann hätte ich sie noch abwischen können.»
Ihr schießen die Tränen in die Augen. Jill streicht ihr über die Schulter. «Ganz ruhig, Martha-Mäuschen, keine Panik. Erstens hat die Polizei die Wohnung bestimmt versiegelt, da kannst du dann auch mit Schlüssel nicht rein, ohne dass es jemand merkt, und zweitens hast du dem Kommissar doch gesagt, dass du in der Wohnung warst, um dein Päckchen zu holen.»
«Aber meine Fingerabdrücke sind an der Schranktür! Außen und innen!», ruft Martha.
«Dann erzählst du, dass die Dernburg das Päckchen im Schrank hatte und dich gebeten hat, es da rauszuholen. Ganz einfach.»
Jill hat wirklich auf alles eine Antwort.
«Die Kommode, auf der das Päckchen lag, hast du nicht angefasst, oder?»
Martha schüttelt den Kopf.
«Sag das mit dem Schrank aber erst, wenn die Polizei dich danach fragt, sonst ist es verdächtig.»
«Vielleicht fragen sie mich ja gar nichts», sagt Martha.
«Das werden sie, darauf kannst du dich verlassen. Schau mal hier.» Jill zieht die B . Z . aus ihrem Rucksack. «Die hab ich heute Morgen gekauft, in der Intellektuellenpostille, die meine Eltern abonniert haben, stand natürlich nichts darüber.»
Psychologin ermordet aufgefunden
lautet die Schlagzeile. Das Foto darunter zeigt eine sehr viel jüngere Frau Dr. Dernburg, als Martha sie in Erinnerung hatte, daneben ist das Foto einer Frau, die sich auf einen Schrubber stützt.
Frau Dr. D., die vor allem durch ihre Urschrei-Therapien bekannt wurde, ist gestern Morgen in ihrer Wilmersdorfer Wohnung ermordet aufgefunden worden. Entdeckt wurde die Leiche der 65 -Jährigen von Elzbieta W., ihrer Putzfrau. Frau W. steht unter Schock. «Ich komme alle zwei Wochen zum Putzen zu Frau Dr. D.», erzählte sie unserem Reporter. «Und als ich diesmal mit dem Staubsauger ins Wohnzimmer gehe, da liegt sie auf dem Boden, und alles ist voll Blut.» Die Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen, ob es bereits einen
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