Am Ende der Wildnis
fürchterliche Zerfall seines ehedem erfolgreichen Bruders dazu beitrug, Grant von einem herkömmlichen Berufsleben abzuhalten, und ihn in die Wälder trieb. Und tatsächlich trugen die nachfolgenden Ereignisse vielleicht dazu bei, den Wald als einen viel sichereren – und vernünftigeren – Aufenthaltsort erscheinen zu lassen. Im Februar 1971, als Hadwin wieder studierte, um seinen Abschluss zum Forsttechniker zu machen, aß Donald ein letztes Mal mit seinen Eltern in deren Haus in West Vancouver zu Abend. Anschließend machte er sich auf den Weg ins Zentrum, der über die Lions Gate Bridge führte. Auf halber Strecke und praktisch noch in Sichtweite des Hauses seiner Eltern hielt Donald inne. Im Schatten massiver Berge und das glitzernde Wasser vor Augen kletterte er über das Geländer und sprang. Er war erst vierunddreißig Jahre alt.
Als Hadwin seinen Job bei Evans kündigte, war er ebenfalls Mitte dreißig. Er war eigensinnig und exzentrisch, aber auch ein aufopfernder Versorger der Familie, ein hilfreicher Nachbar und »ein verdammt netter Typ«. Er war einer von den Vätern, die sich an die Geburtstage ihrer Kinder erinnern, wenn sie fort von zu Hause sind. Wenn er daheim war, ging er mit seinen Kindern angeln und auf Snowmobil- Fahrten und half ihnen bei den Mathematikhausaufgaben. Wie Tom Illidge sagte: »Er war gewiss nicht faul und er war auch keinesfalls irre.« Illidge ist einer der ältesten und erfolgreichsten Einwohner von Gold Bridge, einer der wenigen, die geblieben und auch nüchtern geblieben sind. Und die wohlhabend wurden. Er hat Verständnis für Hadwins zunehmende Verachtung für die Firmenleute, die so viel Macht über den Wald haben, ohne sich je darin zurechtfinden zu können. »Die Hälfte dieser Arschlöcher hat sich in ihrem ganzen Leben noch nicht mehr als zwei Meter von einer Parkuhr entfernt.«
Während jedoch Illidge, Al Wanderer und die anderen Kollegen Hadwins ihren Ärger runterschlucken und weitermachen konnten, hielt Hadwin es schließlich nicht mehr aus. Gegen Ende 1989 wurde seine Sägemühle mutwillig beschädigt, und das verstärkte die aufkommende Neigung zur Paranoia. In der Annahme, dass sich seine Nachbarn gegen ihn wendeten, zog er mit der Familie aus Gold Bridge fort. Kurz darauf blieben die Aufträge zur selbstständigen Arbeit aus. Die Hadwin-Familie ließ sich in Kamloops nieder, im hohen und trockenen Ranchland des zentralen Südens von British Columbia. Mit achtzigtausend Einwohnern war Kamloops kaum eine Großstadt, aber im Vergleich zu Gold Bridge erschien es wie eine von Menschen wimmelnde Metropole. Es bot zwar bessere Schulen für die Kinder und auch mehr Arbeitsmöglichkeiten, aber für Grant war es ein schrecklicher Ort. Seine ehemalige Assistentin Suzanne Simard sagte dazu: »Ihn nach Kamloops umzusiedeln, wäre wie einen Bären einzufangen und in den Zoo zu stecken.« Völlig aus seinem Element gerissen, bemühte sich Hadwin um sinnvolle Arbeit, verschickte Briefe und Bewerbungen mit Lebenslauf, und dazu setzte er sich für Freunde und Nachbarn ein, die seiner Ansicht nach vom System ungerecht behandelt wurden. Arbeitslos bis auf sporadischen freiwilligen Einsatz in einem Altersheim hatte er jede Menge Zeit zur Verfügung und verfasste Briefe zu einem weit gefächerten Themen spektrum an Politiker in ganz Kanada und der Welt. In einem Brief an einen Richter an einem Obersten Gerichtshof in der Provinz:
»Die forstindustrie in british columbia scheint ein Beispiel für den ferngesteuerten ökonomischen TERRORISMUS auf diesem Planeten zu sein, geführt von Fachleuten, die ›angetan mit großen Scheuklappen, behaupten, es gebe kein Problem.‹«
In einem weitverbreiteten zweiseitigen Memo mit dem Titel »Einige Gedanken über Universitätsgebildete Fachleute gehobener Berufe und Deren Pendants« zählte er seine Beobachtungen in Bezug der Fachleute auf, einschließlich der folgenden:
3. Professionelle Fachleute scheinen »das Negative« zu » LEUGNEN « oder nicht zur Kenntnis zu nehmen, besonders was sie selbst oder ihre Projekte betrifft.
4. Fachleute scheinen Fassaden und Wahrnehmungen zu schaffen und positiv zu bestärken, bis diese Fassaden und Wahrnehmungen irgendwann als Tatsachen »wahrgenommen« werden (die Medien handeln unentwegt so).
7. » NORMAL « scheint heutzutage für »professionelle Werte« zu gelten, mehr als für »Spirituelle Werte« oder Ehrfurcht vor dem Leben.
1991 trennten sich Grant und Margaret. Ihr wurde das
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