er erst einmal mit dir Kontakt aufgenommen hat, dann rückst du nach und nach mit weiteren Informationen raus.»
Martha rutscht unbehaglich auf dem Bett hin und her. «Ich kapier aber immer noch nicht, wie ich Kontakt aufnehmen soll.»
Jill tätschelt ihr den Rücken. «Musst du ja auch gar nicht, Martha-Maus, das erledige ich für dich.»
Wieder gibt sie etwas ein. «Als Erstes besorgen wir dir eine neue E-Mail-Adresse bei Save-Mail. Als Passwort nehmen wir –» Sie sieht Martha fragend an. «Hast du eine Idee? Wie wär’s mit … 123 Schrei!!!, das passt, und du kannst es dir merken. Kannst du doch, oder?»
Martha nickt.
«Und die Adresse lautet
[email protected], wie findest du das?»
«Ich weiß nicht, ich …»
«Warte, wir sind noch nicht fertig. Jetzt melde ich dich beim
Tageblatt
an, damit du dort Kommentare posten kannst. Am besten unter dem gleichen Passwort, und als Nickname nehmen wir –»
Martha schwirrt der Kopf.
«Da nehmen wir natürlich Godzilla, gleich haben wir es, warte …»
Jills Finger fliegen über die Tasten, sie bemerkt nicht, dass die Zimmertür aufgeht. Jills Mutter steht da. Im zerknautschten Nachthemd mit wirren Haaren.
«Was’n hier los?», fragt sie und blickt Martha an, als habe sie sie noch nie gesehen.
«Hallo, Frau Karnick.» Martha will vom Bett aufstehen, um Jills Mutter die Hand zu geben, aber Jill hält sie am Arm zurück.
«Wir müssen was für die Schule machen, Mama. Leg dich wieder hin.»
Jills Mutter schüttelt den Kopf. «Nein, nein, ich muss doch Abendbrot vorbereiten, Papa kommt gleich.»
Jill steht auf und schiebt ihre Mutter sanft aus der Tür. «Es ist erst Nachmittag, Mama, und Papa kommt sowieso nicht zum Essen, der ist heute früh nach London geflogen. Geh zurück ins Bett, bitte!»
Jill schließt die Tür und sieht Martha entschuldigend an. «Sie hat einen schwachen Kreislauf. Wenn sie sich mittags hinlegt, hat sie immer Mühe, richtig wach zu werden. Ich mach ihr nachher einen Kaffee, dann ist alles wieder okay.»
Martha erwidert nichts. Sie hat Jill immer darum beneidet, dass sie noch Vater und Mutter hat, aber so perfekt, wie sie immer vorgibt, scheint ihr Familienleben auch nicht zu sein.
Jill setzt sich wieder neben Martha und greift nach dem Laptop. «Und jetzt müssen wir nur den Köder auslegen.» Sie runzelt die Stirn, dann beginnt sie zu tippen. «Wie findest du das?
Da kann die Polizei lange suchen, sie wird den Mörder nicht finden, denn der hat sich mit einem Schrei aus dem Staub gemacht.
»
«Genial», sagt Martha mit echter Bewunderung.
«Nicht wahr?» Jill lächelt selbstzufrieden. «Keiner außer dem Mörder weiß, dass damit die Plastik gemeint ist. Nun müssen wir nur noch warten, ob er auch darauf anspringt.» Sie klappt den Laptop zu.
«Ich schlage vor, du guckst heute Abend mal nach, was da an Kommentaren gekommen ist, und wenn was Interessantes dabei ist, rufst du mich an.»
Martha spürt, dass Jill sie wieder loswerden möchte.
«Dann geh ich mal», sagt sie unschlüssig. Jill hält sie nicht zurück.
An der Wohnungstür sagt sie: «Versprich mir, dass du nichts auf eigene Faust unternimmst.»
Martha nickt, das würde sie sich sowieso nicht trauen.
«Dann hören wir vielleicht später voneinander», sagt Jill und schließt hinter Martha schnell die Tür. Martha meint, ein kurzes Aufschluchzen vernommen zu haben, ist sich aber nicht sicher.
16.
M artha hat schlecht geschlafen. Sie ist am Abend immer wieder auf die Seite vom
Tageblatt
gegangen und hat nach neuen Kommentaren gesucht, bis kurz vor elf schließlich einer da war.
Was soll denn der Quatsch? Geschrien hat ja wohl nur eine, nämlich die Ermordete. Möge der Täter in der Hölle schmoren!
Martha hatte versucht, Jill zu erreichen, aber die war nicht ans Handy gegangen, und irgendetwas hat Martha davon abgehalten, es bei ihr zu Hause auf dem Festnetz zu versuchen.
Als sie endlich eingeschlafen war, hatte sie geträumt, dass sie wieder in Frau Dr. Dernburgs Wohnung ist und sich im Schrank versteckt. Gerade als sie flüchten will, hört sie Schritte, und jemand zerrt von außen an der Schranktür. Sie weiß, dass es der Mörder ist. Mit aller Kraft hält sie die Tür zu, doch der Türspalt wird immer breiter … gleich, gleich wird sie sein Gesicht erkennen, doch als schließlich die Tür aufgerissen wird, sieht sie kein Gesicht, nur eine Fratze. Es ist
Der Schrei
, und nun schreit sie auch. Sie schreit und schreit.
Als Martha aufwacht, ist