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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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mir die nicht vermasseln, von niemandem!»
    «Aber wenn der Lause sagt, wir spielen nicht, können wir ja schlecht was machen.»
    «Wir könnten das Stück ja auch woanders aufführen als in der Schule», sagt Jill. «In irgendeinem Jugendfreizeitheim oder einem Kino oder –»
    Sie bricht ab. «Ist natürlich Quatsch. Es würde ein Schweinegeld kosten, die Räume zu mieten, die Kulissen zu transportieren und alles. Nein, die einzige Möglichkeit ist, den Zwerg zu bearbeiten.»
    «Und wie?», fragt Martha.
    «Ich rufe sie an. Noch heute Abend.»
    Jill kippt den Cappuccino runter wie einen Schnaps. Es muss ihr wirklich sehr schlecht gehen.
     
    Als Martha nach Hause kommt, ist niemand da. Das Aquarium leuchtet in einem unheimlichen Grün, die Wasserpflanzen bewegen sich träge hin und her. Und noch etwas bewegt sich. Martha bleibt das Herz stehen: Im Aquarium schwimmt etwas. Kein Fisch, nein. Es sei denn, es gibt Fische, die aussehen wie – ein Finger!
    Martha lässt ihren Rucksack fallen und hält sich die Hand vor den Mund. Sie stürzt ins Bad.
    Bilder schießen ihr durch den Kopf von abgehackten Fingern, die als Drohung irgendwo deponiert werden. Der Mörder droht ihr. Aber wie ist er in die Wohnung gekommen?
    Ist er vielleicht noch da? Vorsichtig öffnet Martha die Badezimmertür und lauscht. Nichts ist zu hören außer dem beruhigenden Brummen des Kühlschranks.
    Auf Zehenspitzen schleicht Martha in den Flur. Wenn wirklich ein Finger im Aquarium schwimmt, dann muss sie ihn da rausholen. Nicht auszudenken, wenn ihre Mutter den entdeckt. Die würde völlig durchdrehen. Wieder spürt sie einen Brechreiz. Martha bleibt stehen und atmet tief durch. Sie muss sich dazu zwingen, richtig hinzuschauen. Es ist ein langer Finger, ein ungewöhnlich langer Finger, der da im Wasser treibt. Er ist braun und schrumplig, deutlich sieht man den hellen Nagel – und doch stimmt etwas nicht mit ihm. Egal, Martha muss ihn da rausholen. Sie wühlt in der Besteckschublade, findet schließlich eine Grillzange und beißt unwillkürlich die Zähne zusammen, als sie den Finger aus dem Wasser zieht. Sie tritt auf den Hebel des Mülleimers und stutzt. Was sie da gerade zwischen Kartoffelschalen und Müslipackungen entsorgen wollte, ist gar kein Finger, sondern – ein Würstchen!
    Martha lässt sich vor Erleichterung auf einen Stuhl fallen. Da hätte sie auch gleich draufkommen können.
    Gestern Abend hatte es extra auf Poppys Wunsch hin Würstchen und Kartoffelsalat zum Abendessen gegeben. Poppy hatten die Würstchen aber nicht geschmeckt, und sie hatte einen ihrer Schreianfälle bekommen. Martha wollte sich das nicht antun und war in ihr Zimmer gegangen. Anscheinend hatte Poppy ihr Würstchen im Aquarium entsorgt. Martha könnte darüber lachen, wenn ihr die Angst nicht noch in den Knochen steckte.
    Sie schwankt, ob sie das aufgequollene Würstchen wegwerfen soll, legt es dann aber mitten auf den Küchentisch. Ihre Mutter soll ruhig sehen, was das Monster jetzt wieder angestellt hat.
    Auf dem Tisch liegt eine Zeitung. Der Mord ist von der Titelseite verschwunden. Martha blättert, bis sie zu den Lokalnachrichten kommt.
    Im Todesfall der Frau Dr. D. geht die Polizei inzwischen von einem Gewaltverbrechen aus. «Es war eindeutig Mord», sagt Kommissar Heinrich, der leitende Ermittler. Es werden Zeugen gesucht, die am Dienstag in der Zeit von 15 : 00 – 18 : 00  Uhr in dem Haus in der Koblenzer Straße Nummer  7 verdächtige Personen bemerkt haben. Inzwischen wurden auch die Praxisräume von Frau Dr. D. durchsucht. Die Vermutung, bei dem Mörder könne es sich um einen ehemaligen Patienten handeln, wollte die Polizei offiziell jedoch nicht bestätigen.
    Martha schlägt die Zeitung zu. Es gibt also immer noch nichts Neues, sie weiß nicht, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist. Gut, weil da immer noch die Idee in ihrem Hinterkopf ist, eventuell Kapital aus der ganzen Geschichte zu schlagen, und schlecht, weil das bedeutet, dass ein Mörder frei herumläuft.

13.
    A m Mittwochmorgen stehen sie wie jeden Morgen auf der Straße vor dem Schultor. Jill verbrennt sich beim Anzünden der Zigarette die Finger und flucht. Sie ist wütend, weil sie es noch immer nicht geschafft hat, mit Lilli zu reden.
    «Jedes Mal ist nur ihre dämliche Mutter dran und meint, dass ihr Kind – sie sagt doch tatsächlich ‹Kind›, das muss man sich mal vorstellen bei einer Zwölfjährigen! – noch nicht in der Lage ist zu sprechen, schon gar nicht mit

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