Am Ende der Wildnis
Oberfläche erzeugt indessen eine isolierte Gruppe vulkanisch geheizter Schlote die höchste Wassertemperatur (über dreihundertsiebzig Grad Celsius), die je in der Natur gemessen worden ist. Umgeben von einer nahezu unbelebten Tiefseewüste, erhalten diese thermalen »Oasen« ein bizarres Ökosystem, in dem pro Quadratmeter Hunderttausende von Lebewesen wimmeln.
Im Jahr 1977 gelang es Gordon Bentham, von einem Baumschulbesitzer auf Vancouver Island einige Edelreiser der goldenen Fichte zu ergattern. Wie die von Sziklai stammten sie von ungefähr der halben Höhe des Baumes und wiesen den waagerechten Wuchs der Wurzeln auf, der der Spezies eigen ist. Wieder einmal überlebte nur ein winziger Prozentsatz der Ableger (in privaten Gärten), und unter ihnen befand sich das Paar, das Bentham 1983 Roy Taylor geschenkt hatte. Taylor pflanzte die fünf Jahre alten Bäume an einer schattigen und abgelegenen Stelle im Botanischen Garten der UBC ein und hoffte auf das Beste. Ein Jahrzehnt später waren die Bäume zwar noch am Leben, aber auch nur zwei Meter hoch (eine normale Fichte wäre in einem solchen Zeitraum auf eine Höhe von ungefähr fünf zehn Metern gewachsen). In dieser Situation entschied sich Al Rose, ein Gärtner an der UBC , auf eigene Faust, die goldenen Zwerge an einen etwas sonnigeren Ort zu verpflanzen, und dort, an einem ruhigen Pfad im Gartenbereich mit einheimischer Flora, fand sie Bruce Macdonald, der Nachfolger von Taylor. Keine vierundzwanzig Stunden nachdem er den Artikel über das Fällen des Baumes be endet hatte, erhielt Macdonald bereits Anrufe von CNN , der New York Times und Filmteams aus so weit entfernten Ländern wie Deutschland und Japan.
Macdonald informierte umgehend den Stammesrat der Haida und bot ihm einen der Bäume an, aber daraus ergaben sich Fragen über Fragen, die weder er noch die Haida zu beantworten wussten. Erstens einmal hatte man die Ableger genommen, ohne die Haida um Erlaubnis zu bitten, sodass sie, wie sie es sahen, Diebesgut darstellten. Und wie sollte man angemessen auf das Angebot reagieren, die Ableger in einem so drastisch veränderten Zustand zurückzunehmen? Zweitens waren die Bäume außerhalb der Insel aufgezogen worden, und wenn sie nicht aus dem Yakoun versorgt worden waren, konnten sie dann tatsächlich dieselbe goldene Fichte sein? Diese Fragen stellten sich zu einem Zeitpunkt, an dem die nordamerikanischen Stämme immer öfter den Museen das Recht an den Gebeinen und Artefakten streitig machten, die sie in ihren Sälen ausstellten und in ihren Kellern lagerten. Besonders die Haida hatten mit Erfolg dafür gesorgt, dass etliche Dinge zurück geführt wurden, aber man war sich unschlüssig, was das gut gemeinte Angebot von Macdonald betraf. Dennoch zeigte sich so viel Interesse, dass Macdonald anordnete, das gesündere der beiden Exemplare auszugraben und für die Überführung auf die Inseln herzurichten. Man wickelte seinen Wurzelballen in Sackleinen und brachte es in die Baumschule des Botanischen Gartens, wo es in einem Bett aus Sägespänen stand und bis auf das regelmäßige Wässern in Ruhe gelassen wurde. Man nahm Kontakt zu Canadian Airlines auf, und die Fluglinie erbot sich, den Baum kostenlos auf die Inseln zu fliegen. Im Süden war alles geregelt, aber immer noch herrschten innerhalb des Stammesrats Meinungsverschiedenheiten darüber, wohin der Baum gebracht werden und wer ihn unter seine Obhut nehmen sollte. Während sich die Debatten in die Länge zogen, flaute der Wirbel wegen Hadwin und des Baumes langsam ab; andere Probleme wie zum Beispiel der fortwährende Kahlschlag auf den nördlichen Inseln drängten in den Vordergrund. Normalerweise könnte eine zwei Meter hohe Sitka-Fichte »eingelagert« so gut wie ewig überleben, solange sie ausreichend gewässert wird, aber die goldene Fichte der UBC war weit weniger robust. Gestresst schon allein vom Umzug, warf sie allmählich ihre Nadeln ab. Und kein halbes Jahr später war sie tot.
Während Macdonald Pläne gemacht hatte, wie das Exemplar der UBC transportiert werden sollte, waren die Haida mit einheimischen Förstern von MacMillan Bloedel, die alle Bemühungen unterstützten, den Baum zu retten, ins Gespräch gekommen, und es wurde überlegt, neue Ableger zu nehmen. Wie sich herausstellte, ergab sich hier der einzige positive Aspekt einer ansonsten tragischen Situation: Wenn Hadwin den Baum zu irgendeiner anderen Jahreszeit gefällt hätte, wäre so gut wie keine Hoffnung geblieben, ihn zu
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