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Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition)

Titel: Am Ende der Treppe, hinter der Tür (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ludwig
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Euro, die ihr habt springenlassen.»
    «Jill, komm zu Potte», sagt Simon.
    «Dann bin ich dahin, hab geklingelt und trara! Die Mutter war gar nicht da, die war einkaufen, und der Zwerg war allein.»
    «Und hat dir aufgemacht?», fragt Martha.
    «Na klar, die hat noch nicht einmal gefragt, wer da ist. Lilliputt ist nämlich gar nicht so traumatisiert, wie die Mutter tut. Wenn die so ein sensibles Blümchen wäre, hätte sie dem Maskenmann auch bestimmt nicht vors Schienbein getreten.»
    «Hat sie das?», fragt Martha.
    Jill grinst. «Eigentlich hatte sie auf seine Eier gezielt, kam aber nicht so hoch. Auf jeden Fall darf man den Zwerg nicht unterschätzen.»
    «Und was ist jetzt mit unserem Stück?», fragt Simon.
    «Kein Problem, meint Lilli. Ihr Okay haben wir. Sie ist sowieso genervt von dem ganzen Aufstand, den ihre Mutter und die Fliege machen, sie will auch wieder zur Schule kommen.»
    «Jetzt müssen wir nur noch den Lause überzeugen», sagt Martha.
    «Schon erledigt», sagt Jill stolz. «Ich war vorhin bei ihm, deswegen war ich in Sport ja auch so spät. Ich hab ihm gesagt, dass es das Beste wäre, wenn wir so normal wie möglich weitermachen würden. Wir müssten alle viel mehr an die Sache denken, wenn wir das Stück nicht aufführen würden.»
    «Und dabei geht’s doch nur darum, dass du dich in Szene setzt», sagt Hanna spöttisch.
    «Wir haben alle etwas davon», sagt Jill ungerührt. «Wir den Lohn unserer Arbeit und ihr einen Kunstgenuss, der seinesgleichen sucht. Das hab ich auch dem Lause gesagt, und er konnte sich meiner Argumentation einfach nicht entziehen.»
    In gespielter Verlegenheit senkt Jill die Augen.
    «Na, dann können wir die Generalprobe ja heute durchziehen», sagt Simon.
     
    Am Nachmittag ist die Aufregung spürbar.
    Sogar Simon, der immer so supercool tut und sich den Anschein gibt, als wäre die ganze Schauspielerei etwas, zu dem er sich aus reiner Nettigkeit herablässt, ist nervös. Unruhig geht er in der Garderobe auf und ab und bleibt schließlich vor dem Spiegel stehen. Er rollt den Ärmel seines T-Shirts hoch und wieder runter.
    «Wolltest du dir nicht einen Bizeps antrainieren?», sagt Jill spöttisch. «War wohl nichts.»
    «Ich war in der Muckibude», sagt Simon unglücklich. «Mindestens fünfmal.»
    Jill schnaubt verächtlich.
    Martha drückt sich den gepunkteten Haarreifen in die dunklen Locken. Sie findet sich ziemlich hübsch. Okay, sie hat natürlich nicht abgenommen wie geplant, aber schließlich spielt sie ja eine Schwangere. So what?
    Sie beugt sich vor und sieht zu ihrem Entsetzen, dass auf ihrem Kinn ein Pickel erblüht. So ein richtig fieser, dicker. Spätestens Freitag sieht sie dann richtig scheiße aus.
    Als Miller zu ihnen in die Garderobe kommt, strahlt er und sieht jünger aus denn je. «Mann, Kinder, bin ich froh!», begrüßt er sie.
    Simon geht auf ihn zu, und sie klatschen sich ab.
    «Wisst ihr, was die Fliege, äh, ich meine natürlich Herr Dr. Lause zu mir gesagt hat?» Miller spricht im näselnden Ton des Direktors: «‹Ich finde es am besten für alle Beteiligten, wenn der Schulalltag so normal weiterläuft wie bisher, wenn wir die Aufführung nicht stattfinden lassen, messen wir dem bedauerlichen Ereignis viel zu viel Bedeutung zu.› Ist das nicht phantastisch?»
    «Jill ist phantastisch», sagt Martha. «Ihr haben wir das zu verdanken.»
    Jill lächelt Martha an. «Na ja, manchmal muss man den Leuten eben etwas auf die Sprünge helfen.»
    Miller klatscht in die Hände. «Egal, wer oder wie, wir haben die Erlaubnis zu spielen und jetzt wird’s ernst, Leute. Alle gehen auf Position. Ich werde euch nicht mehr unterbrechen, ihr müsst jetzt ganz allein da durch.» Er dreht sich zu Tobias um, der vor dem Mischpult hockt. «Die Musik muss immer leiser werden, bis sie, spätestens wenn Blanche anfängt zu sprechen, nur noch als eine Art Teppich darunterliegt.»
     
    Alles geht gut, bis zu dem Satz «You needn’t have been so cruel to someone alone as she is». Über den ist Martha bisher immer gestolpert, und auch jetzt kommt nur unverständliches Kauderwelsch heraus. Gut, dass sie Millers Gesicht nicht sehen kann. Der Publikumsraum ist dunkel, nur die Bühne beleuchtet. Sie spürt, wie ihr der Schweiß ausbricht.
    «Delicate piece she is», sagt Simon.
    «She is», sagt Martha und hat plötzlich vergessen, was danach kommt. Sie muss fragen, ob Stanley zum Bowlen geht. Aber dazwischen war noch etwas Wichtiges. Jetzt fällt es ihr wieder ein, und

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