Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
Vom Netzwerk:
C. Stevens, der ein auf zoologische Objekte spezialisiertes Auktionshaus betreibt. Das Unternehmen der Gebrüder Stevens ist gleichsam das Sothebys der viktorianischen Naturkunde. Samuel Stevens wird der Agent von Wallace und Bates; er vermittelt den Kontakt zu den Kuratoren an den Museen und zu wichtigen Privatsammlern, die bereit sind, für die Überreste exotischer Tiere Geld zu zahlen. Als Stevens mit im Boot ist, kaufen die beiden ihre Tickets für die Überfahrt.
    »Diese Reise war das zentrale und alles beherrschende Ereignis meines Lebens«, wird Wallace rückblickend schreiben. Wie sich die Dinge doch ähneln; denn beinahe wortgleich hat einst auch Darwin in seinem Reisewerk die Fahrt der »Beagle« als das alles entscheidende Ereignis seines Lebens eingeschätzt. Jetzt ist es die Lektüre von Darwins Reisebeschreibung, die Wallace vor einem gravierenden Fehler bewahrt und die ihn am Amazonas den Grundstein zu einer ganz neuen Forschungsdisziplin legen lässt. Darwin erwähnt nämlich, dass er anfangs der genauen Örtlichkeit, an der er eine bestimmte Tierart gesammelt hat, nicht hinreichend Aufmerksamkeit schenkte. Auf den Galapagosinseln vermischt er sogar die Tiere verschiedener Inseln untereinander und kann mit den Ortsangaben später kaum noch etwas anfangen. Wallace notiert: »In den verschiedenen Werken der Naturgeschichte und in unseren Museen gibt es generell oft nur vage Angaben über den Ort eines Fundes. Südamerika, Brasilien, Guyana, Peru – das sind wohl die üblichsten Kennzeichnungen.« Und so beschließt er, die Fundorte seiner eigenen Aufsammlungen am Amazonas so genau wie möglich zu vermerken – ein Vorgehen, das ihm letztlich den Schlüssel für die Lösung der Artenfrage in die Hand gibt.

Am Amazonas –
Die erste Expedition
    (1848 –1852)
    Endlich! – Hier, an der Quelle des Amazonas, würde er nun den Fußspuren des großen Alexander von Humboldt folgen. Seit er den Bericht über dessen Reise in den Tropen des neuen Kontinents verschlungen hat, will Wallace hierher; will die überbordende Vielfalt der vielgestaltigen Tierwelt und der exotischen Pflanzen mit eigenen Augen sehen, das Geheimnis ihrer Entstehung ergründen. Der preußische Gelehrte mit dem Reisebrief der spanischen Krone hatte ziemlich genau ein halbes Jahrhundert vor ihm dieses Gebiet erkundet, wo sich die Wasser zweier mächtiger Ströme in einem sumpfigen Hochland scheiden. Humboldt war einst gemeinsam mit seinem treuen Freund, dem französischen Arzt und Botaniker Aimé Bonpland, von Norden her dem Orinoco stromaufwärts gefolgt und hatte so den Casiquiare erreicht – einen der eigenartigsten Flussläufe der Erde überhaupt. Denn aus einer Gabelung des Orinoco entspringend, verbindet er diesen mit dem Rio Negro, der gen Süden in den Amazonas mündet. Bereits der französische Astronom und Mathematiker Charles Marie de la Condamine, der 1743 als erster Naturforscher den Amazonas von den Anden bis zur Mündung in den Atlantik befuhr (zuvor war dies 1542 nur dem spanischen Eroberer Francisco de Orellana gelungen), hatte diese Verbindung zum Orinoco mittels eines natürlichen Kanals beschrieben. Humboldt bestätigte ihn und schätzte, dass ein Viertel oder sogar ein Drittel des Orinoco-Wassers über den Casiquiare in das Stromgebiet des Amazonas abgeleitet wird. Er fand das Gebiet dieser Wasserscheide, im Grenzland zwischen Venezuela und Brasilien, sumpfig und äußerst unzugänglich – zudem verseucht mit Moskitos. »Mehr Mücken als Luft«, hatte Alexander von Humboldt notiert und war umgekehrt, ohne noch dem Lauf des Rio Negro weiter nach Süden zu folgen.
    Stechmücken sind auch für Wallace, als er jetzt den Rio Negro heraufkommt, mehr als nur lästig. Besonders die knapp über einen Millimeter großen, von ihm sogenannten »sand flies« – Kriebelmücken der Gattung Simulium mit Aberhunderten von Arten – piesacken ihn ohne Unterlass; ihre Stiche lassen seine Hände und Füße purpurrot anschwellen. Weibliche Sandflöhe bohren sich mit Vorliebe unter seinen Zehennägeln in die Haut, wo sie blutsaugend bis zur Begattung durch angelockte Männchen heranwachsen und eiternde Wunden verursachen. Niemand, schreibt Wallace, könne sich die Qualen vorstellen, die diese Plagegeister verursachen. Eine ständige Qual sind auch die blutsaugenden Vampirfledermäuse der Gegend, die nachts lautlos um ihn herumflattern. Wenn er seine Zehen zudeckt, die sie gern anzapfen, sobald er schläft, machen sie sich über seine

Weitere Kostenlose Bücher