Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)
nicht nur für die Waldmenschen, sondern auch für die Biologie.
Mitte Juni 1853 wird Wallace bei der Royal Geographical Society vorstellig, deren Vorstand er ein Gesuch samt Reise-Exposé einreicht. Darin bittet er um freie Schiffspassage auf einem der Regierungsschiffe, für die er selbst keine Mittel aufbringen könne. Sein Ziel: Malaysia und der angrenzende Archipel bis hinauf zu den Philippinen. Seine Studien im naturhistorischen Museum, so erläutert er, hätten ihm gezeigt, dass dies eine der am wenigsten erforschten Regionen sei. Von dort wolle er geographische Informationen mitbringen und natürlich Naturalien sammeln. Seine Amazonas-Reise habe seine Qualitäten als Naturaliensammler und Naturkundler bewiesen, auch wenn er – aufgrund bekanntermaßen höchst unglücklicher Umstände – vom Amazonas weniger vorzuweisen habe, als er einst besaß. »Als ein Beweis meiner Fähigkeiten als Reisender«, so Wallace in seinem Gesuch, möge man sich daran erinnern, »dass ich in Südamerika, alleine und ohne andere Hilfe etliche hundert Meilen weiter als jemals vor mir ein europäischer Reisender vorgedrungen bin«. Sein Vortrag über die Expedition am Rio Negro bis zum Oberlauf des Rio Uaupés, insbesondere seine detaillierte Karte dazu, verschafft ihm einiges an Ansehen und Respekt bei den Mitgliedern der Gesellschaft.
Tatsächlich ist die königliche Geographen-Vereinigung so etwas wie das Reisebüro des britischen Empire. Ihre führenden Köpfe empfehlen, von Sir Roderick Murchison unterstützt, dass Wallace ohne eigene Kosten auf einem der Schiffe der britischen Admiralität nach Asien reisen möge. Doch dann tut sich über Wochen nichts. Wallace hakt nach; als er dann keine bestimmte Nachricht erhält, macht er sich auf nach Frankreich und in die Schweiz – zu einer Erkundungsreise mit George Silk, seinem Freund aus der gemeinsamen Zeit in Hertford. Wallace unterschätzt, welche Schwungkraft das Rad bekommt, das er gerade erst in Bewegung gesetzt hat. Plötzlich muss alles ganz schnell gehen. Er solle sich bitte umgehend auf einen Segler nach Ceylon begeben; von dort könne er weiter nach Singapur reisen, teilt ihm der Sekretär der Geographischen Gesellschaft mit. Als Wallace die Nachricht Ende August in Paris erreicht, zögert er. Auf eigene Kosten von Ceylon bis weiter nach Singapur und Borneo zu reisen, übersteige seine Mittel, teilt er aus Frankreich ausweichend dem Sekretär mit; er wolle doch lieber auf eine Passage direkt nach Singapur warten. Und dann, vielleicht um nicht undankbar zu wirken, bietet Wallace an, er könne auch in ein anderes britisches Interessengebiet, etwa zu den schneebedeckten Bergen unter der Tropensonne Ostafrikas, reisen. Der Sekretär und die Geographen-Gesellschaft mögen bitte entscheiden; aber er, Wallace, sei jetzt erst einmal zwei Wochen in den Schweizer Alpen unabkömmlich, die Geologie und Botanik dort riefen, er könne erst später abreisen.
Kurze Zeit hat Wallace die Möglichkeit einer Expedition nach Ostafrika offenbar wirklich in Erwägung gezogen, aber dann schnell wieder verworfen. Der Herbst des Jahres 1853 vergeht, Wallace stellt das Manuskript für sein Amazonas-Reisebuch fertig und wartet ungeduldig, was aus seinem Gesuch bei der britischen Admiralität wird, nun doch nach Singapur und von dort weiter in den Archipel zu reisen. Unterdessen versichert er sich der Hilfe von Samuel Stevens, der wieder als sein Agent agieren soll; wofür der übrigens ein Fünftel von allem als Kommission kassiert. Stevens wird seine »lifeline«, wie Wallace später schreibt; nicht nur seine Sicherheitsleine, sondern gleichsam seine ständige Verbindung in die Heimat. Mit Stevens habe es während der ganzen Jahre ihrer Zusammenarbeit niemals eine Unstimmigkeit oder einen Punkt gegeben, in dem sie sich uneinig gewesen wären, so Wallace später in seinen Lebenserinnerungen. »Während der langen Zeit meiner Abwesenheit in Übersee«, schreibt er, »hat er sich um meine private Sammlung gekümmert und die Dubletten zum besten Preis verkauft«. Stevens wird ihn mit Geld und allen Gütern des täglichen Bedarfs eines Sammlers versorgen. Er berichtet auch, wie es mit den Verkäufen von Wallace’ Frachtsendungen aus Asien geht, die dieser über die Jahre nach London schickt, wie es um andere Sammler und Freunde steht, was es überhaupt Neues in der viktorianischen Welt und der der Wissenschaftler gibt. Und er sorgt dafür, dass Briefe und Manuskripte, die Wallace unterwegs
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