Am Ende der Wildnis
Hemlock-Tannen, Fichten und Cedars, die alle einen Durch messer von zwei bis vier Meter hatten und dicht standen wie Maisstängel. Harris-Jones verbrachte in den frühen 1950er-Jahren einen ganzen Sommer damit, für Canadian Forest Products das Tal zu durchstreifen. »Ich war verblüfft über diese Wälder«, erinnerte er sich. »Es war aufregend. Man flog mit dem Wasserflugzeug ein ins Camp, nahm einen Holztransportzug bis zum Ende der Strecke und zog dann los in die Wildnis. Der Wald war so dicht, dass wir blasser rauskamen, als wir reingegangen waren. Drei Monate lang sahen wir nicht ein einziges Mal die Sonne. Die Mücken waren grausam, es gab Überschwemmungen, wir mussten Feuer löschen. Ständig versuchten wir, einen Weg über den Nimpkish (Fluss) zu finden, und kämpften uns durch diesen grandiosen Dschungel.«
Heute ist das Nimpkish Valley nicht wiederzuerkennen. »Es war so dunkel und dicht bewaldet und prächtig«, erinnerte sich Harris-Jones. »Ich kam zurück, und es war alles fort. Ich konnte nicht fassen, dass sie das gesamte Nimpkish Valley abgeholzt hatten bis auf vierzig Acres – Acres!« (Harris-Jones ist inzwischen Umweltaktivist und Schriftsteller. Er hat nicht nur die ersten Nester des Marmelalk ****** in British Columbia gefunden, sondern führt auch die Bewegung an, die sich der Erhaltung des altbestehenden Caren-Range- Waldes außerhalb von Vancouver verschrieben hat, in dem die ältesten in Kanada bekannten Bäume stehen.)
Suzanne Simard ist gegenwärtig Professorin im Forestry Department der University of British Columbia, aber als Studentin verbrachte sie die Sommer in den Bergen um Lillooet, wo sie Hadwin gelegentlich bei der Straßenplanung half. Sie machte so ziemlich die gleichen Erfahrungen wie viele andere, die im Laufe der Jahre mit ihm zusammen arbeiteten. Sie empfand ihn als ruhig, bedachtsam und äußerst gut in allem, was er tat. Besonders beeindruckt war sie von der fast atavistischen Selbstverständlichkeit, die er im Busch an den Tag legte. »Wir stolperten noch einher, und er war bereits verschwunden, wie ein Kojote«, erinnerte sie sich. Aber Simard sah auch, was Hadwin so erschütterte. Zusätzlich zur grundsätzlichen Plünderung und Verschandelung der Landschaft erweisen sich Erdrutsche und Verschmutzung der Flüsse als die besonders verbreiteten Ne benwirkungen des Holzeinschlags auf den Bergen, und an der Küste von British Columbia, wo die Mutterbodenschicht so dünn ist und es so stark regnet, stellen sich die Probleme umso schlimmer dar. Evans Wood Products besaß in dieser Hinsicht einen schlechten Ruf, und ein Veteran der Forstwirtschaft nannte es »ein äußerst mieses Unternehmen, das die gesamte Industrie in Misskredit brachte«. In den frühen Achtzigern, als Simard Hadwins Assistentin war, wandte Evans das »Bowron«-Konzept auf die Wälder um Gold Bridge an. »Es war, als sei eine Riesenmaschine in Gang gesetzt wor den«, erinnert sich Simard, »die alles niedermachte. Ich ertrage es nicht, jetzt noch mal dorthin zurückzugehen.«
»Wir haben die Berge praktisch skalpiert«, erklärte Al Wanderer, ein Holzfäller der zweiten Generation, der mit Hadwin zusammenarbeitete. »Ich hab gut verdient«, fügte er hinzu, »aber manchmal fragt man sich, ob es all das wert war.«
Kurz bevor Evans 1983 von einem anderen Unternehmen aufgekauft wurde, kündigte Hadwin zu schlechten Bedingungen und machte sich selbstständig, bemüht, einen Weg zu finden, in den Wäldern seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ohne die Berge zu »skalpieren«. Nachdem er Evans verlassen hatte, betrieb er drei Jahre lang sein eige nes Logging-Unternehmen außerhalb von Gold Bridge und fertigte Eisenbahnschwellen, indem er Bäume verwertete, die an einer Käferplage eingegangen waren, die überdies einen Großteil des umliegenden Waldes geschädigt hatte. »Der Mann arbeitete hart«, sagte sein Nachbar Tom Illidge. »Drei normale Männer hätten kaum geschafft, was er da oben tat.« Aber die späten Achtziger waren eine schlimme Zeit für die Holzindustrie der West Coast; der japanische Markt – lebenswichtig für British Columbia – brach zusammen, und die Preise fielen in den Keller. Trotz übermenschlicher Anstrengungen gelang es Hadwin nicht, mit seinem eigenen Unternehmen Geld zu verdienen, und daher begann er mit selbstständiger Erkundungsarbeit, begutachtete Waldbestände und plante Straßen an diversen Orten in der Provinz. Das lief recht gut, bis im Spätsommer 1987, kurz vor
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