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Am Ende der Wildnis

Am Ende der Wildnis

Titel: Am Ende der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Vaillant
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der Festlandküste geerntet worden waren, ein immer wichtigerer Bestandteil der Exporte von der West Coast. Viele davon wurden in Hawaii verkauft, das mittlerweile zu einem wichtigen Knotenpunkt für pazifische Walfänger und Händler geworden war. Nachdem sie einen berauschenden, destabilisierenden Ritt auf der vom Pelzhandel angetriebenen wirtschaftlichen Erfolgswelle hinter sich hatten, rutschten die Haida derweil in eine Krise. Der Otter war, wie sich herausstellte, nicht nur eine spirituelle Verbindung und eine Quelle für Kleidung, sondern auch ein Indikator für den Zustand des Stammes. Sobald der Otterhandel vorbei war, sahen die Haida sich auf den Verkauf von Schnitzwerk an vorbeikommende Seeleute und den Kartoffelhandel mit ehemaligen Feinden zurück geworfen. Während ihre Eisenwaffen rosteten und ihre euro päischen Kleidungsstücke sich in Lumpen verwandelten, fegte ein biologischer Tornado aus Pocken, Grippe, Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten über die Küste und die Inseln. Die Haida und ihre Nachbarn auf dem Festland starben zu Zehntausenden, aus Dörfern wurden Geisterstädte, und die Kultur war für immer verändert. In weniger als drei Generationen hatte eine unsagbar alte, legendäre Nation ihre ersten Otterfelle mit europäischen Siedlern getauscht, dabei eine ungekannte fieberhafte Lebensintensität entwickelt, und war schließlich ausgebrannt. Es folgten Bodenschatzjäger, Indianeragenten und Siedler, doch weltweite Aufmerksamkeit würde der Archipel erst wieder fast ein Jahrhundert später erhalten. Beim nächsten Mal würden sie der Bäume wegen kommen.
    Vorerst gab es unten im Süden genügend Holz, um die Neuankömmlinge auf Trab zu halten. Es war sogar fast zu viel des Guten. Sowohl die Küstenwälder als auch das Land, in dem die Bäume wuchsen, waren im Vergleich zu allem, was die Pioniere bislang gesehen hatten, so extrem überdi mensioniert, dass viele gar nicht damit umzugehen wussten. »Die gewaltige Größe der Bäume und das dicht wachsende Unterholz arbeiten beim Entwalden des Bodens leider gegen uns«, schrieb James McMillan, Gründer von Fort Langley, das im Jahr 1827 fünfzig Kilometer flussaufwärts des heutigen Vancouver errichtet wurde. »Der Dschungel am Ufer des [Fraser] Flusses ist fast undurchdringlich, und viele Bäume haben einen Umfang von fünfeinhalb Metern und sind mehr als sechzig Meter hoch.«
    »Wenn ich zwischen diesen hohen Bäumen stand«, schrieb eine Pionierin kurz nach ihrer Ankunft an der Küste, »hatte ich große Angst, wovor weiß ich auch nicht. Einfach Angst.«
    »Ich richtete den Blick gen Himmel und sah nichts als nutzlose Bäume, die alles verdeckten«, schrieb ein anderer. Selbst wenn man es schaffte, eines dieser Monster umzustoßen, wusste man noch lange nicht, wie das Ding entsorgen, geschweige denn, wie den ausladenden Stumpf entfernen, um das Land sinnvoll nutzen zu können, um zum Beispiel Getreide anzupflanzen oder seine Tiere zu füttern. Einige plädierten dafür, der Region ganz den Rücken zu kehren. Noch 1881, als die Siedler an der Northwest Coast bereits Fuß gefasst hatten, schrieb der Herausgeber eines Londoner Magazins: »British Columbia ist ein nutzloses, kaltes Bergland, das es nicht wert ist, behalten zu werden. Auch fünfzig Eisenbahnen könnten ihm nicht zu Wohlstand verhelfen.« Wohlstand war natürlich die Devise. Die Bibel verordnete ihn, und die Regierung ermutigte dazu. Wozu alles Sichere und Vertraute aufgeben und gegen Giganten kämpfen, wenn nicht für Gewinn, Fortschritt oder Abenteuer? Der Gedanke, den Wald zu schützen oder zu bewirtschaften war ein Konzept, das in Europa erst kurz zuvor aufgekommen war und in der Neuen Welt mit ihrer Üppigkeit als Fluch galt. Die anstehende Aufgabe war nicht, den Wald zu schützen oder zu bewirtschaften, sondern ihn zu bezwingen, das Mandat seiner klaren Bestimmung zu erfüllen und das Land, auf dem man stand, in etwas Produktives umzuwandeln.
    1852 wurde tief im Süden der erste Riesenmammutbaum gefällt, und zwar nicht um seiner gewaltigen Menge Holz willen, sondern einfach, um zu beweisen, dass es möglich war. Doch in einer Zeit, da der Goldrausch in vollem Gange war und San Francisco boomte, wussten die Amerikaner sehr bald, was sich mit all dem Holz anfangen ließ. Innerhalb eines Jahrzehnts hatten sie sich auf dem Holzmarkt der West Coast praktisch eine Monopolstellung gesichert. Unternehmen mit Namen wie Douglas Fir Exploitation and Export Company machten von San

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